In den USA ist die Ahnenforschung bereits seit langem ein großes Geschäft. Auch das Stadtarchiv in Zehdenick registriert seit einiger Zeit, dass das Erforschen von Familien-Stammbäumen enorm zunimmt. Aus gutem Grund: Das Archiv verfügt über einen einzigartigen Schatz. Sämtliche Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden seit 1874 lagern in den Regalen.
Doch dieser einzigartige Schatz war bedroht: Die 851 Bücher, bei denen es sich um kostbare Einzelexemplare handelt, wiesen zu 85 Prozent mechanische Schäden sowie starke Verschmutzungen auf. Aus diesem Grund konnten bisher die sogenannten Personenstandsbücher nur eingeschränkt den Nutzern des Stadtarchivs Zehdenick zur Verfügung gestellt werden.
Die Stadt beantragte deshalb 2021 bei der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des Schriftlichen Kulturgutes (KEK) an der Staatsbibliothek zu Berlin-Preußischer Kulturbesitz Fördermittel für die Erhaltung von schriftlichem Kulturgut, insbesondere für eine fachgerechte Sicherung, Aufbewahrung sowie die Bereitstellung der Urkunden für Forschung und Öffentlichkeit.
Trockenreinigung mit Pinsel, Schwämmchen und Staubsauger
Speziell sollten die Bücher eine Trockenreinigung erfahren und eine Schutzverpackung erhalten, gleichzeitig damit verbunden waren auch restauratorische Arbeiten an dem Kulturgut. Den Auftrag für die restauratorische und konservatorische Aufarbeitung der Personenstandsbücher erhielt die Buch- und Papierrestauratorin Katharina Lußky aus Berlin. Mit kleiner Bürste, Schwämmchen, Pinsel und Spezialstaubsauger rückte sie den alten Akten zu Leibe, säuberte sie und legten sie in Schubern ab, um sie übersichtlicher in den Regalen des Archivs zu verstauen. Dabei zur Hand ging ihr Dajana Burgdorf, die in Leipzig wohnt, aber aus Zehdenick stammt. Drei Jahre dauerte die Arbeit, jetzt steht die Mammutaufgabe vor dem Abschluss. Die Stadt Zehdenick gehörte bei diesem Projekt zu einem von sieben Modellprojekten zum Erhalt originalen schriftlichen Kulturgutes.
Bevor die Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden für jedermann im Stadtarchiv eingesehen werden können, unterliegen sie den strengen Auflagen des Datenschutzes und werden deshalb in einem Panzerschrank des Einwohnermeldeamtes unter Verschluss gehalten. Erst 110 Jahre nach der Geburt, 80 Jahre nach der Eheschließung und 30 Jahre nach dem Tod eines Menschen kommen die Unterlagen ins Stadtarchiv und stehen damit für Forschungszwecke zur Verfügung, erläuterte Archivarin Margitta Gatzke. Wer die Urkunden vor Ablauf dieser Fristen einsehen möchte, muss schon ein berechtigtes Interesse nachweisen können.
Mit Einführung eines neuen Personenstandsgesetzes im Jahre 2009 wurde festgelegt, dass alle Standesämter Deutschlands Personenstandsbücher ab dem Jahr 1874 an die Archive abgeben müssen. Die Bücher wurden somit zum öffentlichen Kulturgut und stehen damit für die allgemeine Nutzung zur Verfügung.
Urkunden sind bislang nicht digitalisiert worden
Allerdings: Wer Zugriff auf die alten Akten erlangen will, muss sich selbst ins Archiv begehen. Denn digitalisiert werden die Personenstandsbücher nicht. 850 Bücher mit jeweils rund einhundert Seiten müssten dann eingescannt und entsprechend aufbereitet werden, um den Zugriff von außen auf das Archivmaterial zu ermöglichen. Immerhin seien in der Vergangenheit die Register digitalisiert worden, um das Auffinden einzelner Bücher zu beschleunigen.
Mit der Restaurierung der Personenstandsbücher ist das erste Projekt abgeschlossen, doch im Stadtarchiv lagern noch viele andere Unterlagen mit personenbezogenen Daten. Dazu gehören Sammelakten zu Trauungen und besonderen Todesfällen, die sich zum Teil in einem sehr schlechten Zustand befinden. Hier wäre Gelegenheit, ein neues Projekt anzuschieben.
Stadt erhielt eine großzügige Förderung für das Kulturgut
Ganz billig war die Sicherung der Urkunden bislang allerdings nicht: Am 21. Juli 2021 erhielt die Stadt Zehdenick einen Zuwendungsbescheid über 12.785,65 Euro von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Kulturstiftung der Länder (KSL) für die KEK-Modellprojektförderung Berlin für die Sicherung und Aufbewahrung von Personenstandsbüchern.
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