Auch am Montag war an ein ruhiges Durchatmen für die Eheleute Stramann aus Teschendorf noch nicht zu denken. Zu tief sitzen die Eindrücke, die sie auf ihrer Tour an die polnisch-ukrainische Grenze gesammelt haben. Sonnabend waren sie mit einem Transporter voller Spenden aus dem Löwenberger Land Richtung Grenze gestartet. Sonntagabend waren sie zurück. 900 Kilometer hin, 900 zurück.
Jolata Stramann aus Teschendorf freut sich, dass endlich der Lkw gekommen ist, der die Hilfsgüter von polnischer Seite aus nach Luzk (Ukraine) bringt.
Jolata Stramann aus Teschendorf freut sich, dass endlich der Lkw gekommen ist, der die Hilfsgüter von polnischer Seite aus nach Luzk (Ukraine) bringt.
© Foto: Christian Stramann

Emotionale Fahrt nach Terespol

Christian Stramann ist 69 Jahre alt, seine Frau Jolata etwas jünger. Die körperlichen Belastungen waren die eine Seite, sagt Jolata Stramann: „Das war sehr anstrengend.“ Die andere Seite seien die „große Emotionen“ gewesen, die nicht so einfach abzustreifen sind. Ihr Ziel war Terespol an der Grenze zu Belarus. Die Hilfsgüter sollten dann vor der Grenze auf polnischer Seite von ukrainischen Helfern umgeladen und ins 250 Kilometer entfernte Luzk gebracht werden. Löwenberg und Terespol haben schon lange Beziehungen. Jolata Stramann ist gebürtige Polin und hat bei den Besuchen in Polen immer als Dolmetscherin fungiert. In der Krise knüpfte sie die Kontakte neu, so konnten sie und ihr Mann, den Hilfstransport schnell und unbürokratisch auf die Beine stellen, unterstützt von vielen aus der Region.
Christian und Jolata Stramann aus Teschendorf bringen Hilfsgüter für die Ukraine nach Polen.
Christian und Jolata Stramann aus Teschendorf bringen Hilfsgüter für die Ukraine nach Polen.
© Foto: Christian Stramann

Etliche Hilfstransporte auf der Autobahn

Auf der Fahrt Richtung Terespol waren sie nicht allein auf dem Weg nach Polen. Gefühlt jedes zweite Fahrzeug auf der Autobahn Richtung Osten war ein Hilfstransport, sagt Jolata Stramann. „Kleine, große Wagen, private und von Firmen, manche bis unters Dach mit Dingen gefüllt.“ Sie seien aus ganz Deutschland gekommen und darüber hinaus. „Besonders ist mir ein Polo aus den Niederlanden aufgefallen“, sagt Christian Stramann, am Steuer habe eine Frau gesessen, der restliche Platz sei zugepackt gewesen. „Umgekehrt, Richtung Westen, saßen in Bussen, Transportern und Privatfahrzeugen hauptsächlich Flüchtlinge, Frauen und Kinder zumeist.

Tränen auf dem Rastplatz

In Polen angekommen, gab es allerdings zunächst Probleme. Zum einen mussten die Spenden jetzt durch die Zollbehörde gebracht werdeb. Zum anderen verzögerte sich die Abholung. Doch als dann der Lkw für die Ukraine ankam, ging alles ganz schnell. Feuerwehrleute aus Terespol halfen beim Umladen. So konnten sich Jolata und Christian Stramann vor der Rückreise nach Teschendorf ein wenig bei ihrer polnischen Familie, die unweit von Terespol lebt, ausruhen. Doch auch die Rückreise sollte ihre Spuren hinterlassen. Auf Autobahnrastplätzen kamen sie mit Geflüchteten ins Gespräch. „Die Menschen sahen einfach traurig aus, viele fingen an zu weinen, wenn wir uns unterhielten“, sagt Christian Stramann. „Das war sehr traurig und bedrückend.“ Die Teschendorfer Eheleute sind aber froh, geholfen und alles hautnah erlebt zu haben. „Heute versuchen wir, zur Ruhe zu kommen“, sagt Jolata Stramann.
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