Am Landgericht in Schwerin hat am Dienstag (11. April) der Prozess gegen eine 26 Jahre alte Frau begonnen, die im Herbst 2022 ihr Baby unmittelbar nach der Geburt getötet haben soll. Die Staatsanwaltschaft legt ihr Totschlag zur Last. Die Hintergründe blieben aber auch zu Prozessbeginn im Dunkeln. Bei der Angeklagten soll es sich um eine Frau handeln, die in Hennigsdorf geboren, dort offenbar auch längerer Zeit gelebt hat, nun aber mittlerweile seit einigen Jahren in Schwerin wohnt.
Der Prozess startete höchst ungewöhnlich. Noch vor dem Verlesen der Anklage schloss das Gericht die Öffentlichkeit vom weiteren Prozessverlauf aus. Erst zur Verkündung des Urteils sind wieder Zuhörer zugelassen. Bislang sind bis zum 5. Mai sieben weitere Verhandlungstage geplant. Das Strafgesetzbuch sieht für Totschlag Freiheitsstrafen nicht unter fünf Jahren vor.
Richter schließt Öffentlichkeit von der Verhandlung aus
Das Gericht folgte mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit einem Antrag der Verteidigung. Doch hatte der Vorsitzende Richter schon gleich zum Auftakt deutlich gemacht, dass auch er eine Verhandlung hinter verschlossenen Türen für angebracht hält. Im Prozessverlauf kämen Sachen zur Sprache, die intimste und damit besonders schutzwürdige Bereiche der zur Tatzeit 25-jährigen Angeklagten beträfen, begründete er nach einer Beratungspause die Entscheidung.
Die Staatsanwaltschaft hatte nach eigenen Angaben dafür votiert, die Verhandlung erst nach dem Verlesen der Anklage ohne Zuhörer fortzusetzen. Doch dafür fand die Anklagevertreterin beim Gericht keine Zustimmung.
Gesundes Neugeborenes aus dem dritten Stock geworfen
Früheren Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge hatte die in einst in Hennigsdorf lebende Frau in der Nacht vom 27. zum 28. Oktober 2022 in der Wohnung ihres Freundes ein gesundes und lebensfähiges Mädchen zur Welt gebracht. Um die Geburt zu verheimlichen, soll sie das Kind unmittelbar nach der Niederkunft aus einem Fenster im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses auf den Hinterhof geworfen haben. Das tote Baby war von einem Bewohner des Hauses entdeckt worden, der die Behörden informierte. Dem rechtsmedizinischen Gutachten zufolge erlag das Kind den schweren Kopfverletzungen, die es bei dem Sturz aus großer Höhe erlitt.
Schwangerschaft nicht bemerkt?
Rechtsanwalt Ullrich Knye, der die schmächtige junge Frau als Verteidiger vor Gericht vertritt, warf am Rande der Verhandlung die Frage auf, ob in dem Fall eine Schuld bestehe. Die Frau habe nach eigenen Angaben die Schwangerschaft nicht wahrgenommen und sei von der Geburt überrascht worden. Warum das Neugeborene dann aus dem Fenster geworfen wurde, dazu äußerte sich der Anwalt nicht. Er kündigte aber an, dass seine Mandantin bereit sei, vor Gericht auszusagen.
Der Vater des Kindes, der dem Vernehmen nach nichts von der Schwangerschaft wusste, tritt in dem Verfahren als Nebenkläger auf. Er soll am kommenden Dienstag (18. April) als Zeuge vor Gericht gehört werden. Für diesen Freitag (14. April) sind neben einem psychiatrischen Gutachter und dem Gerichtsmediziner als Sachverständigen auch mehrere Polizeibeamte als Zeugen geladen. Die Frau, die in Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt wurde, war am Tag nach der Tat festgenommen worden und befindet sich seither in Untersuchungshaft.