Diesem Tag haben Abdurrahman und Ibrahim Polat acht Monate entgegengefiebert. Das Einrichten ihres Geschäfts war fast ein Klacks gegenüber den Behördengängen, die nötig waren, um das Prozedere für alle möglichen Genehmigungen zu durchlaufen. Die Regale sind bereits gut gefüllt, sehen eigentlich fast perfekt aus.
Doch der 33-jährige Ibrahim Polat gönnt sich auch wenige Tage vor der Eröffnung seines Spätis nur hin und wieder eine kurze Zigarettenpause. Noch gibt es viel zu viele Handgriffe zu erledigen. Gerade war ein Mitarbeiter von Lotto Land Brandenburg da, der erstaunlicherweise einen Werbeaufsteller mit der Aufschrift „Lotto Bayern“ zurückließ.
„Schönes Wochenende“, verabschiedet sich der Mann vom Lotto. Für Ibrahim Polat dürfte es ein arbeitsreiches werden. Schließlich will er am Montag (12. Juni) seinen Späti in der Berliner Straße 33 – direkt neben Domino‘s Pizza – eröffnen. Berlin ist fürs Partyvolk ohne Spätis kaum vorzustellen und fürs Wegbier unverzichtbar. Aber funktioniert dieses Erfolgsrezept auch in Hennigsdorf? Immerhin haben Kaufland und Presse-Eckert am Bahnhof bis 22 Uhr geöffnet.
Der vierfache Familienvater lässt sich davon nicht beunruhigen. „Auf dieser Seite der Bahn gibt es keinen Späti“, begründet er die Standortwahl. Zudem schließt der einzige Discounter im Stadtviertel bereits um 20 Uhr. Tagsüber dürften die Polizeiwache und das Oberstufenzentrum für Kunden sorgen.
Familie Polat ist schon mit einem Barbershop in Hennigsdorf vertreten
Ibrahim Polat und sein Vater Abdurrahman Polat, der der offizielle Inhaber ist, sind von Hennigsdorf überzeugt. Vor vier Jahren kam die Familie in die Stadt und eröffnete gleich um die Ecke in der Feldstraße den Barbershop City Cut. Der Späti soll zum zweiten Standbein werden. Geöffnet sein wird täglich von 6 bis 22 Uhr. „Vorerst“, meint Ibrahim Polat und stellt in Aussicht, dass die Öffnungszeiten erweiterbar sind: „Wenn es sich lohnt, lassen wir später vielleicht bis Mitternacht oder 1 Uhr offen.“ Ein kleines Problem könnte der Sonntag bereiten. Und das nicht wegen fehlender Mitarbeiter – „Wir sind mindestens drei Leute.“ –, sondern wegen der Sonn- und Feiertagsbestimmungen. Da gelten besonders strenge Regeln. Der Geschäftsmann hofft aber, wenigstens seine Backshop öffnen zu können.
Brötchen, Brot, Muffins und Baklava – eine türkische und sehr süße Spezialität aus gefülltem und in Honig gewälztem Blätterteig – werden also täglich angeboten. Auch belegte Brötchen wird es geben. Darüber hinaus bietet Ibrahim Polat eine breite Palette an alkoholischen und alkoholfreien Getränken an, das Zigaretten- und Tabakregal ist ebenso gut gefüllt wie das für Süßigkeiten und Chips. Die Eistruhe darf natürlich ebenfalls nicht fehlen.
Die Preise liegen natürlich über denen im Supermarkt, erreichen aber nicht unbedingt Berlin-Niveau. So gibt es den halben Liter Beck’s für zwei Euro, die Literflasche Coca-Cola für drei Euro. Beim Bier setzt Polat auf die Experimentierlust seine Kunden und Kundinnen. So offeriert es auch eher außergewöhnliche Gerstensäfte wie Tegernseer Hell und Bayreuther Hell.
Wer allerdings darauf hofft, nach dem üblichen Ladenschluss noch Spontaneinkäufe erledigen zu können oder das schnell zu holen, was im Supermarkt vergessen wurde, wird kaum Glück haben. Obst und Gemüse sowie ein Grundangebot an Lebensmitteln, wie es in vielen Hauptstadt-Spätis gang und gäbe ist, werden in der Berliner Straße 43 nicht offeriert. Gegen den kleinen Hunger gibt es aber Snacks, wie etwa Instant-Suppen.
Neben dem Kioskangebot setzt der junge Unternehmer auf weitere Standbeine. In der Berliner Straße kann man seinen Lottoschein ausfüllen, Pakete für die Zusteller Hermes und GLS abgeben oder über Western Union Geld ins Ausland überweisen.
Noch wohnt Ibrahim Polat mit seiner Familie in Berlin, wo er bislang in der Imbiss-Gastronomie gearbeitet hat. Der Schritt nach Hennigsdorf soll nicht nur ein beruflicher sein. „Wir suchen hier eine Wohnung.“ Um ganz anzukommen in der Stadt vor den Toren Berlins.