Bevor die DDR-Rockband City am 30. Dezember 2022 ihr Zapfenstreich-Konzert in der Mercedes-Benz-Arena in Berlin geben, verabschiedeten sich die Kultmusiker auch bei ihrer Fangemeinde im Ruppiner Land. Dabei gab City in der Neuruppiner Kulturkirche gleich zwei Konzerte, denn die Nachfrage nach Tickets war einfach zu groß.
Am Freitag- und Samstagabend waren zusammen mehr als 1100 Konzertgäste dabei, um „Die letzte Runde“ von City mitzuerleben. Sänger Toni Krahl witzelte am Freitagabend: „Wir spielen Morgenabend nochmal hier, Olaf Scholz würde jetzt sagen, es ist ein Doppel-Wumms-Konzert“. Mit der „Götterfunken Hymne“ und der Begrüßung seines „musikalisch hoch entwickelten Publikums“, wie Toni Krahl die Ruppiner Fangemeinde bezeichnete, begann der Hitreigen durch fünf City-Jahrzehnte.
Liebeslieder und gesellschaftskritische Songs
Die Set-Auswahl mit Liebesliedern und gesellschaftskritischen Songs kam auch bei diesem Konzert voll zum Tragen und wurde vom Publikum mit langanhaltendem Beifall bejubelt.
„Es gab auch ein Leben vor ‚Am Fenster‘, manche Lieder sind so alt, dass wir uns gar nicht mehr richtig erinnern können“, meinte Toni Krahl. Kein Wunder nach einem halben Jahrhundert auf der Bühne, obwohl doch viele Fans noch ganz textsicher bei gerade diesen Songs lautstark mitsingen konnten.
Weibliche Fans hält es nicht mehr auf ihren Sitzen
Schon beim zweiten Titel „Die Sonne geht auf“, in dem es heißt: „Du bist noch der Traum der ersten Nacht. Ich bin immer noch nicht aufgewacht. Noch 100 Jahre Arm in Arm. Du hältst mich fest, ich halt dich warm“, hielt es einige weibliche Fans nicht mehr auf ihren Sitzplätzen. Im Gang vor der Bühne war Platz zum Tanzen. Aber auch poetische Kultlieder, wie der bekannteste Song von Liedermacherin Bettina Wegner „Sind so kleine Hände“, gehörten zum Programm.
Emotionaler Song von Toni Krahl und Erinnerungen an Klaus Selmke
Noch emotionaler wurde es, als Toni Krahl „Sag mir wo die Blumen sind“ sang, denn dieser ist derzeit leider wieder so aktuell wie selten zuvor. „Es wäre mir lieber, ich könnte es in Friedenszeiten singen“, so Krahl. „Wir haben Wind gesät“ könnte derweil zur Hymne der Klima- und Umweltbewegung avancieren. Und auch an ihren ehemaligen Barfuß-Drummer Klaus Selmke, dessen Krebstod vor zwei Jahren ein Schock für die Bandmitglieder war, wurde mit dem Lied „War gut“ erinnert.
Nach dieser Hommage an „ihren General“ Selmke, der zusammen mit Gitarrist Fritz Puppel die Band 1972 gegründet hatte, erzählte Toni Krahl, was Selmke seiner Meinung nach wohl jetzt sagen würde. „Hört auf zu heulen, macht 'ne Flasche auf und schmeißt 'ne Party!“, so der Frontmann.
Ohrwurm zum Abschluss und minutenlange Standing Ovations
Mit „Flieg ich durch die Welt“, „Immer noch Sommer“, „Glastraum“, „Das Blut so laut“, „Wand an Wand“ und „Casablanca“ ging die Abschiedsparty weiter. Und ohne den City-Ohrwurm „Am Fenster“ von 1977 geht wohl auch heute noch keine Fangemeinde freiwillig nach Hause.
So war es auch in Neuruppin, wo es minutenlangen Abschiedsapplaus und Standing Ovations für die City-Mannen gab. Toni Krahl rief zum Schluss in die Menge: „Danke, dass ihr uns 50 Jahre lang leben lassen habt, ohne euch hätten wir wohl den Proberaum nie verlassen.“