Ein krasser Gegensatz: Vor einem Wohnhaus in einer Reihenhaussiedlung unweit des Lindenzentrums Neuruppin steht eine knallrote Corvette. Das Kultauto mit Riesenmotor dürfte bekannt sein wie ein bunter Hund unter all den konfektionierten Fahrzeugen – und das nicht nur in der Nachbarschaft. Gesteuert wird die Corvette, Baujahr 1981, von Raoul Buchschatz, leidenschaftlicher Fan von PS-starken, aber vor allem formschönen Oldtimern, „die noch richtig Gesicht und Charakter haben“, merkt Buchschatz an.
„Meine Corvette ist quasi der Ami-Porsche“, erklärt Buchschatz und ein leichtes Schmunzeln huscht über das wettergegerbte Gesicht. Buchschatz ist 55 Jahre alt und arbeitet im Bootsbau. „Als die Baureihe meiner Corvette auf den Markt kam, da war ich 13 und schon froh, wenn ich ein Moped gehabt hätte“, erinnert er sich. Niemals im Traum habe er sich damals vorstellen können, mal einen solchen „Schlitten“ zu fahren.
Buchschatz stammt aus Mecklenburg, wuchs in der Region um Neubrandenburg auf. Seit mehr als 20 Jahren sei er in Neuruppin zu Hause, „und hier werden wir auch alt“, sagt er mit Gedanken an seine Frau. Die Kinder seien aus dem Haus und studieren inzwischen, „da haben wir uns vor gut drei Jahren gesagt, jetzt leisten wir uns mal was“, berichtet der Oldtimer-Fan. Seine Frau hat seitdem eine pfiffige kleine Hündin namens Ivy, die konsequent das Haus bewacht und schon mal losknurrt. Er hat sich die Corvette gekauft, und die kann auch mächtig losknurren. Oder „Rumblubbern und Rumtuckern“, wie die Oldtimer-Fans in Neuruppin ihre Veranstaltungen nennen.
„V8-Corvette-Motor dieser Baureihe der langlebigste der Welt“
„Das Modell hat mich einfach interessiert, weil es dieses typische Coke-Bottle-Design hat, wie wir in der Branche sagen“, erläutert der Experte. In Paaren-Glien bei einer Oldtimerschau sei er fündig geworden. Buchschatz räumt ein, etwas Geld habe er schon hinblättern müssen, „aber ein Einfamilienhaus ist das nicht“, betont er.
Nach einer Testfahrt stand für ihn fest, die Corvette soll es sein. Immerhin steckt ein bärenstarker V8-Motor unter der Haube, zwar nicht der allerstärkste, aber 230 PS seien auch schon eine ganz schöne Ansage. „Ich könnte ihn selbstverständlich auch noch aufmachen“, womit er das meint, was der Laie unter „Motor frisieren“ versteht oder unter „tunen“.
Aber dieses Original unter der Haube seiner Corvette, „das ist, so wie er damals produziert wurde, der langlebigste Motor der Welt“, betont er. Immerhin habe das Aggregat mehr als 40 Jahre auf dem Buckel und läuft wie geschmiert. Klare Sache, dass Buchschatz selbst Hand anlegt, er schraube selber und sorge dafür, dass die rote Corvette ein „nicht zu überhörender Hingucker“ bleibt.
Günstige Unterhaltskosten für die mehr als 40 Jahre alte Corvette
Im Übrigen gebe es ein kleines Missverständnis: Viele seien der Meinung, Ersatzteile seien ein Riesenproblem, was aber gar nicht der Fall sei. Er bekomme sie zuverlässig und vergleichsweise günstig. Ein gutes Gefühl dank vieler US-Car-Händler auch in Deutschland, denn „das ist ja klar, dass auch mal was kaputtgeht“, räumt er ein. Was unterm Strich schon ins Geld geht, „aber Spaß kostet nun mal was!“ Apropos Geld: Die Vollkasko für den roten Boliden kostet Buchschatz 250 Euro, wohlgemerkt nur jährlich! Weil er aber ein H-Kennzeichen nutzen muss, werde bei der Kfz-Steuer zugelangt, 190 Euro muss er jedes Jahr zahlen.
Der Hammer bei seiner Corvette sei aber ein ganz anderer. „Worauf niemand kommen dürfte, aber die Karosserie dieses Autos ist aus GFK“, lacht Buchschatz. GFK, das sei glasfaserverstärkter Kunststoff, also kein Blech. „Alle Ossis dürften GFK indirekt noch kennen, nämlich vom Trabi!“ Man könne sich das nicht vorstellen, aber seinerzeit sei sogar eine Abordnung des US-Herstellers Chevrolet in Zwickau gewesen, „um sich über die GFK-Karosserie zu informieren“. Diese federleichte Verkleidung dürfte dafür sorgen, dass die Corvette „abgeht wie eine Rakete“.
Das Coupé wird blitzschnell in ein Cabrio verwandelt
Das Auto der Baureihe, das Buchschatz sein Eigen nennt, sei zwischen 1968 und 1981 rund 500.000-mal vom Band gerollt. „Ich habe zwar ein Fahrzeug mit Automatik-Getriebe, wie es die meisten Ami-Schlitten haben, aber kein ABS, keine Airbags. Die gab es damals noch gar nicht. Dafür habe ich aber selbstverständlich elektrische Fensterheber“, erläutert der Schrauber. Weiterer Vorzug: Aus dem Coupé könne er spielend leicht ein Cabrio zaubern.
Am 2. April können Neugierige das Raketenauto live und in Farbe bewundern: Dann findet unweit der B 167 auf dem Parkplatz neben McDonalds und Rewe wieder der „US-Car und Oldtimer Parkplatztreff“ statt. Zwischen 10 und 15 Uhr heißt es „Rumblubbern und Rumtuckern“.
Autokorso durch die Stadt soll veranstaltet werden
„Wir sind eine lose Gemeinschaft von etwa 30 Gleichgesinnten und haben eine Facebook-Gruppe ins Leben gerufen, die „US Car und Oldtimerfreunde NP/OPR‘.“ Im Sommer 2020 hatte Buchschütz einen Abstecher nach Königs Wusterhausen gemacht, zu Dirk Marx. Der südlich von Berlin solche Veranstaltungen organisiert. „Und die Resonanz war der Hammer, unglaublich, wie viel Aussteller da waren, es waren wohl um die 200 Autos“, erinnert er sich. Schon damals hieß es, „wenn Schaulustige nicht zu uns kommen, dann kommen wir eben zu ihnen“, sodass stets ein Autokorso gebildet wird, bei dem die Oldies durch die Stadt kutschen. „Wir bieten auch denen etwas, die leider nicht so mobil sind, etwa Bewohnern von Altenheimen, damit sie Abwechslung haben, und fahren an den Heimen vorbei“, so Raoul Buchschatz.
Vergangenes Jahr hatte es schon einmal geblubbert in Neuruppin: Mit 30 Autos hatte man gerechnet, unterm Strich seien es sage und schreibe 120 gewesen. „Super besucht und komplett positive Resonanz“, lautete das Fazit. Sodass man nun optimistisch auf den 2. April gucke.
Über das nächste US-Car-Oldtimertreffen
„Rumblubbern und Rumtuckern“ findet am 2. April auf dem Parkplatz neben MC Donalds und Rewe von 10 bis 15 Uhr statt. Die Adresse lautet Neustädter Straße 27, 16816 Neuruppin.
US-Cars aller Baujahre und Oldtimer können präsentiert werden.
Weitere Infos gibt es auf Facebook: US-Car und Oldtimerfreunde NP/OPR.
Raoul Buchschatz ist erreichbar unter 0152 265 943 57.
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