Der Countdown bis Weihnachten läuft. In den Discountern und Supermärkten sind Lebkuchen, Dominosteine und Marzipankartoffeln schon seit Wochen erhältlich, Wham! („Last Christmas“) oder Mariah Carey („All I want for Christmas is You“) lassen im Radio allerdings noch auf sich warten. Saskia Pauli hat sich schon im Sommer mit ihrer „liebsten Zeit im Jahr“, wie sie sagt, beschäftigt. Die 23-Jährige aus Schwante hat bei über 30 Grad Celsius die letzten Songs für ihr erstes Weihnachtsalbum aufgenommen.
Doch vor der Veröffentlichung Mitte November begibt sich die Musikerin ins goldene Herbstlaub. Mit „Mother Of All Things“ hat sie ihren ersten eigenen Song auf sämtlichen Streamingplattformen released. Innerhalb von zwei Wochen wurde der von ihr gewebte Klangteppich mehr als 1300 Mal aufgerufen. Ein kleiner Erfolg, mit dem sie nicht gerechnet hätte. „Es geht um die Vergänglichkeit des Lebens und dass Mutter Natur die Power über alles hat“, sagt sie. Ein Spaziergang im Wald habe sie inspiriert. Der Song ist eine Live-Aufnahme, aufgenommen an ihrer Uni, der Kunsthochschule ArtEZ in Arnhem (Niederlande), wo sie Jazz- und Popgesang studiert.
Ein Geschenk für die Familie
Ihr Weihnachtsalbum mit dem Titel „Merry Christmas“ soll am 18. November auf Spotify erscheinen, die gleichnamige CD geht kurz vorher ins Presswerk. Auf Instagram (@sess_kaia_) und Facebook will sie aktuell informieren. Die Idee dazu kam Saskia Pauli, die am Georg-Mendheim-Oberstufenzentrum in Oranienburg ihr Abitur machte, schon 2021. „Es sollte ein Geschenk für die Familie werden.“ Geld für materielle Dinge fehlte ihr. In drei Wochen sind neun Songs entstanden. „Es war sehr viel Arbeit.“ Sie hat für sämtliche Weihnachtsklassiker neue Chor-Arrangements geschrieben. Chor ist ihre große Leidenschaft. Schon mit sieben Jahren trat sie einem bei, war später bei den „Young Voices“. Eltern und Verwandte waren von ihren Weihnachtsliedern begeistert und brachten eine größere Veröffentlichung ins Spiel.
„Für eine CD waren neun Songs aber zu wenig“, so die Sängerin aus Oberkrämer. Also nahm sie im Sommer 2022 weitere Lieder auf, versetzte sich bei 35 Grad im Schatten in Weihnachtsstimmung. Für die Chorparts hat sie ihre Stimme mehrmals aufgenommen. Als Bass-Ergänzung holte sie ihren Kommilitonen und Mitbewohner Richard Mannheimer ins weihnachtliche Boot. Ihre ehemalige Mitstudentin Alina Beletski ist bei einem Lied zu hören. Beim Großteil der Songs handelt es sich um A-Capella-Versionen. Ihre ehemaligen Studienfreunde Alexander Pielsticker (Klavier) und Renan Spörk (Gitarre) steuerten instrumentale Klänge bei. Mit Renan Spörk landete zudem ein Weihnachtslied aus Österreich („Es wird scho glei dumpa“) auf der Platte.
Das Wort Platte passt, will sie mit ihren Liedern doch eine heimelige Atmosphäre erzeugen, welche die kollektive Erinnerung kitzelt. Schlittschuh fahren, Schneeengel entstehen lassen, erst Pudelmütze, dann Glühwein am Kamin. „Ich habe mich an meine Kindheit erinnert“, sagt Saskia Pauli über die Entstehungszeit des Albums. Familienzeit, Geborgenheit, Wärme. „Man fühlt sich wohl und sicher.“ Diese Emotionen wolle sie mit den zurückhaltenden Arrangements und ihrer sehr klaren Stimme vermitteln. Zu hören im Pop- bis Jazz-Stil sind Lieder wie „Es ist ein Ros entsprungen“, „The Christmas Song“ und „Have yourself a merry little Christmas“ dabei. Klassiker aus dem deutschsprachigen und internationalen Raum.
Ein Vorteil im Umgang mit älteren Werken: Cover-Versionen kommen ohne Lizenzen aus. Nur bei einem Lied kauft Saskia Pauli über das Studio Oberkrämer die Rechte: „Winter Song“ von Sara Bareilles und Ingrid Michaelson. Bei allen Aufnahmen habe sie gelernt, warum sie die Weihnachtslieder so berühren. Es liege nicht nur an viele Menschen verbindende Erfahrungen – warme Socken und kalter Schnee, frierende Nasen und gebrannte Mandeln. „Es sind die Harmonien, die uns berühren.“
Für Saskia Pauli ist Musik „etwas Fragiles, das trotzdem stark ist“. In einer schnelllebigen, leistungsorientierten Zeit, in der alle dem nächsten Kick und Klick – meist verbirgt sich dahinter die nächste Krise – nacheifern, will sie mit ihren Weihnachtsliedern etwas Ruhe und Besinnlichkeit vermitteln. Ihr eigener Wunsch für die Zeit nach dem Studium: „Ich möchte spielende Musikerin sein.“ Also auf der Bühne stehen. In der Kulturschmiede Schwante hat sie Erfahrung gesammelt.
Erstes Konzert im November
Reich wird die Sängerin mit ihren Veröffentlichungen auf Streaming-Plattformen nicht. Auf Spotify bekommt sie, verbleibt jemand mehr als 30 Sekunden bei einem Lied, insgesamt 0,09 Cent dafür. Auf Seiten wie Bandcamp oder iTunes verdient sie mehr, da müssen User die Songs direkt kaufen. Sie hofft, auf möglichst vielen Playlists zu landen, um ihre Reichweite zu erhöhen.
Jede Musikerin wollte schon immer und will nach wie vor viele Menschen erreichen, ob Mahalia Jackson, Björk, Annie Lennox, Aimee Mann oder Dolores O’Riordan. In der Kulturkirche Eichstädt bekommen Interessierte an der Musik von Saskia Pauli Gelegenheit, sie live zu erleben. Am 27. November gibt sie ein Weihnachtskonzert und wird erstmals ihren selbst getexteten Christmas-Song singen. Im Gepäck hat sie ihr Album „Merry Christmas“. Die 15 Euro sind durchaus auch als Investition zu sehen in eine Newcomerin, die gerade ihren eigenen Stil entwickelt.