Seit Freitagmittag ist der Kanal zwischen Lehnitzer Straßenbrücke und Oranienburger Havel für den Schiffsverkehr gesperrt. "Das sind zwar nur 200 Meter, die Auswirkungen sind aber extrem", sagte WSA-Sprecher Sebastian Dosch am Freitag dieser Zeitung. Für den internationalen Schiffsverkehr ist damit eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Polen, Deutschland und den Niederlanden gekappt. Schubverbände müssen nun den Umweg über die Oder und den Oder-Spree-Kanal nehmen. Einige Kapitäne, die wegen der kurzen Vorlaufzeit die Schleuse Lehnitz nicht mehr rechtzeitig passieren konnten, mussten am Freitag teilweise mehrere Kilometer rückwärts fahren, um wenden zu können. Ein noch größeres Problem beklagen aber Hausbootverleiher, Flusskreuzfahrtanbieter und Hafenbetreiber, die zum Saisonstart mit erheblichen Einbußen und Stornierungen rechnen. "Das kann für einige Unternehmen existenzbedrohend werden", sagte WSA-Sprecher Dosch.
Das Wassersportzentrum Oranienburg ist seit Freitagmittag vom Oder-Havel-Kanal aus überhaupt nicht mehr erreichbar. "Wirtschaftlich gesehen, ist das eine Katastrophe, wenn wir zu Beginn der Hauptsaison gezwungen sind, mit unseren Booten an Land zu bleiben", sagte Geschäftsführer Glenn Fröhlich. Das Gelände liegt dem des Bombenverdachtspunktes amTreidelweg direkt gegenüber. Vermutet wird dort ein scharfer Zehn-Zentner-Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. Fröhlich und seine Bootskunden dürfen ihre Fahrzeuge nicht zu Wasser lassen.
Sein Vorschlag, den Kanal nur zur Hälfte abzusperren, sodass der Sportbootverkehr passieren kann, ist abgelehnt worden. Selbst für die muskelbetriebenen Boote gab es keine Ausnahmegenehmigung. "Ich kann nicht nachvollziehen, dass der Kanal auf voller Breite gesperrt wird, über die von der möglichen Bombe nur 30 Meter entfernte Brücke aber nach wie vor selbst 40-Tonner fahren", sagt Fröhlich. Er ist nicht der Einzige, den die Kanalsperrung hart trifft. Fünf Mitarbeiter hätten Anspruch auf ihren Lohn, selbst wenn seine Einnahmen wegbrechen. Voraussichtlich acht Wochen ohne Einnahmen dazustehen, gehe an die Substanz.
Sebastian Dosch vom Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) hat durchaus Verständnis für den Wunsch von Glenn Fröhlich, kann ihm aber nicht helfen. Seit Tagen glühen die Drähte in der Bundesbehörde. Berufsschiffer wollen wissen, ob sie nicht doch noch durchfahren dürfen, Hausbootverleiher, Flusskreuzfahrtunternehmer und Marina-Betreiber klagen über drohende Stornierungen und drastische Umsatzeinbußen. "Das ist wirklich ein Problem. Viele haben schon mit der Sperrung der Schleuse Zaaren zu kämpfen", sagt Dosch. "Für einige wird das existenzbedrohend." Einige Flusskreuzfahrtanbieter müssten jetzt lange geplante und ausgebuchte Fahrten umdisponieren. "Sie fürchten natürlich Abbestellungen, wenn die Reise nicht auf der beworbenen Route gefahren wird", sagt Dosch. Hinzu kämen Kosten für bereits gebuchte Stadtführungen, Hotels und Kulturveranstaltungen an den Haltepunkten. Der Güterschiffsverkehr zwischen Polen und den Niederlanden, der teilweise Oranienburg passiert, muss Umwege über die Oder und den Oder-Spree-Kanal in Kauf nehmen. Einige Auftraggeber der Reedereien werden laut Dosch Alternativen auf der Schiene oder mit Lkw suchen. Rund eine Million Tonnen Güter werden jährlich über den Oder-Havel-Kanal verschifft. Hinzu kommen 4 000 bis 5 000 Sportboote. Für Charterbootverleiher ist die beliebte Route Berlin-Müritz nun fürs Erste gekappt.