Laut dem aktuellen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben zwischen 720 und 811 Millionen Menschen auf der Welt nicht genug zu essen.
Immer noch stirbt weltweit alle zehn Sekunden ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Hunger. Täglich sind es bis zu 20.000 Kinder. Genau das geht dem Schildower Fahrradhändler und Künstler Wolfgang Kaliga zu Herzen. Deshalb hat er ein ungewöhnliches Projekt gestartet.
Kerze brennt vor der Kirche
Er will die mutmaßlich größte freistehende Wachskerze Deutschlands gießen. Geplant ist eine Größe von vier Metern. Sie soll einen Tag vor dem ersten Advent, also am Sonnabend, 27. November, um 16 Uhr vor der Schildower Kirche angezündet werden.
Jeder Zentimeter hat eine Bedeutung
Kaliga, der zu den „Gründungsvätern“ des Gewerbevereins vom Mühlenbecker Land gehört, möchte mit dem Symbol an den Hunger in der Welt erinnern. Das Thema beschäftigt ihn schon gut 20 Jahre. Damals hat er einen Film zum Thema Hungersnot gesehen. Gezeigt wurde darin auch ein extrem abgemagertes Mädchen, das um Essen bettelte. „Dabei stampfte es mit den Füßen auf den Boden wie bei uns, wenn ein Kind vor der Kasse die Süßigkeiten will“, erzählt der 66-jährige Handwerker. Seitdem lässt ihn die Hungersnot nicht mehr los. „Das ist die schlimmste Geißel der Menschheit.“
Rekord ist nicht das Ziel
Die Höhe der Riesenkerze hat auch mit dem Zeitpunkt, seitdem der Schildower sich mit dem Thema beschäftigt, zu tun. „Jeder Zentimeter steht für etwa 20.0000 Kinder, die seitdem jedes Jahr verhungert sind“. erklärt Wolfgang Kaliga, warum die Riesenkerze 400 Zentimeter hoch werden soll.
Initiator will die Menschen erreichen
Auf Rekordjagd ist Kaliga nicht. Er hat zwar recherchiert, wie hoch Deutschlands größte Kerze ist, ist aber auf unterschiedliche Exemplare gestoßen. „Aber eigentlich interessiert mich das nicht.“ Er verfolgt eine andere Mission. „Ich will mit der Kerze bei den Menschen erreichen, dass sie sich mit dem Thema beschäftigen und etwas tun.“ Dabei denkt er nicht nur an eine finanzielle Spende für eine Hilfsorganisation. „Hunger gibt es auch vor unserer Haustür“, weiß der 66-Jährige, der dazu aufruft, die Tafel in Oberhavel zu unterstützen. Wichtig ist ihm auch das Thema Verschwendung von Lebensmitteln. „Es wird viel zu viel weggeworfen.“ Kaliga hofft, mit der Kerze, die in der Adventszeit vor der Kirche steht, auch in diesem Punkt die Betrachter zum Nachdenken über Nachhaltigkeit und zum Verzicht von Überfluss anzuregen. „Das hat alles auch mit der Hungersnot zu tun.“
Weil er den Kopf und nicht den Geldbeutel der Betrachter der Riesenkerze erreichen will, verzichtet Kaliga auf eine Spendenaktion. „Das muss für sich wirken“, hofft er.
Die Kerzen-Mission verfolgt Kaliga schon seit Jahren mit unterschiedlichen Aktionen. Es fing mit kleinen Kerzenschalen an, die in der Adventszeit in den Bäumen vor der Kirche hingen. Im vergangenen Jahr hat er einen Prototyp für die Vier-Meter-Kerze gebaut. „Die war schon 3,60 Meter hoch.“ Es folgten im Sommer weitere Experimente, um der langen Wachsstange mehr Stabilität zu geben. Allerdings waren die heißen Monate ungünstig für die schweren Kerzen. „Die Dinger schmolzen und bogen sich um“, lacht Kaliga heute noch über seinen Fauxpas. Gebracht hat die Versuchsreihe trotzdem etwas. Die Kerze 2021 hat einen sehr dicken, stabilen Docht und wird aus mehreren Modulen gebaut. Die Einzelstücke werden dann noch mit Flüssigwachs verbunden. Wie genau er das anstellt, verrät der Tüftler nicht.
Inspiriert von Christian Richter
Mit der Kirche hat seine Aktion nichts zu tun. Kaliga wurde vielmehr durch den verstorbenen Künstler Christian Richter inspiriert. Der Schildower hatte sich während der friedlichen Revolution für demokratische Rechte eingesetzt und gehörte im Oktober 1989 zu den Gründern der SDP in Schwante. Der Töpfer und bekennende Christ und Pazifist war vor allem durch sein Friedenslicht, das er jedem gerne gab, bekannt.
Es fehlt noch viel Wachs
Gut vier Wochen vor dem Entzünden hat der Schildower Spiegelschriftkünstler, Naturfreund, Erfinder und Handwerker aber noch nicht genug Wachs für das Projekt. Bislang reicht die Sammlung erst für eine Höhe von zwei Metern. Deshalb bittet der Gewerbeverein im Mühlenbecker Land, der die Aktion seines Mitgliedes Kaliga unterstützt, dem Fahrradhändler zu helfen..
Spendenkorb steht bei Rewe
Im Rewe-Markt an der Schönfließer Straße in Schildow steht am Eingang ein Körbchen, wo jeder seine Kerzenreste spenden kann. Spenden können auch vor dem Laden von Kaliga im Zentrum von Schildow abgegeben werden. Er will demnächst einen Behälter vor die Tür stellen, da das Geschäft nicht immer geöffnet ist.
Die größten Kerzen
Die größte Wachskerze der Welt war nach Angaben des „Dänischen Kerzenladens“ aus Löhne (NRW) 24,38 Meter groß und wurde schon 1897 auf der Weltausstellung in Stockholm gezeigt.
Die Liljeholmen Kerzenmanufaktur war für dieses Handwerk der Superlative verantwortlich.
Der Durchmesser der Kerze betrug 2,59 Meter. Mit dem Fuß zusammen hatte die Konstruktion eine Gesamthöhe von mehr als 38 Metern. Seither hat nach Angaben des Kerzenladens diesen Rekord niemand übertroffen.
Zur größten Wachskerze in Deutschland gibt es unterschiedliche Angaben. Als Rekordkerze gilt ein Exemplar aus Schömberg im Schwarzwald. Sie wurde im Dezember 2017 aufgestellt und war 3,10 Meter hoch. Die Kerze wurde für insgesamt 5500 Euro zu Gunsten des Fördervereins Krebskranke Kinder versteigert.
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