Gelegentlich hallt Kanonendonner vom Panzerschießplatz Klietz nach Rathenow herüber. Ganz selten durchqueren Kettenfahrzeuge der Bundeswehr auf West-Ost-Kurs die Stadt. Bis auf frühere Kasernenkomplexe erinnert hier kaum noch etwas an Militär, das doch etwa 300 Jahre lang präsent war.
Begonnen hatte alles mit preußischen Soldaten. Mit dem Abzug der GUS-Truppen (vormals sowjetisch) endete 1994 die Zeit als Garnisonsstadt. Etwa aus dem ehemaligen Reparaturstützpunkt Heidefeld ist ein Gewerbegebiet geworden. Wohnblöcke und Stadtquartiere der Offiziere in Rathenow-Nord sowie die Kasernen im Bereich der Bahnhofstraße wurden in Wohnungen umgewandelt. Die ehemalige GUS-Schule im Friedrich-Ebert-Ring wurde Jahn-Grundschule. Indessen steht die frühere Kraftfahrerkaserne in der Rudolf-Breitscheid-Straße seit 1994 leer.
Erinnerung an Heinrich von Rosenberg
Eine völlig verwahrloste und folglich ruinöse Stätte der Erinnerung verschwand durch Abriss des Offizierskasinos, das sich bis 2019 an der Ecke Bahnhof- / Berliner Straße befand. Derweil erinnert die Heinrich-von-Rosenberg-Straße weiter an einen preußischen Kavallerie-General, der in Rathenow tätig war. Von Rosenberg kommandierte hier die Zieten-Husaren von 1875 bis 1883. Ein anderer Preuße hätte sicher auch etwas Anerkennung verdient. Immerhin ging auf Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. der Befehl zum Bau der Neustadt zurück.
300 Jahre: Neustadt könnte 2033 feiern
Das Jahr 1733 markiert den Anfang der Entwicklung. Rathenow wuchs nun in östliche Richtung über die Mauern der Altstadtinsel hinaus, was 2033 durchaus Grund zum Feiern geben könnte in der heutigen City.
Freilich diente die Neustadt im Wesentlichen zunächst der Unterbringung berittener Einheiten (Kürassier-Regiment Nr. 11). Doch bekanntlich entpuppe sich einheimisches Militär als Wirtschaftsfaktor. Bis 1945 profitierte auch Rathenow von Soldaten und Offizieren, die Teile ihres Solds in den städtischen Geldkreislauf einspeisten. Insbesondere in Gastronomie und Einzelhandel waren Militärangehörige gern gesehen.
Auch Brandenburg an der Havel keine Garnisonsstadt mehr
Man denke nur an das Wehklagen, das in Rathenows Nachbarstadt Brandenburg an der Havel einsetzte, als die dortige Rolandkaserne der Bundeswehr zur Disposition stand. Zuletzt dienten in dieser etwa 850 Soldaten, darunter rund 20 Offiziere und circa 220 Unteroffiziere. Zudem arbeiteten dort annähernd 150 Zivilangestellte. Das Bundesverteidigungsministerium hat die Kaserne im Dezember 2007 geschlossen. Seither ist auch Brandenburg an der Havel keine Garnisonsstadt mehr.