Gibt es im Oderbruch eine eigenständige, durch die landwirtschaftliche Nutzung geprägte Baukultur? Lassen sich architektonische Spuren längst aufgegebener Nutzungen und Lebensformen im Oderbruch finden? Diese Fragen haben sich zehn Mitglieder der Grenzland-Fotografen gestellt und ihre Sicht auf dieses Thema entwickelt. Daraus entstanden ist die Ausstellung "Kultur-Bau-Landschaft", die derzeit im Kunstspeicher Friedersdorf zu sehen ist.
Schon zur Vernissage wurde den Besuchern schnell klar, das Thema Baukultur ist ein weit gefächertes. Mit unterschiedlichen Handschriften haben sich die einzelnen Fotografen zu einem Thema angenähert. Fotografiert wurde sowohl digital als auch analog. Formiert haben sich die Grenzland-Fotografen 2017 auf Schloss Neuenhagen bei Bad Freienwalde als Künstlergruppe. Ihr Ziel: Die Region mit zeitgenössischer Fotografie zu befruchten. Während sie seither schon fünf Ausstellungen in der Region veranstalteten, haben sie nun mit "Kultur-Bau-Landschaft" ein Kooperationsprojekt zum Jahresthema Baukultur des Oderbruch-Museum Altranft erstellt.
Kooperation mit Museum
Deren Programmleiter Lars Fischer lobte die Ausstellung in Friedersdorf als sehr gelungen. "Es zeigt die Vielfalt der Baukultur im Oderbruch, vom Dorfkonsum über pralles Leben, Kriegs- und Friedenszeiten aber auch Draufsichten." Nicht nur "normale" Fotografien seien zu sehen sondern dank Emulsionen auch Wischtechniken zu finden. Besonders angetan war er von der Aufnahme des mit Bäumen begrünten Gewächshauses von oben, erstellt von Andreas Klug per Drohne. "Was man nicht pflegt, holt sich die Natur wieder zurück", so Fischer. Aber auch die textile Kunst mit Haus-Aufnahmen auf T-Shirts von Christina Bohin fand er gelungen. Fischer betonte, man werde etliche Werke auch bald im Oderbruch Museum ausstellen wollen.
Dass Stefan Hessheimer nicht nur verfallene Mauern auf Fotopapier bannen kann sondern auch ein guter Musiker ist, bewies er Mundharmonika spielend mit Drummer Ralph Weber als Duo Bowu Okasa bei gleich mehreren Jazz- und Rocksongs. Christian Gehlsen, der Schwiegervater des Fotografen Jörg Hannemann, verwies auf Freud und Leid im Oderbruch, gut sichtbar durch Panzer-Aufnahmen aber auch gelungene Villen. Kneipen seien ebenso zu sehen, wie wie riesige Neubaublöcke, "das kleine Glück des DDR-Bürgers."
Christian Bohin, Elke Brämer, Petra Leibner, Michael Anker, Malte P. Cedeny, Jörg Hannemann, Stefan Hessheimer, Andreas Klug, Falk Wieland und Torsten Zentner wurden mit viel Applaus vom zahlreich erschienenen Publikum für ihre mehr als 100 Fotos im Kunstspeicher bedacht. Viele Besucher betrachteten die Werke auch mit einem Aha-Effekt. "Guck mal hier, das kenn ich auch", war mehrfach zu hören. LPG-Anlagen, Bau-Rohre bis zum Horizont, Eingangstüren, Wildwuchs an Steinen und Ansichten von Kirchen und Friedhöfen kamen gut an.
Der Blick fürs Detail aber auch fürs Ganze, das ist in der Schau durchaus gelungen. "Die Ausstellung ist wirklich sehr schön geworden", raunten sich etliche Besucher zu. Unkompliziert konnte man mit den Fotografen zu Motiven und ihrer Arbeitstechnik ins Gespräch kommen. Malte P. Cednys berichtete bei seinen Hausansichten mit DDR-typischen Scheiben-Gardinen von eingesetztem Gelbfilter in der Kamera. Das beste Wetter zum Fotografieren sei eh bedeckter Himmel und bloß keine direkte Sonne.
Gespräche mit den Künstlern
Ines Zochert-Köhn reservierte sich bei Jörg Hannemann gleich das Bild der Sietzinger Kirche. "Solch eine Aufnahme muss man doch haben, denn bald sieht die Kirche ja nicht mehr so aus", erzählte die Ortsvorsteherin aus Sietzing. Schließlich werde das Gotteshaus gerade aufwändig umgebaut. Sie habe sich für die Nachwelt auch schon alte Dachziegel und Holzbohlen gesichert, die als Kunstwerk wieder präsentiert werden soll.
Besichtigt werden kann die Ausstellung "Kultur-Bau-Landschaft" während der Öffnungszeiten des Kunstspeichers Friedersdorf noch bis 23. Juni. Danach zieht die Schau im Schloss Neuenhagen. Die Grenzland-Fotografen zeigen aber auch etliche ihrer anderen Aufnahmen wieder zu den Kunst Loose Tagen im Oderbruch (31. Mai bis 2. Juni) in der Fachwerkkirche Wilhelmsaue.