Es war an Matthias Kitzing, Annas Traumgedanken weiterzuspinnen. Wenn jemand dafür bereitstünde, einen solchen Wunsch zu erfüllen, dann käme nach Auffassung des Einrichtungsleiters aus dem Verbund für Hilfen zur Erziehung MOL/LOS nur der ortsansässige Verein für Kinderhilfe in Frage. Mit diesem gibt es seit Längerem Kontakte. Er hilft unkompliziert, schnell und gezielt, was keine Behörde so kann, wusste der Haus-Leiter: mal für den Unterricht eines Kindes an der Musikschule, mal als kleiner Zuschuss für neue Ballfangnetze vor dem Haus ...
Keine Chance auf Heilung
Natürlich erfolgt eine Grundfinanzierung auch für sportlich-kulturelles Leben der hier zeitweise wohnenden Kinder über das Jugendamt, können Anträge gestellt werden, gibt es einen Pflegesatz. Doch in Annas Fall lagen die Dinge anders. Die Ärzte in der Charité hatten dem Mädchen mit der schweren Tumor-Erkrankung keine Chance auf Heilung mehr gegeben. Keiner konnte sagen, wie lange sie noch leben würde. Warum Anna also nicht auch einmal frei träumen lassen? Und warum nicht bei dem gemeinnützigen Verein zwecks Hilfe nachfragen?
Keiner war dagegen. Alle Aktiven aus dem Kinderhilfeverein im Doppeldorf haben sich dafür entschieden, für Annas Wunschtraum Geld bereitzustellen. Wären doch in diesen Wochen sonst 20 Ferienkinder aus dem weißrussischen Serebrjanka zu betreuen gewesen. Corona stoppte den Zwei-Jahres-Rhythmus. "Wir haben also auch Geld zur Verfügung", konstatierte Vereinsvorsitzende Irmgard Schuchardt. Schließlich wirke man ja nicht nur für Kinder aus der von der Tschernobyl-Katastrophe betroffenen Region, betonte mit Christa Schuppan das dienstälteste Vereinsmitglied, sondern genauso für Hilfebedürftige vor der eigenen Tür. Damit konnte der Wunsch in Erfüllung gehen. Wie passend, dass die Pädagoginnen aus dem Elisabeth-Haus bei ihrer Suche nach einem geeigneten Objekt im Leipziger Belantis-Freizeitpark auf offene Ohren gestoßen waren. Wie gut, dass die familienbezogene Gruppe aus Geschwistern, Mutter und Bezugspädagogin den kleinen Stephanus-Bus und für Anna zum Ausruhen im Park einen Rollstuhl vom Bonhoeffer-Seniorenzentrum Strausberg nutzen konnte. Wie schön, dass sogar alle gemeinsam Karussell gefahren sind, dass es auch auf die Cobra-Achterbahn, die ägyptischen Götter-Boote, weitere Fahrgeschäfte und sogar zum Abschluss noch zu McDonald’s ging.
Bezugspädagogin Anke Stürzel hat miterlebt, wie die Familie gemeinsam einen wirklich unbeschwerten, sorgenfreien und erlebnisreichen Tag nach der langen, behandlungsreichen und belastenden Zeit für Anna miteinander hatte, wie fröhlich die Kinder beim Tierparkbesuch und dem Abschlussfest mit Campen in Grünheide waren und wie dankbar sie für ein Geschenk sind, das sich die Familie selbst hätte nie leisten können.
"Alles ist möglich" – lautet das Motto der Stephanus Stiftung in diesem Jahr. Nur Annas letzter Wunsch – das im Belantis-Park gekaufte Marienkäfer-Glücksplüschtier möge zaubern und ihr Leben verlängern können – hat sich nicht erfüllt. Und doch war es das wert, sind sich die Mitglieder des Kinderhilfevereins einig.
(*Name von der Redaktion geändert)