Herr Schöningh, woran orientiert sich die Rennbahn Hoppegarten zurzeit? Muss sie sich eine neue Stellung erarbeiten?
Die Rennbahn war 2005 pleite. Man wollte damals einen Betreiber, der den Rennsport weiterentwickelt – und genau das habe ich seit 2008 getan. Wir lagen auf Rang 8 der Rennbahnen in Deutschland und sind jetzt auf Rang 3. Durch die positive Entwicklung der Hauptstadtregion hat sich die Zuschauerzahl verdoppelt, Wettumsätze und Sponsorengelder sind gegen den Trend gestiegen, die Rennpreise haben sich verdreifacht. Hoppegarten hat wieder einen guten internationalen Ruf. Wir haben den Großen Preis von Berlin zurückgeholt. In unseren großen Rennen laufen Pferde aus führenden Ställen Englands und Frankreichs, auch die Starter aus den osteuropäischen Nachbarländern kommen wieder. Als einzige deutsche Rennbahn sind wir seit 2013 ein Denkmal nationaler Bedeutung und haben insgesamt schon mehr als 6,2 Millionen Euro investiert.
Was verbindet Hoppegarten mit der Neuenhagener Trainierbahn?
Hoppegarten und Neuenhagen sind als größtes zusammenhängendes Rennsportareal Deutschlands einzigartig. Ich denke langfristig. Die Option für die Trainierbahn Neuenhagen habe ich erst nach 2015 wahrgenommen, um mir zuerst einen Überblick über die Chancen der Rennbahn Hoppegarten zu verschaffen. Die Neuenhagener Trainierbahn muss als Denkmal und für den Rennsport gesichert werden. Sie hat großzügige Bahnen, auf der Sandbahn am Wald einen wertvollen Geländeanstieg – bis auf Stallstandorte fast alles, was eine moderne Trainingsstätte braucht. Eine Wiederbelebung würde mehr lokale Starter in den Rennen und zahlreiche Arbeitsplätze in der Region bringen. Deshalb ist sie wesentlicher Bestandteil unseres Entwicklungskonzeptes.
Gibt es denn schon Interessenten?
Nein, die kann es gar nicht geben bei der verworrenen Gemengelage. Deshalb ist es mein Ziel, genehmigungstechnisch alle Grundlagen zu legen, um danach auf Investoren zugehen zu können. Dann können wir sagen: Wir haben hier ein tolles Gelände mit Möglichkeiten für Stallstandorte, die Nutzung der Trainierbahn ist mit der Bevölkerung vernünftig geregelt. Gemeinsam mit dem Investor könnte dann eine hervorragende Trainingsmöglichkeit geschaffen werden. Unter Umständen investieren wir auch selber.
In Hoppegarten fürchtet man sich vor einem großen Event-Gelände. Können Sie das entkräften?
Pferderennen sind ja auch Events. Aber eine "Party-Location" mit ständigen lauten, störenden Veranstaltungen wollen wir nicht. Ich möchte die gesamte Anlage zukunftsfähig machen. Ein 207 Hektar großes Areal mit der Vielzahl an denkmalgeschützten und sanierungsbedürftigen Gebäuden kann mit elf Renntagen weder rentabel betrieben geschweige denn dort in zweistelliger Millionenhöhe investiert werden. Wir brauchen zusätzliche Einnahmen in der richtigen Mischung: ein Portfolio guter Veranstaltungen, die zu uns und Hoppegarten passen. Neben kleinen und mittleren Events werden wir auch einige Große haben müssen. Ich kümmere mich jetzt seit 12 Jahren mit großem Einsatz an Zeit, Nerven und Geld um die Anlage. Es ist auch für die Region wichtig, wenn die Rennbahn ein Geschäftsmodell entwickelt, das unabhängig von und nach mir funktioniert.
Aus reiner Liebe zum Rennsport würde das wohl niemand tun?
Da haben Sie wohl Recht. Ich sehe uns alle in der Verantwortung, den Erhalt der Rennbahn dauerhaft zu sichern. Das geht leider nicht ohne Kompromisse. Wenn dort nur Pferde laufen dürfen, ist der Unterhalt der Gebäude und Anlagen ein großes Verlustgeschäft, Investitionen rechtfertigen sich nicht. Es ist deutlich schwieriger, einen Rennsportliebhaber zu finden, Immobilienspekulanten werden sicher Schlange stehen. Unsere Pläne unterscheiden sich im Grundsatz überhaupt nicht von den großen Rennbahnen in aller Welt. Der Rennsport zieht nicht mehr die Massen an wie früher. Alle haben die gleiche Aufgabe, neue Nutzungen zu finden: Die Etablierung als Hotelstandort, eine Dauergastronomie, die Entwicklung von Randflächen für eine Wohnbebauung, Einnahmen durch die Vermietung des Geländes für Festivals und Konzerte – so schaffen es die großen Rennbahnen anderswo, ihre Einnahmesituation zu verbessern.
Warum ist es Ihnen so wichtig, auf dem Gelände der Neuenhagener Trainierbahn bauen zu können?
Wir wollen auf der Trainerbahn nichts bauen – außer vielleicht einen Unterstand für Pflegemaschinen u.Ä., im direkten Umfeld brauchen wir Standorte für Ställe. Historisch waren wichtige Nutzer Rennställe wie Schlenderhan in der Hauptstraße oder Graditz auf dem Graditzer Hof. Weite Wege sind bei geringem Autoverkehr kein Problem gewesen. Heute müssen die Pferde in der Nähe der Trainierbahn untergebracht werden. Zum anderen müssen Sie sehen, dass es sich um ein Privatgrundstück und eine Betriebsstätte handelt, auf der täglich trainiert wird. Für die sichere Nutzung durch die Bevölkerung brauchen wir ein abgestimmtes Nutzungskonzept und das kostet Geld. Diese Mitnutzung bringt natürlich auch Einschränkungen für den Betrieb mit sich. Es kann doch nicht sein, dass ich für die Kosten der Sicherungseinrichtungen und für die Nutzungseinschränkungen aufkommen soll und zusätzlich auch noch auf meine Kosten das Denkmal instand setze. Wir streben seit Längerem einen Kompromiss mit der Gemeinde an, bisher ist das schwierig.
Dennoch war eine angrenzende Bebauung der Trainierbahn nie wirklich vorgesehen ...
Entschuldigung, dass ich Ihnen widerspreche. Seit fünf Jahren führt die Gemeinde Gespräche mit uns über Stallstandorte an der Trainierbahn und auch über die Entwicklung des Geländes "Altes Gut". Auch die anderen Eigentümer am Alten Gut sind daran beteiligt, eine Entwicklung für den Bau von Wohnungen war immer Gesprächsthema. Der Gemeinde selber gehören die desolaten Schweineställe am Alten Gut. Nachdem unser Vorschlag für Stallstandorte und Baufelder abgelehnt wurde, haben wir uns Alternativen überlegt. Objektiv gesehen wäre die Entwicklung des Alten Gutes für alle ein Gewinn.
Wollen Sie an der Rennbahn untergebrachte Pferde nach Neuenhagen verlegen?
Nein, die Kompaktställe an der Goetheallee in Hoppegarten nutzen wir nur für Gastpferde, die von auswärts zu den Rennen anreisen. Die Lage ist für einen Dauer-Trainingsbetrieb nicht ideal und wir planen dort den Bau von Wohnungen. Die Gastpferde sollen in zirka 130 neue Gastboxen neben dem Gestütshof einziehen. Der Rennstall Kiefernallee, in dem zurzeit zwei erfolgreiche Trainer untergebracht sind, bleibt natürlich. Alle anderen Trainingsquartiere gehören uns nicht. Das sind private Unternehmer, die unsere Bollensdorfer Trainierbahn nutzen. Es werden also keine Hoppegartener Pferde nach Neuenhagen verlagert, dort wollen wir neue Trainingsställe ansiedeln.