Luisa und Manuel Hoffmann* (*Namen geändert) aus Eberswalde arbeiten beide Vollzeit, während der große Sohn (7) in die erste Klasse geht und sein Bruder (3) die Kita besucht. „Wir sind gar nicht gut aufgestellt. Unsere Kinder waren noch nie in einer fremden Betreuung außer bei meinen Eltern oder in der Kita“, berichtet die Zweifachmutter. Die Hoffmanns geben zu: Ihnen fehlt grundsätzlich das Vertrauen in andere Personen, weshalb sie sich keinen Babysitter nehmen.
„Das Vertrauen, ihr Kind einer fremden Person zu übergeben, müssen die meisten Eltern erst einmal aufbauen. Damit geht schließlich auch ein Kontrollverlust einher“, erklärt Thomas Müller von der Vermittlungsstelle HalloFamilie GmbH & Co. KG auch bekannt als HalloBabysitter. „Je nach Alter und Typ gibt es Ängste, dass die Betreuungsperson, besonders, wenn sie sehr jung ist, einer Situation nicht gewachsen sein könnte. Ein absolvierter Babysitter-Kurs dient hier prima als Einstiegsqualifikation.“ Eltern, die keine Hilfe von Verwandten oder aus dem Bekanntenkreis haben, sind vor allem bei Vollzeitbeschäftigungen auf eine geregelte Kinderbetreuung angewiesen.
Babysitter-Kurse und Erste-Hilfe-Kurse zur Vorbereitung
Vermittlungsagenturen wie HalloBabysitter oder ErsteKinderbetreuung vermitteln bundesweit Babysitter an Familien. Volkshochschulen wie die VHS Potsdam, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) oder kleine regionale Verbände bieten regelmäßig Babysitter-Kurse für Interessierte an. Die Johanniter veranstalten beispielsweise Erste-Hilfe-Kurse mit Fokus aufs Kind. Die Zielgruppe sind Eltern, Großeltern und Babysitter. „In unseren Kursen lernt man alles Notwendige zur Erstversorgung von Kindernotfällen wie Fremdkörper in den Atemwegen, Asthma, Pseudokrupp, Verletzungen, Fieberkrampf, Hitze- und Kälteschäden oder Vergiftungen“, so Jessica Schulz als Fachbereichsleiterin für Kommunikation und Jugendhilfe der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V in Brandenburg an der Havel. Auch der Ausbildungskurs des DRK umfasst im Wesentlichen dieselben Programmpunkte.
„Ich würde jemanden bevorzugen, den ich privat schon kenne. Die meisten haben ihre eigenen Kinder, dann hat sich das Thema des Babysitten schon erledigt“, fügt die Eberswalderin hinzu. Für die jungen Eltern spielt es auch keine Rolle, ob der Babysitter bereits erwachsen ist. Für sie ist es vor allem problematisch, wenn es eine fremde Person ist. „Sind sie lieb zu meinen Kindern? Wissen sie, was zu tun ist, wenn sich ein Kind verletzt hat? Sind sie vertrauenswürdig oder durchsuchen sie meine persönlichen Sachen?“, fragt sich die Mutter. Ein Zertifikat von einem Babysitter-Kurs helfe da nur bedingt. Sie fährt fort: „Jüngere Geschwister, eigene Kinder oder eine pädagogische Ausbildung sind nicht zwingend, aber vorteilhaft. Irgendwas muss der Babysitter schon einmal mit Kindern am Hut gehabt haben.“
Qualifikationen helfen bei der Jobvermittlung
„Ein Babysitter-Kurs dient als eine Art Einstiegsqualifikation. Wenn Eltern wissen, dass eine jugendliche Bewerberin oder Bewerber sich im Vorfeld mit dem Betreuungsjob und möglichen Komplikationen auseinandergesetzt hat, nimmt das Hemmungen“, betont Thomas Müller von HalloFamilie. „Ein Babysitter-Kurs ist für Jugendliche eine gute Möglichkeit, im Vorfeld eines Babysitterjobs zumindest theoretisch ein wenig Sicherheit für den Umgang mit Kindern zu gewinnen.“ Er betont außerdem, dass Referenzen und Ausbildungsnachweise immer bei einer Jobvermittlung helfen. So ein Nachweis wäre dementsprechend ein Babysitter-Kurs sowie ein Praktikum in der Kita bis hin zum pädagogischen Studium.
Die Kosten für die meisten Kurse schwanken zwischen 20 und 80 Euro. Bei kleinen Vereinen oder an Volkshochschulen findet man in der Regel einen geringeren Preis, dafür aber auch weniger komplexe Stunden. Bei den Johannitern oder dem Deutschen Roten Kreuz kosten vier bis sieben Stunden 60 oder 80 Euro pro Teilnehmer. Eine Investition, die sich nicht alle Jugendlichen leisten können. Bei vielen Kursen ist es wichtig, sich frühestmöglich anzumelden. Die Kurse des DRK haben maximal zwölf Plätze pro Termin frei und finden 20-mal im Jahr statt. Bei den Johannitern gibt es 20 Plätze, aber nur zwei Erste-Hilfe-Kurse in Bezug auf Baby und Kleinkinder im Jahr.
Kurse in Brandenburg
► DRK – „Fit fürs Kind“ (vorrangig für Erwachsene). Schwerpunkte sind Sicherheit, Prävention und Erste Hilfe am Kind;
► Babysitter-Kurse mit den Modulen Spielpädagogik, Säuglingspflege und Erste Hilfe am Kind.
Alle Kurse finden in der Düppelstraße 36 in Berlin Steglitz statt. Eine Teilnahme ist nur bei vorheriger Anmeldung möglich. Nächstmöglicher Termin ist der 23.05.2023.
► Babysitter-Kurse mit den Modulen Spielpädagogik, Säuglingspflege und Erste Hilfe am Kind.
Alle Kurse finden in der Düppelstraße 36 in Berlin Steglitz statt. Eine Teilnahme ist nur bei vorheriger Anmeldung möglich. Nächstmöglicher Termin ist der 23.05.2023.
► Johanniter – „Erste-Hilfe-Kurs fürs Kind“. Schwerpunkte sind Erstversorgung von Kindernotfällen und Prävention. Nächstmöglicher Termin ist der 24.06.2023 in der Warschauer Straße 17 in Brandenburg an der Havel.
In Brandenburg gibt es zahlreiche Vermittlungsstellen wie HalloBabysitter oder ErsteKinderbetreuung online. Wer seine Dienste als Babysitter anbietet, kann sich mittels eines Abos verifizieren lassen und Qualifikationen hochladen, um sich Familien vorzustellen, wie Lisa Kluwie von ErsteKinderbetreuung berichtet. Ziel ist vor allem, dass die Vermittlungsstelle wie auch die potenziellen Betreuer seriös wirken und somit schneller Vertrauen zwischen Familien und Babysittern entstehen kann. Auch für Jugendliche ab 16 Jahren sind Onlineplattformen eine gute Möglichkeit, den Arbeitsmarkt auszuprobieren – mit Einverständnis eines gesetzlichen Vertretungsberechtigten natürlich. Bundesweit vermitteln HalloBabysitter und ErsteKinderbetreuung laut eigenen Angaben 25.000 bis 50.000 Registrierungen von Familien und Betreuern.
Was ist rechtlich zu beachten? Auch hier gibt Thomas Müller von HalloFamilie Antwort: „Für Jugendliche und Kinder unter 18 Jahren gilt zunächst das Jugendarbeitsschutzgesetz. Die Beschäftigung von Kindern und vollzeitschulpflichtigen Jugendlichen ist grundsätzlich verboten.“ Er erklärt, dass jedoch eine Ausnahmeregelung für leichte Tätigkeiten besteht, auch für Kinder ab 13 Jahren. Mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder bis zu zwei Stunden am Tag zwischen 8 und 18 Uhr babysitten. Schulpflichtige Jugendliche dürfen während der Ferien für vier Wochen auch länger arbeiten.
Der Betreuungsaufwand bestimmt die Bezahlung
Wie sieht ein fairer Stundenlohn aus? „Leider profitieren unter 18-Jährige nicht vom gesetzlichen Mindestlohn. Der Stundenlohn muss in Absprache mit dem Arbeitgeber festgelegt werden“, so Müller. Er gibt dennoch den Rat, dass sich die Bezahlung am Mindestlohn und je nachdem, wie aufwendig die Betreuung ist, orientiert. „Handelt es sich lediglich um Schlafwache, ist das eine weniger anspruchsvolle Tätigkeit, als wenn mehrere Kinder gleichzeitig betreut oder Windeln gewechselt werden müssen.“ Laut Müller müsste sich das also in der Bezahlung widerspiegeln. Je höher der Betreuungsaufwand, desto mehr kann und sollte gezahlt werden.
Abschließend sagt die Mutter Luisa Hoffmann: „Es ist ein Unterschied, ob hier nur jemand sitzt, während meine Kinder schon schlafen oder ob sie jemand richtig betreut – mit Abendessen und Schlafen legen.“ Aktuell verzichtet die Familie auch weiterhin auf fremde Betreuung. Wie es in der Zukunft aussieht, wenn die Söhne älter sind, ist noch ungewiss.
Checkliste für angehende Babysitter:
● Welche Babysitter-Kurse gibt es in der Umgebung? Lokale Volkshochschulen oder Rathäuser bieten Auskunft. Online geht natürlich ebenso.
● Es kann auch nicht schaden, im eigenen Impfausweis nachzusehen oder beim Hausarzt nachzufragen, ob gegen alle wichtigen Kinderkrankheiten geimpft wurde.
● Wurde bereits einmal auf ein Kind aufgepasst? Hat es Spaß gemacht? Wichtig ist, sich vorher zu überlegen, welche Altersgruppe spontan besser zu einem passt und welche Aufgaben überfordern könnten.
● Optimal ist es, vorab die Eltern und das Kind oder die Kinder kennenzulernen. Eltern haben somit die Chance, den Anbieter für Kinderbetreuung kennenzulernen und der potenzielle Babysitter, ob er oder sie auch mit dem Kind klarkommt.
● Fairer Lohn und Arbeitszeiten: Je nach Alter kann die Kinderbetreuung komplexer und intensiver sein. Vor allem Minderjährige oder Bewerber ohne vorherige Berufserfahrung können leicht eingeschüchtert sein. Das Jugendarbeitsschutzgesetz und Mindestlohn sind gute, wie auch wichtige Orientierungen.
● Offene und ehrliche Kommunikation zwischen Eltern und Babysitter sollte das A und O sein. Beide Seiten sollten unbedingt Probleme und Sorgen ansprechen, wenn es welche gibt.