Adel hat keinen Anspruch
In den teils aufwändig verzierten Särgen liegen 96 Mitglieder der Hohenzollern, unter anderem der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1640-1688), der preußische König Friedrich I. (1657-1713) und Königin Sophie Charlotte (1668-1705). Dass der schummrige, aber wenig spirituelle Ort im Keller des Berliner Wahrzeichens neben der Kapuzinergruft in Wien und den Königsgräbern in der Kathedrale St. Denis von Paris zu den bedeutendsten herrschaftlichen Grabstätten Europas zählt, ist ihm kaum anzumerken. Deshalb wird die Hohenzollerngruft in den kommenden drei Jahren geschlossen und für 18 Millionen Euro umgebaut. "Wir werden unseren Schatz aufpolieren und ins rechte Licht rücken", erklärt Domprediger Michael Kösling am Donnerstag.
Der Schatz gehört in diesem Fall nicht der Hohenzollern-Familie, die derzeit andernorts mit Rückgabeforderungen von Kulturgütern und Immobilien für Aufsehen und Empörung sorgt. Denn der Kaiser höchstpersönlich schenkte 1905 den Dom und damit die Gruft der evangelischen Kirchengemeinde.
Anders als beispielsweise bei der Gruft im Potsdamer Schloss Sanssouci, in der unter anderem Friedrich der Große sowie der Soldatenkönig bestattet wurden, sind die Hohenzollern hier nicht im Grundbuch eingetragen und haben deswegen weder Anspruch auf die kostbaren Särge noch auf die Gebeine ihrer eigenen Vorfahren. Ein Vertreter der Adelsfamilie werde aber seit längerem in die Planungen für den Umbau eingebunden, hieß es am Mittwoch. Allerdings sei das Mitspracherecht begrenzt, auch weil sich die Hohenzollernfamilie nicht an den Kosten für die aufwändige Sanierung beteilige.
Die übernehmen Bund und Land. Zehn Prozent steuert die Dom-Gemeinde bei. Zudem fördert die Cornelsen Kulturstiftung mit 200.000 Euro. So soll unter anderem vor der Gruft ein Informationsort für Besucher entstehen, der die Besucher emotional und inhaltlich auf den Besuch der Grabstätte einstimmt. "Wir können kein Hohenzollernmuseum sein, aber es wird ein paar Infos zur Familie und dem Ort geben", erklärt Kuratorin Birgit Walter.
In enger Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt soll zudem ein Lichtkonzept erarbeitet werden. Ziel sei es, durch vorsichtigen Einsatz von Lichtelementen die Raumstimmung als Grabstätte zu betonen und gleichzeitig Nischen, Kreuzgewölbe und die gesamte Raumarchitektur sichtbar werden zu lassen. Auch solle die Aufmerksamkeit der Besucher auf die besonderen Details an den Särgen wie Stoffbespannungen, Reliefs und Verzierungen gelenkt werden. Die wertvollen Särge werden während des ca. dreijährigen Umbaus in einen geheimen Ort in Berlin ausgelagert. Danach werden sie wie auf dem Friedhof in Ostwest-Richtung aufgestellt. Künftig sollen die Besucher die Gruft wie ein Gräberfeld durchlaufen können.
Schimmel und Risse
Zum Schutz der Sarkophage erhält die seit 1999 öffentlich zugängliche Hohenzollerngruft erstmals auch eine Klimaanlage. Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen hatten in der Vergangenheit regelmäßig dazu geführt, dass sich an den Särgen Schimmel und Risse bildeten und Farbschichten abplatzten.
"Dazu standen die Särge in den vergangenen Jahrhunderten regelmäßig unter Wasser", erklärt Kuratorin Walter. Wie gut die Mumien im Inneren erhalten sind, können die Restauratoren nur erahnen. Um einen der Särge zu öffnen, müssten sie eine Genehmigung bei Gericht beantragen und das Einverständnis der Familien einholen. Doch das würde man nur im äußersten Notfall tun, wenn beispielsweise ein Sarg zu stark beschädigt ist, so Walter. Das Ziel sei vielmehr, die Hohenzollerngruft zu einem würdevollen Ort der Totenruhe umzugestalten.
500 Jahre Geschichte
Die Geschichte der Hohenzollerngruft ist geprägt von Umzügen und beginnt 1536. Damals bestimmte Kurfürst Joachim II. die Gewölbe unter der ehemaligen Dominikanerkirche am Berliner Schlossplatz zur Grablege seiner Familie. Um 1542 überführte er die Gebeine seines Vaters und seines Großvaters in die neue Domgruft. 200 Jahre später, 1747, ließ Friedrich der Große die Dominikanerkirche samt Gruft abreißen und auf der anderen Seite des Berliner Lustgartens einen Dom neu errichten. Im heutigen Dom, der zwischen 1894 und 1905 errichtet wurde, ruhen derzeit etwa 90 Mitglieder der preußischen Adelsfamilie. neu