Wer im Briefkasten ein Schreiben eines Inkasso-Unternehmens entdeckt, ist oft verunsichert. „Habe ich wirklich vergessen, eine Rechnung zu bezahlen?“, fragen sich dann viele Empfänger. Und meist ist die Forderung auch berechtigt – Inkasso-Unternehmen werden von Gläubigern beauftragt, wenn Schuldner auch nach mehreren Mahnungen nicht zahlen. Doch in jedem Fall sollten Empfänger das Schreiben genau prüfen, bevor Geld überwiesen wird – es könnte sich auch um Betrug handeln.
Die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) macht schon länger auf Fake-Inkasso-Schreiben aufmerksam. Seit 2020 betreibt sie auf ihrer Webseite die „Schwarzliste Inkasso“. Hier sind etliche Bankdaten von Empfängern aufgelistet, denen man auf keinen Fall Geld überweisen oder eine Einzugsermächtigung erteilen sollte – viele davon mit Geschäftsadresse in Berlin. Auffallend viele von ihnen haben angeblich am Leipziger Platz 15 ihren Sitz. Eine telefonische Nachfrage bei den vermeintlichen Inkassodienstleistern blieb erfolglos. Bei den Anrufversuchen ertönte stets folgende Meldung: „Diese Nummer ist nicht vergeben.“
191.000 Klicks für die Schwarzliste
Die Nachfrage nach dem Portal sei groß, heißt es in der Pressemitteilung der VZB vom Montag. Die Schwarzliste Inkasso sei im vergangenen Jahr mehr als 191.000-mal geklickt worden, teilte die VZB mit. Welche Klicks davon von Brandenburgern stammen, werde nicht festgehalten, schrieb eine Sprecherin. Wie viele Fälle von Inkasso-Betrug es in den letzten Jahren in der Mark gegeben hat, ist unklar, teilt ein Sprecher der Landespolizei Brandenburg mit – denn wie viele andere „Maschen“ fällt diese unter den breit angelegten Straftatbestand Betrug und wird somit nicht gesondert erfasst.
Betrüger fordern meist mehrere hundert Euro
Stefanie Kahnert, Referentin für Recht der VZB, rät betroffenen Empfängern: „Wer ein unseriöses Schreiben erhält, sollte keinesfalls überweisen oder in einer anderen Form mit dem Fake-Inkassounternehmen in Kontakt treten.“ Sie rät dazu, die Polizei einzuschalten: „Wir empfehlen eine Strafanzeige.“ Betroffene könnten sich gerne an die Verbraucherzentralen wenden, schreibt sie. Die vermeintlichen Forderungen der Betrüger sind nämlich meist dreistellig oder sogar noch höher: „Häufig liegt die Forderungshöhe zwischen 300 und 600 Euro. Es sind aber auch Schreiben bekannt, in denen noch mehr Geld verlangt wurde“, teilt Kahnert mit.
Besonders stutzig sollte man werden, wenn man zur Zahlung auf ein ausländisches Konto aufgefordert werde, gibt die VZB bekannt. Zurzeit seien griechische Konten besonders beliebt. Doch auch deutsche Bankverbindungen würden zunehmend von den Betrügern genutzt, heißt es in der Mitteilung.
Im Falle eines eindeutig gefälschten Inkassoschreibens rät auch Marco Weber, Pressesprecher des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU), zu einer Anzeige bei der Polizei. Vorher solle man das Schreiben jedoch unbedingt auf Echtheit prüfen, indem man sich folgende Fragen stellt: „Sind alle Angaben (Gläubiger, Forderungsgrund, Kostenzusammensetzung) enthalten und ist die Forderung selbst bekannt? Ist die Rechtschreibung korrekt? Passen die Kontaktdaten (Mail, Telefon) zum Absender? Soll auf ein deutsches Konto überwiesen werden?“ Wenn das alles stimme, spräche das für eine berechtigte Forderung „auf die man dann auch als Empfängerin oder Empfänger des Schreibens unbedingt reagieren sollte“, schreibt Weber.
Inkasso-Unternehmen müssen registriert sein
Eine weitere Hilfe seien nach Angaben des BDIU-Sprechers das Rechtsdienstleistungsregister, das online auf dem Portal der Landesjustizverwaltungen nachzuschlagen ist. „Nur Unternehmen, die in diesem Rechtsdienstleistungsregister gelistet sind, dürfen überhaupt Inkasso durchführen. Findet man den Namen des Inkasso-Unternehmens hier nicht, kann das ein sehr starkes Indiz für einen Betrugsversuch sein“, erklärt der Sprecher.
Seriöse Inkasso-Unternehmen seien Mitglieder des BDIU, schreibt Weber. Hier herrsche eine freiwillige Selbstkontrolle, die den Unterschied mache. Auch könne man online auf der Webseite des BDIU bequem die Mitgliederliste einsehen und mit dem Absender des Inkassoschreibens abgleichen. Leider käme es immer wieder vor, dass Betrüger auf ihren Schreiben widerrechtlich das Logo des BDIU verwenden und somit eine Mitgliedschaft suggerieren. Darauf werde seitens des Verbandes stets mit einer Anzeige reagiert, sagt Weber.
Fake-Inkasso-Schreiben sollte man auf keinen Fall bezahlen
Verbrauchern, die einen Brief von einem Inkassobüro erhalten, rät Weber dazu, Ruhe zu bewahren und das Schreiben zu aufmerksam zu prüfen. „Mahnungen zu erhalten, ist nicht schlimm“, schreibt der Sprecher. „Es kann immer mal vorkommen, dass man eine Frist übersehen oder eine Rechnung vergessen hat.“ Er stellt aber auch klar: „Berechtigte Forderungen muss man natürlich bezahlen.“ Seriöse Inkasso-Unternehmen würden Lösungen anbieten, auch wenn man nicht sofort die volle Summe begleichen könne, erklärt Weber. Ganz anders sei die Lage bei fingierten Inkassoschreiben von Betrügern, teilt der Sprecher mit: „Der wichtigste Hinweis, wenn man Fake-Inkasso-Post erhält, lautet: Auf keinen Fall sollte man solche Forderungen bezahlen, denn das Geld sieht man wahrscheinlich nie wieder.“
Inkassoschreiben im Briefkasten: Was Sie jetzt tun sollten
Sie finden ein Schreiben eines Inkassobüros in Ihrem Briefkasten. Was nun?
1. Prüfen Sie die Forderung. Besteht sie zu Recht? Wenn ja, dann müssen Sie zahlen. Wenn nicht, sollten Sie sofort Widerspruch einlegen.
2. Setzen Sie sich mit der Firma, der Sie angeblich Geld schulden, in Verbindung und verweisen Sie auf das angebliche Inkassoschreiben.
3. Sollten Sie nach Ihrem Widerspruch erneut eine Forderung erhalten, verweisen Sie auf Ihren Widerspruch. Leisten Sie auch keine anteiligen Zahlungen, wenn die Forderung nicht berechtigt ist! Das könnte als Schuldanerkenntnis ausgelegt werden. Lassen Sie sich in solch einem Fall auch nicht zu einer Ratenzahlung „breitschlagen“.
4. Sollte die Forderung berechtigt sein, heißt das noch nicht, dass sie alle geforderten Kosten zahlen müssen. Setzen Sie sich am besten mit einer Verbraucherzentrale in Verbindung.
5. Lassen Sie sich nicht von Drohgebärden einschüchtern und unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht verstehen.
6. Erteilen Sie keine Abtretungen – damit kann der Inkassodienstleister auf Ihr Gehalt bzw. Ihr Konto zugreifen!
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