Darf die Bundesregierung dem russischen Konzern Rosneft in Deutschland den Stuhl vor die Tür stellen? Im September 2022 hat die Regierung die deutsche Tochter von Rosneft unter Treuhandverwaltung gestellt. Rosneft hält Anteile an mehreren deutschen Raffinerien, darunter der PCK Raffinerie Schwedt. Gegen diese Treuhandverwaltung hat die russische Muttergesellschaft Rosneft geklagt. Der russische Konzern verlangt die Aufhebung der Treuhänderschaft.
Der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig lehnte am Mittwoch (22.2.) die Abweisung der Klage, wie sie vom Bundeswirtschaftsministerium verlangt worden war, ab. Die Möglichkeit der Beeinträchtigung verschiedener Rechte der Klägerin komme durchaus in Betracht, sagte die Vorsitzende Richterin Ulla Held-Daab.
Bundesregierung sah Gefahr in Verzug
Das Bundeswirtschaftsministerium begründet die Treuhandverwaltung damit, dass der Bestand des Unternehmens und die Versorgung mit Treibstoff in Berlin-Brandenburg gesichert werden sollte. Infolge der Sanktionen gegen Russland soll die Raffinerie in Schwedt im Frühjahr 2022 in Schwierigkeiten geraten sein. Dienstleister wollten nicht mehr für PCK arbeiten. Auch eine kritische Abwanderung von Mitarbeitern wurde befürchtet.
Über die Treuhandlösung sollte auch die Versorgung der Raffinerie PCK Schwedt mit Öl aus nicht-russischen Quellen sichergestellt werden. Außerdem hätte verhindert werden sollen, dass Rosneft Kapital seiner deutschen Tochter abzieht, so begründete der Bund. Dem widersprachen die Kläger. Die Erlöse im Raffinerie-Geschäft waren 2022 so hoch, dass selbst ein Abzug von Kapital aus Deutschland die Raffinerie Schwedt nicht gefährdet hätte. Die Erlöse von Rosneft in Deutschland sollen mehr als eine Milliarde Euro betragen haben, ein Mehrfaches dessen, was in den Vorjahren üblich war. Andere Standorte mit Rosneft- Beteiligung neben Schwedt sind Karlsruhe (Baden-Württemberg) und Vohburg (Bayern). In Schwedt ist die Rosneft Deutschland GmbH Mehrheitseignerin. Die Treuhandverwaltung gilt für zwei deutsche Rosneft-Töchter und betrifft sämtliche Standorte mit Rosneft-Beteiligung.
Im März werden 100.000 Tonnen Öl aus Kasachstan erwartet
Die Rosneft-Vertreter erklärten auch, dass sie sich bereits im Sommer auf dem Hintergrund der Sanktionen gegen Russland um alternative Ölquellen für Schwedt bemüht hätten. Die Rede war von kasachischen Lieferungen. Wie die Anwälte von Rosneft sagten, sollen im Februar 20.000 Tonnen kasachisches Öl geliefert werden, im März weitere 100.000 Tonnen. Die Kläger halten die Treuhandverwaltung für nicht rechtmäßig und beklagten auch, dass die russische Muttergesellschaft vor Erlass nicht angehört worden wäre.
Verhandelt wird in Leipzig die Klage der russischen Mutter der Rosneft Deutschland GmbH. Sie sieht keine Rechtsgrundlage für die Treuhänderschaft. Deutschland hat bisher kein Embargo gegen russisches Pipeline-Öl erklärt. Es gibt nur eine Erklärung zum Verzicht von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vom Mai vergangenen Jahres. Außerdem beklagt Rosneft, dass gegen Recht verstoßen wurde, indem das Unternehmen vor der Anordnung der Treuhänderschaft nicht angehört wurde.
Das Verfahren vorm Bundesverwaltungsgericht dauerte bis in den Abend. Es soll am 7. März mit einer Beweisaufnahme fortgesetzt werden. Auch am 8. März konnte noch verhandelt werden. Die Treuhandverwaltung gilt zunächst für ein halbes Jahr bis 15. März. Vom Ausgang des Verfahrens wird auch abhängen, wie es mit einer möglichen Verlängerung weitergeht. An der Verhandlung in Leipzig nahmen auch die Landrätin der Uckermark, Karina Dörk (CDU) und Mitarbeiter von PCK Schwedt als Zuschauer teil.
Karina Dörk war gekommen, um sich ein Bild davon zu machen, wie die Treuhandentscheidung zustande gekommen sei. „Im Moment stehe ich der Treuhand eher skeptisch gegenüber“, sagte sie zu Beginn der Verhandlung. Dörk hatte in der Vergangenheit die Entscheidung, auf russisches Pipeline-Öl zu verzichten, kritisiert. „Wenn PCK verloren ginge, wäre das für die ganze Region fatal.“ Es sei auch für die Transformation der Raffinerie problematisch, wenn jetzt Mitarbeiter PCK verlassen.
Einige sollen schon gegangen sein, wie Jörg Hausburg bestätigt. Er ist Ingenieur im PCK. „Ich hoffe, dass wir wieder eine hundertprozentige Auslastung hinbekommen“, sagt Hausburg. Er befürchtet, dass die Raffinerie dauerhaft nur 70 Prozent ausgelastet wird. Das hieße aus seiner Sicht, dass 300 bis 400 Jobs wohl überflüssig werden könnten. Auch der Berliner Jurist Wolfgang Hummel ist zum Prozess als Zuschauer gemeinsam mit den PCK-Mitarbeitern gekommen. „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass die Bundesregierung nicht über die Köpfe der Beschäftigten hinweg entscheiden darf.“ Er kritisiert, dass es lediglich eine Entscheidung des Kanzlers über den Stopp des Öls aus der Druschba-Pipeline gab aber nicht eine Entscheidung, die vom Parlament legitimiert ist.