Beim Betreten des Geschäfts in der Lindenstraße steigt sofort angenehm süßlicher Geruch in die Nase. Mehrere Bleche voller Müsli wurden kurz zuvor in den Backofen geschoben. In den Regalen stapeln sich Gläser und Papiertüten, die einen Überblick über das Sortiment von „HaferZeit“ geben.
Nicht weit von der Köpenicker Bahnhofstraße entfernt betreibt Anna-Sophie Stiegemann seit 2020 eine kleine Müslimanufaktur. Die 42-Jährige liebt es, verschiedene Zutaten miteinander zu kombinieren. Aktuell hat sie elf Sorten Bio-Granola im Angebot, darunter Ingwer-Chili, Kaffee-Nuss, Apfel-Hanf, Mohn-Blaubeere, Johannisbeere-Schoko, Himbeer-Mandel und Masala-Curry. In der Weihnachtszeit hat sie außerdem Lebkuchen-Walnuss als saisonale Sorte verkauft. Noch in diesem Jahr will sie mit Sanddorn-Cashew und Cassis-Kakao noch zwei neue Varianten herausbringen. Auch über eine Gewürzsorte denkt sie nach, hat dafür schon mit Thymian und Rosmarin experimentiert.
Müsli lässt sich mit vielem kombinieren
Im Leben der Gründerin und Geschäftsführerin dreht sich alles um gebackenes Müsli. Das Geschmackserlebnis, die Vielfalt und Kombinationsmöglichkeiten begeistern sie. „Man kann es so variieren, dass es nie langweilig wird.“ Sie habe sowohl Kunden, die ihr Müsli zu einer Kugel Vanilleeis essen, als auch welche, die es als Beilage zu grünem Spargel und Tsatsiki bevorzugen. Müsli, so betont Anna-Sophie Stiegemann, sei nicht zwingend etwas für den Frühstückstisch. Sie selbst esse gar nicht so viel Müsli, und wenn, dann lieber nachmittags als Zwischenmahlzeit.
Alles ist Handarbeit und ohne Zusätze
Noch vor ein paar Jahren sei gebackenes Müsli in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern nicht sehr verbreitet gewesen. Mittlerweile sei jedoch ein regelrechter Boom um Porridge (Haferbrei) entstanden. „Es gibt schon sehr viele Anbieter“, sagt sie. Mit ihrem Feinkost-Müsli besetze sie aber eine Nische. Bei „HaferZeit“ wird noch alles in Handarbeit gefertigt. Es werden keine Zusatzstoffe verwendet, worauf sie besonders viel Wert legt. „Ich wollte etwas Gesundes und Abwechslungsreiches produzieren. Es gibt so viele Zusätze wie Palmöl und Aromen. Die braucht es im Müsli aber nicht und gehören meiner Meinung nach auch generell nicht in Lebensmittel.“ Die Zutaten bezieht Stiegemann so regional wie möglich. „Mir war wichtig, dass nichts aus China kommt.“ Die Haferflocken seien zum Beispiel ausschließlich aus der Lüneburger Heide. Darüber hinaus habe sie darauf achtgegeben, dass ihre Verpackungen nicht aus Plastik, sondern kompostierbar sind. „Das macht auch den höheren Preis aus.“
90 Kilogramm kommen in der Müslimanufaktur an einem normalen Produktionstag zusammen. Dabei werden die Zutaten zunächst nach einem bestimmten Rezept abgewogen, vermengt und „mariniert“. Wie genau das geschieht, soll Betriebsgeheimnis bleiben. Im Anschluss geht es in den Backofen. Nach etwa 35 Minuten bei 120 Grad Celsius ist das Knuspermüsli fertig, wird nach dem Abkühlen in Gläser, Eimer und Papiertüten abgefüllt und anschließend an die Kunden verschickt. Zu den Abnehmern größerer Mengen gehört die Hotellerie. Kunden können leere Gläser auch wieder zurückgeben oder umtauschen, sofern man eine andere Sorte ausprobieren möchte. Und wer direkt in das Geschäft kommt, kann eigene Gefäße mitbringen.
Seit knapp fünf Jahren ist Stiegemann selbstständig
Unterstützt wird Anna-Sophie Stiegemann bei der Produktion nur von Lilli Bahls, die aktuell ihr freiwilliges ökologisches Jahr absolviert. Außerdem hilft ihr Lebensgefährte bei der Buchhaltung. Vor vier Jahren ist Stiegemann nach Berlin-Friedrichshagen gezogen. Ursprünglich kommt Stiegemann aus Hessen. Bevor sie sich 2018 mit „Haferzeit“ selbstständig machte, studierte sie Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften, arbeitete unter anderem in einem großen Modeunternehmen, in der Redaktion der 3sat-Fernsehsendung „Kulturzeit“, in der Gastronomie und im Verkauf. Auf die Idee, Müsli herzustellen, kam sie während ihrer Elternzeit. „Essen hat bei mir in der Familie schon immer einen hohen Stellenwert gehabt“, erzählt sie.
Von 180 Rezepten blieben zwei Handvoll übrig
Zu Beginn habe sie 180 Rezepte ausprobiert, Müsli aus verschiedenen Ländern bestellt und gekostet. Im Laufe der Zeit entwickelte sie dann ihre eigenen Geschmackssorten. Ihre ungewöhnlichste Sorte Masala-Curry entstand jedoch durch einen Unfall. Einmal sie ihr in der Küche unbeabsichtigt eine Packung Currypulver ins Müsli gefallen. Dadurch habe sie entdeckt, dass die Kombination passt, wie sie berichtet. Die Basis ihres Müslis bildeten immer Haferflocken, Buchweizen und Leinsaat.
Um mit ihrem Unternehmen erfolgreich zu werden, habe sei einen langen Atem gebraucht. Anfangs produzierte sie noch in der Friedrichshagener Hofküche in der Scharnweberstraße. Dann erhielt sie 2020 das Angebot, sich mit ihrer Manufaktur in einem Neubau in der Lindenstraße 2-4 einzumieten. Inzwischen kommt sie dort mit der Produktion kaum noch hinterher.