Der Großbrand markiert den vorläufigen Höhepunkt eines schon länger andauernden Trends. Insbesondere in den vergangenen drei Jahren haben Hitze- und Dürreperioden zu zahlreichen – mitunter großen – Bränden in Brandenburgs Wäldern geführt – und sie somit extrem belastet und gezeichnet. Und auch in Zukunft wird der Klimawandel wohl für anhaltende Hitze und Trockenheit sorgen und so immer wieder auch zu Bränden führen.
"Es besteht jedoch die Chance, aus den vergangenen Ereignissen und ergriffenen Maßnahmen systematisch zu lernen, um zukünftig die Risiken zu reduzieren und die Erholungsfähigkeit von Waldökosystemen zu stärken", sagt Professor Pierre Ibisch von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE). Ibisch ist Leiter des kürzlich gestarteten Brandenburger Forschungsprojekts "Pyrophob" (der Begriff bedeutet feuerabweisend).
Aus Katastrophen lernen
Mit dem HNEE-Projekt soll die Entwicklung verbrannter Waldflächen bei Jüterbog und Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark) untersucht werden, um Lösungen für die Walderholung und Waldbrandvermeidung zu entwickeln. "Die Aufgabe, die Waldbewirtschaftung an den Klimawandel anzupassen, ist eine der zentralen Herausforderungen der Landnutzung", sagt Ibisch. Mit "Pyrophob" habe man nun die Möglichkeit, aus Waldbrandkatastrophen zu lernen. Sieben weitere Partner sind beteiligt: die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg, das Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde, die Naturwald Akademie, das Senckenberg Deutsche Entomologische Institut, die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg, das Thünen-Institut für Forstgenetik und die Universität Potsdam.
Im Untersuchungsgebiet, wo vor allem oder ausschließlich Kiefern auf trockenen und nährstoffarmen Standorten wachsen, sollen Daten zum Wasserhaushalt, Boden, Mikroklima und zur Entwicklung von Pilzen, Pflanzen und Tieren erhoben werden. "In Zeiten des Klimawandels könnte von entscheidender Bedeutung sein, welche Strukturen auf den Flächen Schatten und Kühlung spenden sowie Wasser zurückhalten, damit neue Bäume aufwachsen können – und zwar möglichst solche, die nicht so leicht brennen", erklärt HNEE-Projektkoordinatorin Jeanette Blumröder.
Auf den betroffenen Flächen rund um Treuenbrietzen, wo im Sommer 2018 etwa 334 Hektar Wald vernichtet wurden, zeigt sich inzwischen hier und da wieder zartes Grün. Dort wurden bereits erste forstliche Maßnahmen umgesetzt; verkohltes Restholz geräumt, Böden gepflügt und neue Bäume wie Pappeln oder Eichen gepflanzt. Neben den gesetzten Bäumchen haben sich auch winzige Kiefern selbst ausgesät. Und auch Birken siedelten sich unabhängig von Menschenhand bereits an.
Ein Großteil dieser Waldflächen sind in Privatbesitz. Der Kahlschlag nach dem Brand und die schnelle Wiederaufforstung sind für die Eigentümer finanziell wichtig. Anders ist es oft bei Wäldern, die nicht in Privatbesitz sind. Hier verfolgt man beim Waldumbau meist andere Ziele und setzt auf ein ökologisch orientiertes, artenreicheres und naturnahes Konzept.
Diesen Kurs verfolgt auch die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg, die ihre Waldbrandflächen im Wildnisgebiet auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Jüterbog als Vergleichsflächen für das Forschungsprojekt einbringt. Dort, wo es im vergangenen Jahr insgesamt auf über 1000 Hektar gebrannt hat, wird nun ganz und gar auf die heilende Kraft der Natur gesetzt. Die Wissenschaftler wollen wissen, welche Bäume dort wachsen werden. "Das Projekt bietet die einmalige Gelegenheit, zu beobachten, wie sich Waldbrandflächen in einem Wildnisgebiet ohne menschlichen Einfluss entwickeln, welche Arten sich dort kurz- und langfristig einstellen und auch wechselnde Klimabedingungen überdauern können", sagt Andreas Meißner, Geschäftsführer der Stiftung.
Der Kommentar zu Thema: Harriet Stürmer zu den Maßnahmen gegen Waldbrände.
Das Projekt "Pyrophob" soll nicht allein die Forschung voranbringen. Auch Bürger, Schüler, Experten, Praktiker und Entscheidungsträger sind angesprochen, sich mit den Gebieten und ihrer Brandgeschichte sowie deren ökosystemarer Entwicklung auseinanderzusetzen. Geplant ist es, verschiedene Veranstaltungen vor Ort zu organisieren, eine Fachtagung auszurichten und eine Webseite zum Projekt aufzusetzen, auf der gebündelt alle Informationen rund um "Pyrophob" veröffentlicht werden.
Darüber hinaus sollen auch die Studierenden der drei beteiligten brandenburgischen Hochschulen von den gewonnenen Erkenntnissen profitieren. Sie werden in Studiengängen wie zum Beispiel Forstwirtschaft an der HNEE, Landnutzung und Wasserbewirtschaftung an der BTU oder Ecology, Evolution and Conservation an der Universität Potsdam auf den Flächen erleben können, wie sich Waldbrandflächen entwickeln und welche Strategien wirksam sind.
Das auf fünf Jahre angelegte Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert. has