Ginge es nach Petra Lindner, könnte Tesla lieber heute als morgen im Wald bei Freienbrink zu produzieren beginnen. "Ich finde, dass die Region dieses Werk verdient", sagt die Frau aus Alt Buchhorst, die Montagvormittag in Grünheide unterwegs ist. Die lauter werdende Kritik an dem Vorhaben versteht sie nicht. Stattdessen hofft Petra Lindner auf einen Geldsegen für die Gemeinde, wenn Tesla in Grünheide Gewerbesteuern zahlt.
Steffen Schorcht aus Erkner-Karutzhöhe gehört zu denen, die da weit skeptischer sind. Deshalb ist er am Sonntag mit unterwegs gewesen, als Tesla-Kritiker einen Spaziergang durch den Wald unternahmen, in dem Tesla bauen will. Vor allem die Trinkwasserversorgung in der Region beschäftigt den Vorsitzenden des Ortsvereins Karutzhöhe und er warnt davor, dass sie gefährdet sein könnte, wenn Tesla wie vorgesehen langfristig auch selbst Wasser fördert. "Dafür müssen Lösungen gefunden werden", sagt Schorcht. "Wenn es sie nicht gibt, muss man an einem anderen Standort bauen."
Ähnlich sieht das Nadine Rothmaier, die Vorsitzende des Nabu Fürstenwalde. Auch sie spazierte mit. Sie habe nichts gegen E-Autos und nichts gegen Tesla, betont sie. Aber der Kiefernwald sei "der falsche Standort." Auch sie sorgt sich vor allem um die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, insbesondere die Wasserversorgung der nahen Naturschutzgebiete. In diesem Sommer gab es eine Debatte im Wasserverband Strausberg-Erkner darüber, wie die Wasserversorgung dieser Region in Zukunft gesichert werden kann. Der Verband verzeichnet eine steigende Abnahme, weil immer mehr Menschen zuziehen. Anderen Teilnehmern des Protestes ging es nach einem rbb-Bericht vor allem um die Ruhe am Wohnort und den Erhalt des Landschaftsbildes.
"Unterschiedliche Sichtweisen"
Friedhelm Schmitz-Jersch, Landesvorsitzender des Nabu in Brandenburg, spricht von "unterschiedlichen Sichtweisen" innerhalb des Landesverbandes. Der Nabu prüfe derzeit die Unterlagen für das Projekt. "Wir werden uns genau ansehen, ob die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden." Gegen den Standort hat er aber nichts grundsätzlich einzuwenden. Tesla werde entweder an diesem Ort bauen oder gar nicht in Brandenburg. "Die Politik sollte die Sorgen der Menschen vor Ort wirklich ernst nehmen," appelliert Schmitz-Jersch. Die Menschen wollten eine Sicherheit, dass sich ihre Wohn- und Lebensbedingungen nicht grundlegend änderten.
Wilhelm Schäkel, Mitglied des BUND-Landesvorstandes, bezeichnete es als "abstrus", Bäume zu fällen, so lange es noch keine Genehmigung für das Bauvorhaben gebe. Da es rechtlich zulässig ist, werde der BUND nicht versuchen die Rodung zu verhindern, sagte er. Bis Ende Februar muss gerodet werden. Das Genehmigungsverfahren läuft aber noch bis in den März.
Grünheides Bürgermeister Arne Christiani reagiert gelassen auf kritische Stimmen. "Das war zu erwarten", kommentiert er die gerade laufende Gründung einer Bürgerinitiative gegen die Fabrik, die für Sonnabend eine Protestaktion auf dem Grünheider Markt ankündigt. Er setzt auf Information. Tesla plant eine Infobox in Grünheide. Zu Details könne er zum Monatsende etwas sagen, kündigt Christiani an. Das Verfahren laufe mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach Recht und Gesetz, teilt die Staatskanzlei auf Nachfrage dieser Zeitung mit. Die geforderte Bürgerbeteiligung sei gewährleistet.
In sozialen Medien wurde die Nachricht von dem Protest mit etwa 50 Teilnehmern heftig kommentiert. Viele Schreiber verwiesen darauf, dass es sich um einen Wirtschaftswald handele und das Land die Arbeitsplätze brauche. Andere meinten, dass es das gute Recht der Bürger sei zu protestieren. Wer sich selbst ein Bild machen will – in Grünheide, Erkner, Spreenhagen und beim Landesumweltamt in Frankfurt liegen bis zum 4. Februar die Unterlagen aus. 75 Interessierte haben bis Montagmittag in Grünheide Einsicht genommen. In Erkner waren es etwa 30.
Was in der Umweltverträglichkeitsprüfung steht
Das Wasser für die Fabrik soll zunächst aus dem öffentlichen Trinkwassernetz entnommen werden. Tesla braucht den Unterlagen zufolge 372 Kubikmeter pro Stunde und führt 252 Kubikmeter pro Stunde Abwasser an die Kläranlage des Wasserverbandes Strausberg-Erkner ab. Die Differenz verdunstet bzw. wird recycelt. Zu einem späteren Zeitpunkt solle dann eine Versorgung über einen neu zu bohrenden Brunnen auf dem Gelände möglich sein. Teile des Standortes befinden sich in einem Wasserschutzgebiet.
Der Wald wird im Gutachten als großen teils naturferner Kiefernforst beschrieben. In einem ersten Schritt sollen 90 Hektar gefällt werden bis Ende Februar. Bei Bedarf sollen bis zu 154 Hektar gerodet werden können. Der Wald muss eins zu eins aufgeforstet werden. Zusätzlich soll Tesla auf weiteren 114 Hektar Waldumbau betreiben - also Laubbäume in Kiefernforste pflanzen.
Verkehr: 463 Lkw und sechs Züge sollen das Werk täglich mit Material versorgen und fertige Tesla der Modelle 3 und Y abtransportieren. red