Die Fragen und Antworten entstammen einer Telefonaktion mit Dr. Matthias Kretzschmar, Chefarzt der Kardiologie am Krankenhaus Eisenhüttenstadt und Dr. Alexander Wutzler, Chefarzt der Kardiologie am Klinikum Frankfurt (Oder).
Weiß man eigentlich, was das Vorhofflimmern auslösen kann?
Ja, es gibt Reize, sogenannte Trigger, die Vorhofflimmern auslösen können. Dazu gehört zu viel Alkohol, Schlafentzug, Stress, Rauchen sowie starker Koffeinkonsum. Diese Faktoren kann man sicher beeinflussen, aber das heißt nicht, dass dann Attacken gänzlich ausbleiben, wenn man alle Auslöser vermeidet. Die Erkrankung besteht meist auch unabhängig von den auslösenden Faktoren, und Episoden treten meist trotz Vermeidung der Auslöser auf.
Bei körperlicher Arbeit im Garten oder beim Radfahren habe ich häufig Herzrasen, der Puls geht schnell hoch, das Blutdruckmessgerät zeigt dann schon gar nichts mehr an. Bisher nehme ich keine Medikamente. Was sollte ich tun?
Es gibt unterschiedliche Arten von Herzrasen. Worum es sich handelt, das sollte man ärztlich abklären lassen. Nach Ihrer Schilderung kann es sich um ein Vorhofflimmern handeln, also eine Abweichung vom normalen Sinusrhythmus. Bei der Erkrankung „Vorhofflimmern“ unterscheidet man verschiedene Phasen. Zu Beginn der Erkrankung kommt es zu einem zeitweiligen Vorhofflimmern, das z. B. durch einen Auslöser wie Anstrengung oder Stress, hervorgerufen wird. Auch Herzerkrankungen, wie Klappenkrankheiten und hoher Blutdruck können dazu führen. Nach diesem Ereignis geht der Rhythmus spontan, also ohne ärztliche Maßnahmen, wieder in den „Normalbetrieb“, d. h. in den Sinusrhythmus zurück. Bei Ihnen könnten die körperliche Arbeit oder der Sport die Auslöser sein.

Elektrotherapie oder Medikamente helfen

In der zweiten Phase der Vorhofflimmer-Erkrankung treten die Störungen auf, können aber nur durch medizinisches Eingreifen, wie eine Elektrotherapie (die so genannte Elektrokardioversion) oder die Behandlung mit Medikamenten (medikamentöse Kardioversion) wieder in den Sinusrhythmus gebracht werden. In der dritten Phase führt ein medizinisches Eingreifen nicht mehr zum Erfolg, in diesem Falle muss man das Bestehen von Vorhofflimmern akzeptieren. Neben dem Vorhofflimmern gibt es andere Formen von Herzrasen.
Da Ihre Probleme bei Belastung auftreten, könnte Ihr Hausarzt ein Belastungs-EKG anordnen und/oder ein 24-Stunden EKG ). Gerade die Erstdiagnose eines Vorhofflimmerns bzw. ihre Abgrenzung (Differentialdiagnostik) von anderen Herzrhythmusstörungen ist manchmal langwierig und aufwendig, aber erforderlich, weil im Frühstadium alle Behandlungsmöglichkeiten noch offenstehen, grundsätzlich wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen, wie etwa die, ob eine Blutverdünnung nötig ist oder nicht, und ob eine rhythmussteuernde Medikation oder gar ein Kathetereingriff in die Wege geleitet werden sollten.
Seit Langem nehme ich Blutverdünner. Jetzt wurde mit einem EKG Vorhofflimmern festgestellt und daraufhin das Medikament umgestellt. Ich bekomme nun Xarelto. Seitdem ich das einnehme, ist mir aber schwindlig, was ich vorher nicht kannte. Was könnte ich dagegen tun?
Das Auftreten von Schwindel als Nebenwirkung von Xarelto wird als häufig beschrieben. Die gute Botschaft ist, dass es hier Alternativen gibt, auf die man ausweichen kann. Dabei muss man allerdings im Auge behalten, dass möglicherweise nicht (allein) das Medikament Xarelto als Ursache für den Schwindel in Frage kommt. Ihre Schilderung kann auch auf Symptome des (ja offenbar ebenfalls „neuen“, wir sagen erstdiagnostizierten) Vorhofflimmerns hindeuten, bei dem als Beispiel ein niedriger Puls bestehen und zu Schwindel führen kann.

Langzeit-EKG kann Klärung bringen

Ich empfehle, darüber mit dem Hausarzt zu reden, ein Langzeit-EKG sollte hier, insbesondere wenn das Schwindelgefühl anhaltend oder häufig besteht, die Klärung erbringen. Weisen die EKG-Methoden keine rhythmusbedingten Schwindelursachen aus, dann muss neben der Vermutung des Xarelto als Schwindelursache gegebenenfalls auch die weitere Schwindeldifferentialdiagnostik in die Wege geleitet werden.
Meine Frau bekommt gegen Ihre Herzrhythmusstörungen ein Medikament, das eigentlich gut hilft. Dieses hat allerdings eine Unterfunk­tion der Schilddrüse ausgelöst. Könnte Sie das Medikament trotzdem weiter nehmen? Eine andere Option wäre wohl eine Verödung, aber da soll die Erfolgsrate nur bei 70 Prozent liegen …
Wenn Herz- und die Schilddrüsenfunktion engmaschig überwacht werden, dann wäre eine weitere Einnahme des Medikaments möglich. Die Verödung sollten Sie aber auch in Erwägung ziehen, da man bedenken muss, dass in den 30 Prozent Misserfolgen auch solche Fälle enthalten sind, wo ein Jahr nach der Ablation einmalig für eine halbe Stunde Vorhofflimmern auftritt. Wenn das Vorhofflimmern vor der Ablation fast täglich aufgetreten ist, dann ist das doch als Erfolg zu werten, wenn es nun so viel seltener auftritt. Ob ein Medikament oder eine Ablation (oder beides) zum Einsatz kommt, ist letzlich immer eine individuelle Entscheidung.
Bei mir ist vor 15 Jahren Vorhofflimmern festgestellt worden. Mit den beiden Medikamenten, die ich seitdem nehme, war ich gut zurechtgekommen, seit Jahren habe ich kein Vorhofflimmern mehr gehabt. Kann man da nicht die Medikamente absetzen?
Auch wenn Sie aktuell kein Vorhofflimmern haben, sind Sie trotzdem schlaganfallgefährdet. Deshalb müssen Sie die Tabletten zur Antikoagulation („Blutverdünnung“) weiterhin einnehmen, da die Erkrankung Vorhofflimmern ja nicht geheilt ist. Und mit jedem Jahr, welches Sie älter werden, steigt die Gefahr, einen Schlaganfall zu erleiden, ein bisschen weiter an.
Wegen Vorhofflimmern wurde ich bereits mehrfach im Krankenhaus behandelt, nehme Medikamente. Jetzt habe ich richtige Schwächeanfälle. Auch die Blutdruckwerte schwanken sehr stark. Kann dies auch durch Stressfaktoren befördert worden sein, da ich seit Monaten in der Familie großen Kummer habe?
Tatsächlich können Kummer und Stress vegetative Symptome verursachen, dem einen „schlagen sie auf den Magen“, bei einem anderen führen sie etwa zu Herzklopfen und so weiter. Stark schwankende Blutdruckwerte können durchaus einmal damit zusammenhängen, wobei gewisse Schwankungen der Kreislaufparameter (Puls, Blutdruck) durchaus normal sind. Andererseits können diese Kreislaufreaktionen natürlich durch Krankheiten, wie Rhythmusstörungen, hohen Blutdruck usw. sowie Symptome, wie Belastungsluftnot, Schwächegefühl usw. überlagert sein, so dass es manchmal nicht einfach ist, zwischen seelisch verursachten Symptomen und Symptomen organischer Erkrankungen zu differenzieren.

Organische Ursache zuerst ausschließen

Die moderne Schulmedizin bietet hier für beide Aspekte Hilfe an, wobei wir gut daran tun, vor Festlegung auf den Kummer als Ursache Ihrer Schwächeanfälle, eine organische Ursache sicher auszuschließen. Wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihre Hausärztin, diese kennt Sie in der Regel von allen behandelnden Ärzten und Ärztinnen am besten und kann Diagnostik und Therapie in beide Richtungen koordinieren.
Ich messe jeden Tag mein Blutdruck und mein Messgerät zeigt sehr oft an, dass ich Herzrhythmusstörungen hätte. Nun weiß ich nicht, wie ich mich verhalten soll. Sollte ich den Hausarzt kontaktieren?
Ich würde Ihnen empfehlen, sich direkt bei einem Kardiologen vorzustellen. Der „Rhythmusalarm“ der gängigen Blutdruckmessgeräte zeigt relativ zuverlässig Unregelmäßigkeiten im Herzrhythmus an. Das muss nicht unbedingt eine behandlungsbedürftige Erkrankung sein, aber es ist wichtig, dass der Arzt herausfindet, ob wirklich eine Rhythmusstörung vorliegt und um welche Art der Herzrhythmusstörung es sich handelt. Ist es Vorhofflimmern, muss man unbedingt handeln, denn dann wären sie schlaganfallgefährdet.
Dr. Matthias Kretzschmar, Chefarzt der Kardiologie am Krankenhaus Eisenhüttenstadt
Dr. Matthias Kretzschmar, Chefarzt der Kardiologie am Krankenhaus Eisenhüttenstadt
© Foto: MOZ/Kerstin Macht
Ich bin 66 Jahre alt, normalgewichtig. Seit einiger Zeit bemerkte ich, dass ich beim Arbeiten im Garten oder beim Treppensteigen anfange zu schnaufen. Hinzu kommt häufiger leichter Schwindel und ein Rauschen im Ohr. Ein Langzeit-EKG im vergangenen Jahr erbrachte keinen Befund. Sollte ich noch abwarten?
Das Rauschen im Ohr könnte ein Hinweis auf einen hohen Blutdruck sein. Dass sie schnell außer Atem geraten, könnte auf eine geminderte Herzleistung hindeuten. Zudem ist ein einzelnes Langzeit-EKG nur eine Momentaufnahme und schließt Rhythmusstörungen, die nur alle paar Tage auftreten, nicht unbedingt aus. Ich würde Ihnen raten, den Blutdruck mal eine Woche lang morgens, mittags und abends zu messen.

Vor der Blutdruckmessung erst einmal entspannen

Setzen Sie sich dabei ruhig auf einen Stuhl und entspannen erst einmal fünf Minuten, ehe sie messen, damit die Werte nicht verfälscht werden. Schreiben Sie alle Werte auf und gehen Sie damit zu Ihrem Hausarzt. Er hat damit schon mal einen ganz guten Überblick und kann anhand der Werte entscheiden, ob weitere Untersuchungen (z. B. ein erneutes Langzeit-EKG) veranlasst werden müssen oder eine Therapie eingeleitet werden muss.
Ich bin 81 Jahre alt und hatte vor Kurzem meine zweite Ablation. Nach der ersten hatte ich vier Jahre Ruhe, ehe das Vorhofflimmern wieder auftrat. Jetzt war der Puls vier Wochen in Ordnung, dann schoss er wieder in die Höhe, dazu kam heftige Übelkeit und Erbrechen. Ist die Ablation missglückt?
Nein, davon würde ich erst einmal nicht ausgehen. Es ist gar nicht so selten, dass kurz nach einer Ablation (Verödung krankhafter Erregungsherde oder Leitungsbahnen am Herzen) noch Vorhofflimmern auftritt. Wir nennen das Frührezidiv. Innerhalb der ersten drei Monate muss man damit rechnen, da die Verödungsnarben, die mittels des Katheters gesetzt werden, Zeit brauchen, um abzuheilen. Haben Sie also noch ein bisschen Geduld. Bei Beschwerden sollten Sie sich natürlich beim Arzt oder im Krankenhaus vorstellen, aber einen Misserfolg der Ablation bedeuten solche Beschwerden kurz nach der Ablation noch nicht.
Vor einigen Monaten wurde bei mir Vorhofflimmern festgestellt. Eine Elektroschockbehandlung hat nicht geholfen. Jetzt hat der Kardiologe gesagt, dass es die Möglichkeit einer Ablation gäbe, aber angesichts meines Alters – ich bin 77 Jahre – wären die Erfolgsaussichten reduziert. Ist das wirklich so?
Das würde ich nicht so pessimistisch sehen. Auch mit 77 Jahren hat man gute Chancen, von der Ablation zu profitieren, wenn auch geringere Chancen als z. B. mit 57 Jahren.

Ablation muss häufig wiederholt werden

Allerdings muss man auch sagen, dass die Ablation von Vorhofflimmern (egal in welchem Alter) meist kein Einmalverfahren ist wie zum Beispiel einen Blinddarm herauszunehmen. Bei manchen Patienten muss die Verödung nur einmal vorgenommen werden und sie haben jahrelang Ruhe, bei anderen muss die Ablation z. T. mehrfach wiederholt werden, ehe das Vorhofflimmern beseitigt ist.
Ich hatte mehrere Ablationen, aber die Abstände, nach denen das Vorhofflimmern wieder auftrat, wurden nach jeder Behandlung kürzer. Gibt es eine Behandlungsmöglichkeit als Alternative?
Wenn die Ablation nicht den gewünschten Effekt bringt, wäre eine Behandlung mit Medikamenten möglich. Diese sind aber recht stark und haben entsprechende Nebenwirkungen, können aber insbesondere wenn sie mit der Ablation kombiniert werden, vielen Patienten die Beschwerden nehmen.
 Dr. Alexander Wutzler, Chefarzt der Kardiologie am Klinikum Frankfurt (Oder)
Dr. Alexander Wutzler, Chefarzt der Kardiologie am Klinikum Frankfurt (Oder)
© Foto: MOZ/Kerstin Macht
Mein Mann hat seit acht Jahren Vorhofflimmern, etwa viermal im Jahr. Wenn er es merkt, nimmt er ein Medikament, was dann auch hilft. Sollte er eine Ablation in Erwägung ziehen?
Ja, ich würde ihm dazu raten, wenn er Beschwerden durch das Vorhofflimmern hat. Die Erkrankung schreitet im Verborgenen weiter voran und irgendwann wird das Vorhofflimmern wahrscheinlich öfter auftreten und das Medikament vielleicht nicht mehr so gut wirken. Da Ihr Mann aber jetzt auf das Medikament gut anspricht, bestehen auch gute Chancen, dass die Ablation gut wirkt.
Ich bin 89 Jahre alt und habe vor vier Jahren einen Herzschrittmacher bekommen, weil ich mehrmals ohnmächtig war. Da ich noch an vielen anderen Erkrankungen leide, bin ich inzwischen lebensmüde. Kann man den Herzschrittmacher nicht einfach abschalten, damit ich in Ruhe gehen kann?
Es ist ein verbreiteter Trugschluss, dass ein Herzschrittmacher das Leben verlängert. Im Gegensatz zum Defibrillator hat der Herzschrittmacher meist nichts mit Ihrem Ableben zu tun. Meist verhindert der Herzschrittmacher Ohnmachtsanfälle oder Leistungsminderung, trägt also zur verbesserten Lebensqualität bei, ohne das Leben an sich zu verlängern. Fragen Sie doch einmal beim nächsten Kontrolltermin Ihren Kardiologen, wie oft der Schrittmacher in Aktion tritt. Sie könnten ihn natürlich ausschalten lassen, das ist Ihr gutes Recht, allerdings besteht dann die Gefahr, dass Sie wieder ohnmächtig werden und sich vielleicht so verletzen, dass es Ihnen noch viel schlechter geht als jetzt.