Ein Boom ohne Ende? Seit einigen Jahren erklimmen die Preise für Wohnraum fast schon verlässlich neue Rekordhöhen. Allein das knapp werdende Bauland verteuert sich seit 2018 jährlich zwischen 25 und 30 Prozent, berichtet Jürgen Kuse, der in Brandenburg dem Oberen Gutachterausschuss für Grundstückswerte vorsitzt, bei der Vorstellung des aktuellen Grundstücksmarktberichts. „Das ist nicht normal – auch nicht deutschlandweit. Das gibt es nur in unserer Region.“
Die Mark hole rasant nach, was in anderen Metropolregionen wie München und seinem Umland schon gang und gäbe sei, so Kuse. Stark gestiegene Baupreise, Zinserhöhung sowie die Inbetriebnahme des wachsenden Tesla-Werks in Grünheide würden sich laut Innenstaatssekretär Uwe Schüler (CDU) weiter auf die Immobilienpreise auswirken.
Bauen im Speckgürtel von Berlin wird teurer
Der gesamte märkische Grundstücksmarkt verzeichnete 2021 mit 10,1 Milliarden Euro saftige 27 Prozent mehr Umsätze als zum Vorjahr – während die Anzahl der gekauften Immobilien und Liegenschaften nur geringfügig um zwei Prozent angestiegen sind. Der Berliner Speckgürtel ist weiterhin populär. Im Umland der Hauptstadt sind Bauplätze für ein Einfamilienhaus im Schnitt dreieinhalbfach teurer als auf dem Land.
In Märkisch-Oderland zeigt sich der Unterschied am deutlichsten: Bauland für individuellen Wohnungsbau, das nah an Berlin liegt, kostete 2021 durchschnittlich 366 Euro pro Quadratmeter. In Richtung Oderbruch waren es 84 Euro pro Quadratmeter. Potsdam ist mit 621 Euro pro Quadratmeter Spitzenreiter – im Durchschnitt. „Wir sehen mittlerweile Spitzenwerte bei den Bauland-Verkäufen in Potsdam um die 2000 Euro für den Quadratmeter“, berichtet Kuse, der im gleichen Atemzug einen Fall in Hohen Neuendorf in Oberhavel mit 1600 Euro Quadratmeterpreis beziffert. Meist befinden sich die Grundstücke in Wassernähe oder sind Villenstandorte. „Für Brandenburg sind das gewaltige Summen.“
Preise für Bauland in der Peripherie ebenfalls gestiegen
Wer Hoffnung auf die Peripherie hegt, muss diese dämpfen. Auch dort ist der Erwerb von Bauland nicht mehr unbedingt günstig. Hier hat sich der Quadratmeterpreis mit 102 Euro um 26 Prozent verteuert – er liegt aber in den Landkreisen der Lausitz sowie im Norden in Prignitz und Uckermark noch durchschnittlich im zweistelligen Bereich. Innenstaatssekretär Schüler vermutet, dass die Teuerung auch mit den Pandemiejahren zusammenhänge. Durch mobiles Arbeiten oder Homeoffice sei der Arbeitsort flexibler geworden, sodass die fehlende Anbindung an Berlin per Bahn oder Straße nicht mehr zwingend abschrecke.
Haus kaufen in Brandenburg wird immer mehr zum Luxus
Wer statt bauen lieber günstig kaufen möchte, wird noch im Nordwesten Brandenburgs, in der Prignitz, oder im Süden in Elbe-Elster mit Kaufpreisen weiter unter 150.000 Euro gerade so fündig. Denn durchschnittlich kostete ein Einfamilienhaus 2021 mit 360.000 Euro etwa 16 Prozent mehr als noch 2020 – in Einzelfällen zeigen sich dabei massive Ausschläge nach oben. Im beliebten Kleinmachnow kletterte der Kaufpreis vereinzelt über eine Million, im Speckgürtel fällt im Durchschnitt eine halbe Million Euro an.
„Kann sich das ein Normalverdiener noch leisten? Nein, natürlich nicht. Das ist aber woanders auch so“, sagt Kuse. Für die immer beliebter werdenden Reihenhäuser und Doppelhaushälften haben sich die Kaufpreise um satte 43 Prozent erhöht.
In Brandenburg boomen Eigentumswohnungen
Zudem zeigt sich ein neuer Trend: Eigentumswohnungen sind in Brandenburg im Kommen. 2021 sind Kaufverträge in diesem Segment um 65 Prozent gestiegen. „Wohnungseigentum ist in der Fläche angekommen“, befindet Kuse, der ein Heranrücken an Berliner Preise beobachtet. Am günstigsten sind Eigentumswohnungen im städtischen Raum noch in Frankfurt (Oder) mit 2612 Euro pro Quadratmeter und in Cottbus mit 3178 Euro pro Quadratmeter.
Geht dieser Trend nun immer so weiter? Werden sich in Brandenburg immer weniger Eigentum leisten können? Für das erste Halbjahr 2022 liegen noch nicht alle Daten vor. Doch schon jetzt ließe sich beobachten, dass die Käufe um 15 bis 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sind. Kuse vermutet, dies habe mit verschiedenen wirtschaftlichen Faktoren zu tun: Zinsveränderung sowie das aktuelle politische Weltgeschehen, die einige zum Abwarten bewegt. Die Preise seien 2022 bislang nur leicht gestiegen, „aber sie erreichen nicht mehr die Dynamik, wie wir sie im Jahr 2021 gesehen haben.“ Das könnte sich im zweiten Halbjahr fortsetzen oder „sich ganz schlagartig wieder ändern.“ Eindeutige Prognosen seien nicht möglich. Hoffnungen auf einen Fall der Preise kann Jürgen Kuse für dieses Jahr jedoch definitiv nicht wecken.
Weiteres rund um das Thema Immobilien gibt es auf unserer Themenseite.