Bauen verteuert sich weiter. Gegenüber dem ifo Institut für Wirtschaftsforschung klagten im April 12,1 Prozent der Firmen im ostdeutschen Baugewerbe, dass Aufträge storniert wurden. Dies knüpft an die Zahlen aus dem Vorjahr an. „Stornierungen von öffentlichen Projekten oder Verschiebungen in der Planung seitens des Auftraggebers sind Gift für den Markt und für den Abbau des öffentlichen Investitionsstaus nicht zuträglich“, analysiert Robert Momberg, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost. Die Gründe für die rasant gestiegenen Kosten sind bekannt: Lieferkettenprobleme, Inflation, gestiegene Zinsen und teurere Rohstoffpreise. Von Bitumen bis Zement sind die Baumaterialpreise 2022 teilweise um ein Drittel angestiegen, laut Daten des Verbands.

Aufträge für Bau-Unternehmen gehen zurück

Die verhaltene Auftragslage schlägt bei den Bau-Unternehmen im Osten und Süden Brandenburgs massiv auf die Stimmung – das ergibt die aktuelle Konjunkturumfrage der regionalen Industrie- und Handelskammern. Sowohl in der Lausitz als auch im östlichen Brandenburg überwiegt Skepsis gegenüber der Zukunft. Nicht nur öffentliche, sondern auch private Eigenheimbauer zögerten und ziehen teilweise ihre Aufträge zurück. Im Süden erwarten 39 Prozent der Bau-Unternehmen, dass sich ihre Lage verschlechtern wird. Im Osten sind es 29,4 Prozent – der Großteil (70,6 Prozent) rechnet immerhin damit, dass die Geschäfte in etwa gleich bleiben.
Und jene Unternehmen, die sich über eine gute Auftragslage freuen können, stehen noch immer vor der Herausforderung des Fachkräftemangels. „Da wir seit Jahren keine neuen Mitarbeiter mehr finden, müssen wir Aufträge ablehnen“, klagt ein Unternehmer gegenüber der IHK Cottbus. Mittlerweile schlagen sich die negativen Konjunkturerwartungen in den Stellenausschreibungen für den Bau nieder: Laut Daten der IHK Ostbrandenburg plant nur noch ein Bruchteil der Firmen, neue Mitarbeiter einzustellen, knapp 41 Prozent verfolgen die Absicht, Stellen abzubauen. Dies liege einerseits an gestiegenen Arbeitskosten, andererseits bremse der anhaltende Mangel an Fachkräften die Motivation, einzustellen.

Lausitzer Industrie ist optimistisch

Der Dämpfer bei Neueinstellungen beschränkt sich nicht nur auf das Baugewerbe. In vielen Branchen stagnieren die Beschäftigungspläne. Immerhin planen 72 Prozent der Firmen in der Lausitz, ihren Personalstand zu halten. Die schwierige Situation von Bau-Unternehmen strahlt auf Sektoren aus, die noch verhältnismäßig gut zurechtkommen, etwa die Industrie. In der Lausitz freuen sich industrielle Unternehmen über stabile Absätze und blicken verhalten optimistisch in die nahe Zukunft, doch der Rückgang in der Bauwirtschaft wird als ein Negativfaktor benannt. Regelrecht gute Laune haben Gastronomen und Hoteliers. Laut der IHK Cottbus rechnen 34 Prozent mit besseren Geschäften.

Industrie im Osten beobachtet schlechtere Geschäftslage

Soviel zu den Zukunftserwartungen. Die Gegenwart wird in den verschiedenen Regionen Brandenburgs unterschiedlich wahrgenommen. In Südbrandenburg verlaufen die Geschäfte aktuell noch stabil bis gut – auch in der Baubranche, die noch von alten Aufträgen profitierte. Im Osten verhält es sich etwas anders. Zwar atmen deutlich mehr Unternehmen laut Befragungen der IHK Ostbrandenburg auf, gleichzeitig berichten immer mehr Betriebe von einer schlechteren Lage. Dies schlägt sich besonders in der ostbrandenburgischen Industrie nieder – ganz im Gegensatz zur Lausitz, die bei industriellen Investoren aktuell beliebter ist.
Ein gutes Drittel klagt im Osten Brandenburgs über schlechtere Geschäfte. Dieses Lagebild in der Industrie hat die zuständige Kammer zuletzt zur Finanzkrise 2008 und 2009 wahrgenommen. Das überrascht, da das Land Brandenburg für das Jahr 2022 Rekordinvestitionen verzeichnete – zu großen Teilen im industriellen Sektor. „Da sich die Industrie in der Vergangenheit vielfach als Konjunkturmotor erwiesen hat, ist zu befürchten, dass der Ausfall dieses Motors auch in anderen Branchen Spuren hinterlassen wird“, resümiert die Analyse der IHK Ostbrandenburg.