Immer wieder klingt an diesem Abend an, wie viel Beharrlichkeit nötig war, um dieses sperrige Thema ins Rampenlicht zu bringen: "Vor Jahren hat sich kaum jemand darum gekümmert", räumt Gerrit Große (Die Linke) ein, Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport des Landtags. Sie spricht über die Nachlässe regionaler Künstlerinnen und Künstler.
Wie wichtig diese für das kulturelle Erbe des Landes sind, predigen Liane Burkhardt und Thomas Kumlehn seit vielen Jahren. 2011 riefen sie die Initiative "Private Künstlernachlässe im Land Brandenburg" ins Leben. Nun zeigt die am Dienstagabend eröffnete Ausstellung "Sichtbares Erbe = Geteiltes Erbe" im Foyer des Landtags in Potsdam, woran der 2015 gegründete Verein arbeitet.
Bilder dicht an dicht
Auf Holzrahmen gespannte Banner geben Einblicke in sogenannte Bewahrungssituationen. Sie zeigen, wie Werke von Künstlern gelagert werden. Teilweise befinden sie sich noch in Ateliers, teilweise stehen unzählige Leinwände nebeneinander in Regalen, liegen gerahmte Bilder übereinander oder hängen dicht an dicht an der Wand. Deutlich wird: Kunst braucht Platz. Und: Wenn Künstler sterben, muss häufig erst einmal Ordnung in den Nachlass gebracht werden. Dabei unterstützt der Verein die privaten Nachlasshalter: Freunde oder Verwandte, Partner, die vor dem Erbe stehen und es ordnen und dokumentieren wollen.
Die Kunsthistorikerin Liane Burkhardt und der Kulturwissenschaftler und Kurator Thomas Kumlehn haben dafür den "Mobilen-Nachlass-Service" gegründet und in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftshistoriker und Programmierer, Daniel Burckhardt, dem Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) und der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) eine Datenbank und ein Erfassungsformular entwickelt. Mit beidem können auch Laien umgehen.
In Brandenburg und Berlin arbeiten auch einige Künstlerinnen selbst daran, zu Lebzeiten Verzeichnisse ihrer Arbeiten zu erstellen – darunter die diesjährige Gewinnerin des Brandenburgischen Kunstpreises in der Kategorie Plastik, Liz Mields-Kratochwil.
Einige starten zu Lebzeiten
In ihrer Rede zur Ausstellungseröffnung bezeichnet Gerrit Große den Mobilen-Nachlass-Service als "unglaublich gutes Instrument." Die Kunsthistorikerin Dorothee Haffner, Professorin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, bezeichnet die Initiative als "gelungenes Beispiel für bürgerschaftliches Engagement". Lange wurden die Aktivitäten ehrenamtlich betrieben – und werden seit zwei Jahren finanziell vom Land unterstützt. Die dezentrale, digitale Erfassung von Werkverzeichnissen sei ein kluges, zukunftsweisendes Konzept, an dem sich inzwischen auch andere Bundesländer, etwa Niedersachsen und Sachsen, orientieren, betont Haffner.
Liane Burkhardt und Thomas Kumlehn wollen die zunehmende Öffnung für das Thema nutzen, für ihre Vision eines "Kernbestandsdepots" zu werben. In einem solchen Depot sollen ausgewählte Werke regionaler Künstler bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Im Laufe des Sommers werden noch mehrere Werkverzeichnisse online gehen – darunter das des Treuenbrietzener Künstlers Walter Lauche (1939–2010). Die zugehörige Ausstellung in der "Galerie Gute Stube" des Potsdamer Kunstvereins läuft vom 6. Juli bis zum 7. Oktober.
Die Schautafeln zum Thema private Künstlernachlässe, die auch den Mobilen-Nachlass-Service erklären, sind bis Ende September im Landtag zu sehen, anschließend soll die Schau auf Reisen durch Brandenburg gehen.
Die Ausstellung im Foyer des Landtages in Potsdam ist bis 26.9. Mo bis Fr von 8 bis 18 Uhr geöffnet; Führung am 9. Juli, 14 Uhr, Anmeldung unter 01573/2644646, www.private-kuenstlernachlaesse-brandenburg.de