Canoafolk, Grasslander Ngote, Ginga Brasil & Furiosa: Bei echten Fans des Karnevals der Kulturen in Berlin schlagen bei diesen Namen die Herzen gleich wieder im Takt: Diese und noch ein paar mehr Tanzgruppen werden am Pfingstsonntag in Berlin endlich wieder ihr Können zeigen.
Allerdings nicht auf den Kreuzberger Straßen, sondern auf dem weitläufigen Gelände der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg. Im Vergleich zu der Massenveranstaltung mit hunderttausenden von Besuchern in der Vor-Corona-Zeit wird es dennoch ein kleines Fest werden. „Aber die Akteure wollen natürlich was machen und sich zeigen. Zweieinhalb Jahre in der Versenkung zu verschwinden, war für viele sehr hart“, sagt Karnevals-Sprecherin Christiane Dramé.
Kein Eintritt, keine Zugangsbeschränkungen
Zu dem Open-Air-Event mit rund zehn Karnevalsgruppen ist jeder eingeladen. Es wird kein Eintritt verlangt und auch sonst keine Corona-Zugangsbeschränkungen geben, so Dramé. Dafür reichlich Musik, Tanz und Essen. „Der Streetfoodmarkt, der auch so regelmäßig sonntags in der Kulturbrauerei stattfindet, wird dabei erweitert“, erklärt die Sprecherin. Die Veranstalter des Marktes mit Spezialitäten aus verschiedenen Kulturen hatten in der Vergangenheit auch das Catering für das viertägige Straßenfest des Karnevals auf dem Kreuzberger Blücherplatz organisiert.
Die Auftritte der verschiedenen Gruppen, die unter anderem zu traditioneller kolumbianischer Karibikmusik, indischen Klängen oder brasilianischen Rhythmen die Hüften schwingen und dabei oftmals selbstgeschneiderte Kostüme präsentieren, finden in den Höfen und auf der Open-Air-Bühne des Frannz Biergarten statt.
Traditionell haben die Vorführungen häufig nicht nur eine kulturelle, sondern auch politische und gesellschaftskritische Botschaften. So setzen sich die Gruppe „Ginga Brasil & Banda Furiosa“ unter anderem mit Tanz, Akrobatik, Gesang und Live-Percussion mit der „Erhaltung des Amazonas und seiner Vielfalt an Fauna und Flora“ auseinander.
Mehrere Veranstaltungen über die Stadt verteilt
Das Karnevals-Fest am Pfingstsonntag in der Zeit von 12 bis 20 Uhr ist aber nur ein Programm-Punkt des Karnevals der Kulturen, der in diesem Jahr in der Stadt an verschiedenen Orten die „Funken sprühen“ lassen will.
So wird unter anderem die Umzugsgruppe CRAS ab sofort an jedem ersten Sonnabend im Monat den Carneval Crelle veranstalten. Von 17 Uhr bis 18 Uhr zieht dann die Gruppe zu afro-südamerikanischen Rhythmen aus Uruguay und Brasilien gemeinsam mit der Umzugsgruppe Marafoxe Nação Nagô und weiteren Freunden durch die Crellestraße in Schöneberg. Start der Veranstaltungsreihe ist an diesem Pfingstsonnabend.
Tag der Offenen Tür im Haus des Karnevals
Am Sonntag, dem 12. Juni, soll es dann einen Tag der offenen Tür im Haus des Karnevals in Marzahn geben. In dem Backsteinbau im Industriegebiet an der Wolfener Straße in der Nähe des S-Bahnhofs Mehrower Allee haben die verschiedenen Gruppen ihre Proberäume und Werkstätten, in denen sie ihre Kostüme und sonstigen Auftritts-Utensilien fertigen und lagern.
Dort ist auch das Karnevalsbüro beheimatet, in dem nach Weggang der langjährigen Leiterin Nadja Mau nun gleich ein Dreier-Frauen-Gespann den Hut auf hat. Neben der langjährigen Mitarbeiterin und Tanz-Gruppenverantwortlichen Stefanie Schatte sind Geraldine Hepp und Aissatou Binger in das Team dazu gestoßen. Hepp, die internationale Kunst und Kulturmanagement studiert hat, arbeitete in den letzten zehn Jahren in Kenia, Brasilien, Indien und den USA, nennt Berlin aber seit 2004 Wahlheimat. Binger, studierte Ethnologin und ebenfalls erfahren in der Kultur- und Bildungsarbeit, ist gebürtige Berlinerin und als Kuratorin der Black Atlantica Bühne des Straßenfests und ehemaliges Beiratsmitglied schon länger mit dem Karneval der Kulturen verbunden.
Die Organisatorinnen planen bis in den Spätsommer noch weitere kleine Veranstaltungen mit Musikgruppen und Anwohnern. Ein Höhepunkt sollen auf jeden Fall auch Karnevalsauftritte zur Fête de la Musique am 21. Juni im Park am Gleisdreieck (14 Uhr bis 21 Uhr) in Kreuzberg sein. Das Programm wird derzeit immer wieder aktualisiert und unter www.karneval.berlin veröffentlicht.
Veranstalter planen schon für 2023
Für einen großen Straßenumzug brauchen die Akteure dagegen einen monatelangen Planungsvorlauf. Hinter den Kulissen wird derzeit deshalb schon beraten, wie dieser 2023 aussehen könnte.
Dabei wollen die Veranstalter die dreijährige Zwangspause auch nutzen, neue, zeitgemäße Konzepte zu entwickeln. „Der Karneval ist ja eine Veranstaltung aus den 90er-Jahren, die irgendwann an ihrem eigenen Erfolg krankte“, erklärt Dramé. Eine Massenveranstaltung mit teilweise über einer Million Partygästen, die viel Müll hinterlassen und die die Anwohner verärgern, soll eine Neuauflage deshalb nicht werden. „Wichtig ist, dass der Karneval der Kulturen seinen ursprünglichen Charakter als Veranstaltung gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus behält“, betont die Sprecherin. „Daran wird hinter den Kulissen schon jetzt fleißig gearbeitet.“