Es sind nur noch wenige Wochen bis zum 10. September – das Fristende für die Treuhandverwaltung der deutschen Tochterunternehmen des russischen Energiekonzerns Rosneft. Von der PCK-Raffinerie in Schwedt gehört Rosneft 54 Prozent. Als Treuhänderin ist aktuell die Bundesnetzagentur eingesetzt. Nun verkündete die Behörde am 14. August, einen weiteren Geschäftsführer bestellt zu haben. Bislang führte Johannes Bremer die deutschen Rosneft-Unternehmen allein. Fortan soll sich Udo Giegerich als zweiter Geschäftsführer insbesondere um das Ressort Finanzen kümmern.
„Damit besteht die Geschäftsführung wieder wie vor Anordnung der Treuhand aus zwei Geschäftsführern“, heißt es in der Pressemitteilung der Bundesnetzagentur. Bis zum 13. September verantwortete Andrey Kislitsyn die finanziellen Entscheidungen bei Rosneft. Weiterer Geschäftsführer war Jörg Tumat. Johannes Bremer war vor seiner Bestellung zum neuen Geschäftsführer für die Raffinerien bei Rosneft zuständig.

Neuer Co-Chef für Erfahrung im Energiebereich gelobt

Laut Bundesnetzagentur habe man mehrere Monate nach einem geeigneten Kandidaten gesucht. In der Mitteilung wird der neue Co-Chef Giegerich, ein Wirtschaftsmathematiker, als ausgewiesener Finanzexperte gelobt, der zunächst als Unternehmensberater und später als Finanzchef (CFO) tätig war sowie über umfangreiche Branchenkenntnisse im Bereich Energieversorgung verfüge.
Laut einem Profil des Finance Magazins arbeitete der 52-Jährige unter anderem für den Öl- und Gaskonzern OMV in Österreich, war CFO beim Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz sowie dem Energieversorgungsunternehmen Uniper tätig. Zuletzt führte Giegerich für das luxemburgische Immobilienunternehmen Corestate die Geschäfte im finanziellen Bereich. Im November 2022 berichtete das Manager Magazin von einer Klage, die Giegerich gegen Corestate eingereicht habe – die Firma soll zu diesem Zeitpunkt mit einer möglichen Insolvenz gekämpft haben. Im Mai hat Giegerich Corestate auf eigenen Wunsch verlassen, hieß es in einer firmeneigenen Mitteilung.

Bund könnte Treuhandverwaltung über Rosneft verlängern

Welche Bedeutung aber hat die Berufung eines zweiten Geschäftsführers so kurz vor offiziellem Fristende der Treuhandverwaltung – könnte diese noch einmal verlängert werden? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bestätigte zuletzt auf Nachfrage, dass dies prinzipiell möglich wäre. Jedoch könnte man derzeit noch keine Details nennen, inwieweit dieser Schritt erwogen werde, sagte eine Sprecherin des BMWK auf Anfrage. Man sei über das weitere Vorgehen bei den Strukturen von Rosneft Deutschland noch in Gesprächen.*
Wiederum hat der Bund erst im Frühsommer die gesetzlichen Weichen dafür gestellt, die Vermögensanteile der deutschen Rosneft-Töchter an ein anderen Unternehmen übertragen zu können. Doch wer mit wem verhandelt und wann eine Entscheidung fallen könnte – darüber gibt es bisher keine gesicherten Informationen.
Der Bundestagsabgeordnete Christian Görke (Linke), der die Geschehnisse rund um die PCK-Raffinerie eng begleitet, versteht die Bestellung eines zweiten Geschäftsführers durch die Bundesnetzagentur als Treuhänderin als Hinweis: „Warum nun ein zusätzlicher, hoch dotierter Geschäftsführer eingesetzt werden soll, erschließt sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht. Außer, man bereitet ein langfristiges Engagement und die Anteilübernahme durch den Bund vor. Zumindest wäre das mal eine gute Nachricht.“ Brandenburgs Ex-Finanzminister spricht sich schon seit längerer Zeit für einen staatlichen Einstieg in die PCK-Raffinerie aus.
Jens Koeppen (CDU), Bundestagsabgeordneter für die Uckermark, fordert von der Bundesregierung professionelles Handeln und „nicht ein weiteres Herumdoktern an der Geschäftsführung.“ Ihm fehle nach wie vor eine klare Perspektive, auf die der Standort aufbauen könne. Die vom BMWK, der Potsdamer Staatskanzlei und dem Schwedter Rathaus ausgehende Stille verheiße nichts Gutes. „Die gegenwärtige Situation gefährdet zunehmend die wirtschaftliche Grundlage einer der erfolgreichsten Raffinerien Europas. Daran ändert auch ein zusätzlicher Geschäftsführer als CFO nichts, auch wenn er ein ausgewiesener Finanzexperte ist. PCK braucht keine neue Finanzbuchhaltung, sondern einen Plan, sonst sind nicht nur die Geschäftsführer in Schwedt abkömmlich.“
*Die Antwort des BMWK wurde nachträglich zum Beitrag hinzugefügt.