Es sind Sommerferien – doch nicht alle Schüler wollen nur abhängen. Weil ihnen ihr Schülerbetriebspraktikum in der 9. Klasse zugesagt hat, arbeitet mancher gerade im Praktikumsbetrieb. Für Firmen ist es ein Idealfall, wenn ein Jugendlicher später auch noch eine Ausbildung bei ihnen beginnt.
Bei Christina Bernhardt war dies so. Nach zwei Schülerbetriebspraktika bei Nowka+Forster in Müllrose (Oder-Spree) und einem zusätzlichen Praktikum begann sie nach dem Abitur 2003 ihre Ausbildung zur Fachkraft für Licht- und Schilderreklame. „Ich wusste genau, was ich machen wollte“, beschreibt sie einen großen Vorteil. Heute betreut die Abteilungsleiterin selbst Schüler in Praktika oder Projektwochen.

Bei Nowka+Forster können Schüler in viele Bereiche hineinschnuppern

In dem mittelständischen Familienbetrieb, dessen Produktpalette von Verkehrstechnik, über Beschilderung und Leuchtwerbung bis Digitaldruck reicht, werden Oberschüler und Gymnasiasten eingesetzt, wo immer möglich, „damit sie sehen, wie vielseitig wir sind“, nennt Geschäftsführerin und Ausbilderin Anne Nowka-Schmidt einen Grund. Auftragsvorbereitung, Produktion, mit den Monteuren auch mal raus auf die Baustellen fahren und beim Verkabeln von LEDs helfen – vieles ist möglich.
Ein Schülerbetriebspraktikum soll wichtige Einblicke in die Berufs- und Arbeitswelt sowie deren soziale Strukturen geben. Betriebe seien dazu da zu zeigen, „wie digital, jobsicher und vor allem sinnstiftend Berufe sind“, betonte Ron Zithier, Vorstandsmitglied der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) Region Ostbrandenburg, kürzlich während einer Veranstaltung mit Schulen und Unternehmen.

Berufswahlpass begleitet durch berufliche Orientierung

Ein Begleiter in der Phase der beruflichen Orientierung ist für Schüler und deren Eltern der Berufswahlpass ab der 7. Klasse. In der Regel findet sich darin eine Übersicht, mit welchen Betrieben und Einrichtungen die Schule zusammenarbeitet. Kümmern müssen sich Schüler und Eltern selbst um einen Praktikumsplatz. Das geht aus der Verwaltungsvorschrift Berufs- und Studienorientierung hervor. „Die Eigeninitiative der Schülerinnen und Schüler ist bei der selbstständigen Praktikumssuche und bei der Bewerbung essenzieller Bestandteil des Berufswahlprozesses und des Übergangs ins Arbeitsleben“, teilt das Brandenburger Bildungsministerium auf Nachfrage mit.
Dass Schüler zu Nowka+Forster kommen, ist immer ein bisschen Zufall oder durch die Schulen gelenkt: Es wäre gut, wenn der Tag des offenen Unternehmens stattfinden würde, bevor sich Schüler für ein Schulpraktikum entscheiden müssen, findet Anne Nowka-Schmidt. „Die Augen sind groß, wenn sie durch die Produktionshalle laufen und sehen, was wir alles fertigen.“ Mit solch einem Einblick würden sich wohl mehr Schüler für diesen Praktikumsbetrieb entscheiden.

Schule und Berufsberater helfen im Notfall beim Finden eines Praktikumsplatzes

Dass es in einem Flächenland wie Brandenburg Regionen gibt, in denen es schwerer fällt, eine Firma oder Einrichtung zu finden, ist dem Bildungsministerium bewusst. „Es liegt die Vermutung nahe, dass gerade die zurückliegenden zwei Jahre – geprägt durch die Corona-Pandemie – regional und branchenspezifisch unterschiedlich zu Veränderungen aufseiten der Betriebe und Einrichtungen geführt haben“, erklärt ein Sprecher.
Dies werde statistisch nicht erfasst. Schüler würden aber nicht allein gelassen: Sie können sich nicht nur an den Klassenlehrer, die WAT-Lehrkraft oder den Koordinator für das Schülerbetriebspraktikum wenden, auch die Berufsberater der Arbeitsagenturen stünden helfend und beratend zur Seite. Daneben gibt es verschiedene Publikationen und Online-Angebote (siehe Info-Kasten).

Ausbilder ermuntern, Fragen zu stellen

Christina Bernhardt und Anne Nowka-Schmidt finden, Eltern und Schule sollten die Jugendlichen mental besser auf das Praktikum vorbereiten. Die meisten ihrer Schülerpraktikanten würden angespannt und still wie „Mäuschen“ sein. „Eltern sollten ihre Kinder auch ermutigen, nach weiteren Praktika zu fragen, wenn es dem Jugendlichen sehr gut gefallen hat“, sagt Geschäftsführerin Nowka-Schmidt.
Überhaupt sollten Eltern zu Hause über die Arbeitswelt und eigene Berufserfahrungen erzählen, um Kinder neugierig zu machen, heißt es immer wieder. Auch der Berufswahlpass enthält Checklisten für Eltern: Gespräche zum Ablauf und Inhalt des Praktikums, dem Arbeitsklima und Erfahrungen werden darin vorgeschlagen.

Lehrlinge werden unterstützt

Schüler werden für Praktika nicht entlohnt. Bei Nowka+Forster gibt es aber kleine Motivations-Dankeschöns: Folienbuchstaben dürfen ausgesucht oder ein kleines Bild ausgedruckt werden. Eine Schülerin hat kürzlich so überzeugt, dass sie doch ein kleines Taschengeld erhielt. Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass es Nowka+Forster in den vergangenen Jahren nicht gelang, Schülerpraktikanten von einer Ausbildung zu überzeugen. Der letzte „Traumpraktikant“ ging zur Bundespolizei. „Wir würden Lehrlinge auch bei den Fahrten zur Berufsschule unterstützen und haben Lehrlinge immer übernommen“, betont die Geschäftsführerin.

Beim WAZ war jeder Lehrling zuerst Praktikant

Beim Wasser- und Abwasserzweckverband WAZ Seelow kennt man solche Brüche nicht. „Wir stellen jedes Jahr ein bis zwei Auszubildende ein. Alle haben vorher bei uns auch ein oder zwei Schulpraktika absolviert“, bestätigt Verbandsvorsteher Henry Zinke. Bisher wenden sich die Schulen an den Verband. „Wir selbst möchten jedoch zukünftig selbst auf die Schulen zugehen, um dort Interesse für Wasser- und Abwasserwirtschaft zu wecken“, sagt Zinke. Der Verband hat jährlich drei bis fünf Schülerpraktikanten. „Jeder kennt hier jeden. Da werden dann mal Hinweise gegeben, dass bei uns ein Praktikum möglich ist“, weiß Jörg Kirschnik, Meister Bereich Abwasser.

Schüler bekommen Einblick in Wasser- und Abwassertechnik

„Wir erläutern den Schülern die Arbeit des Wasserverbandes. Sie lernen das Rohrnetz und Druckerhöhungsstationen kennen“, beschreibt Ronny Haase, stellvertretender Meister Bereich Trinkwasser. Im Bereich Abwasser werden Schüler mit der Kläranlage vertraut gemacht; im Labor können sie mit dem Mikroskop Untersuchungen vornehmen. „Oder sie begleiten Kollegen draußen bei der Fehlersuche im Kanalnetz“, erklärt Jörg Kirschnik. So könnten die praktischen Fertigkeiten der Schüler beobachtet werden, wird nach schulischen Leistungen gefragt. Kirschnik sagt, eine offene Art und Weise seien wichtig, „weil wir hier alles Teamarbeitsplätze haben.“

Ehemalige Azubis kehren in den Betrieb zurück

Wenn Schüler feststellen, dass ihre Stärken und Interessen zum Berufsfeld passen oder auch nicht übereinstimmen, wenn sie Wissen und Fertigkeiten aus Alltag und Unterricht anwenden können oder Defizite feststellen, ist viel erreicht. Was die Betreuer beim WAZ Seelow beobachten: Es kommen zwar Mädchen zum Praktikum, doch eine Ausbildung haben bisher nur Jungen begonnen. Obwohl der kleine Verband mit seinen 20 Angestellten nicht jeden Lehrling nach der Ausbildung übernehmen kann, zahlt sich das Engagement aus. „Wenn wir wieder Stellen zu besetzen haben, bewerben sich oft ehemalige Azubis bei uns. Deshalb haben wir im gewerblichen Bereich auch keine Probleme, Fachpersonal zu finden“, ist Henry Zinke zufrieden.

Informationen zu Schülerbetriebspraktika

Eltern und ihre Kinder finden im Internet zahlreiche Publikationen und Übersichten, darunter:
■ Flyer des Bildungsministeriums
Checkliste für Schülerbetriebspraktika der Bundesagentur für Arbeit und des Netzwerks SchuleWirtschaft
■ Informationen für Eltern und Termine für virtuelle Elternabende beim Netzwerk Zukunft
■ Online-Übersichten bei der Praktikumssuche: Bundesagentur für Arbeit „Jobsuche“, Lehrstellenbörse Handwerkskammern und Lehrstellenbörse Industrie- und Handelskammern  – wer Ausbildungen anbietet, ist gegebenenfalls auch offen für Schülerbetriebspraktika
Praktikumsatlas der IHKs Brandenburg:
■ Navigationshilfe durch die Angebote zur Beruflichen Orientierung und Praktikumssuche:  „Berufenavi“
■ „Fachbegriffe“ für das Schülerpraktikum: „Planet Beruf“