Die Panorama-Fenster der 164 Eigentums- und 105 Mietwohnungen reichen bis zum Boden. An den noch farblosen Rohbau-Wänden im zweigeschossigen Foyer mit Gäste-Lounge, in dem künftig ein Concierge Besucher empfangen wird, hängen die Kunstfotos eines Fashion-Fotografen, der die Bauarbeiten dokumentiert hat. "Grandaire" heißt der erste 65 Meter hohe Wohnturm, der seit der Wende am Alexanderplatz entsteht.
Der Fantasie-Name zeigt, wohin die Reise am Alexanderplatz geht, der bei all dem Wandel gerade rund um das Stadtbahnviadukt immer noch rau und unaufgeräumt wirkt. Während Hochhäuser in den vergangenen Jahrzehnten eher die unteren und mittleren Schichten mit günstigem Wohnraum versorgten, zieht nun die Elite in die neuen Wolkenkratzer ein.
Die Stadt redete nur bei der äußeren Gestaltung mit. Der Wohnturm, in der Tradition des klassischen Chicago-Stils des 19. Jahrhunderts erbaut, habe eine elegante Farbe, die sich zwar vom umstrittenen Alexa-Rot abhebe, aber sich trotzdem gut in die Gegend einordne, findet Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. "Ich freue mich sehr, dass das Gebäude die städtebauliche Lücke zwischen Alexanderplatz und dem historischen Klosterviertel schließt", betonte die Staatssekretärin für Stadtentwicklung und Wohnen auf dem Richtfest am Donnerstag.
Dort kamen bei Saibling und Aperol Spritz Bauherren und Käufer zusammen. "70 Prozent der Apartments sind schon verkauft. Mit der Vermietung beginnen wir nach der Sommerpause", kündigte Johannes G. S. Hegeman, Chef der niederländischen Reggeborgh Investment & Management GmbH, an. Preise gibt diese allerdings auch auf Nachfrage nicht öffentlich bekannt. Bei Immobilienscout wird eine 54,4-Quadratmeter-Zweizimmerwohnung für knapp eine halbe Million Euro angeboten.
Dafür können Eigentümer und Mieter einen eigenen Dachgarten in 40 Metern Höhe mit Kitchen-Lounge, einen privaten Fitnessbereich und sogenannte Bike-Lofts nutzen. "Ich habe eine urbane Wohnung gesucht", sagt ein Käufer aus Schweden. Wo Berlin wirklich lebenswert ist, will er wissen. "Ich hatte nur 30 Stunden Zeit, um die Stadt zu erkunden und zu verstehen", erzählt der Mittfünfziger, der die Wohnung als Geldanlage sieht. Wenn das Grandaire Ende 2020 bezugsfertig ist, will er mit Frau und Kindern ab und zu in Berlin Urlaub machen.
Bis dahin wird sich die Gegend, die vor zehn Jahren noch Brachland war, weiter verändert haben. Die Kräne werden sich weiter drehen.
Neben dem Hotel "Park Inn" direkt am Alex plant Covivio einen 130 Meter hohen Wohnturm. Eine Baugenehmigung hat auch die russische Monarch Group für den Bau eines 150 Meter hohen Towers direkt am anderen Ende des Alexas an der Grunerstraße.
Nur ein paar Schritte weiter gleich hinter dem Saturnmarkt laufen die Vorbereitungen für den 150-Meter-Turm des US-Investors Hines. Das Gewicht ist so groß, das unten im U-Bahn-Tunnel Einsturz-Gefahr besteht. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) prüfen derzeit zwei aufwendige Verfahren, wie der Schacht abgesichert werden kann.