Viele Menschen, die in Berlin den öffentlichen Nahverkehr nutzen, sind derzeit besonders genervt. Wer beispielsweise vom Süden in den Norden oder vom Westen in den Osten der Stadt pendelt, muss längere Fahrzeiten sowie häufig mehrmaliges außerplanmäßiges Umsteigen in Kauf nehmen. Denn neben dem Nord-Süd-S-Bahntunnel sind gleich vier U-Bahn-Linien unterbrochen.
- Die U-Bahn-Linie U2 wird durch eine Tunnelsanierung im Bereich Alexanderplatz frühestens ab August wieder normal fahren. Die U2 muss solange zwischen Klosterstraße und Senefelderplatz im 15-Minuten-Takt pendeln.
- Fahrgästen, die beispielsweise von der U2 in die U5 am Alex umsteigen wollen, wird deshalb vom Routenplaner sogar schon empfohlen, am U-Bahnhof Klosterstraße auszusteigen und rund 650 Meter zum neuen Bahnhof Rotes Rathaus zu laufen (und umgekehrt), um dort umzusteigen, weil das schneller geht, als mit dem eingerichteten Pendelverkehr der U2 nur eine Station weiter zum Alex zu fahren.
- Um den Norden besser anzubinden, wollen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) die Tramlinie M1, die vom Kupfergraben in Mitte zur Schillerstraße im nördlichen Pankow teilweise parallel zur U-Bahn U2 verkehrt, verstärken. Das soll aber erst ab Anfang April 2023 geschehen. Ziel sei es, einen 5-Minuten-Takt statt des derzeitigen 7,5-Minuten-Taktes einzuführen, heißt es von der BVG.
- Die U2 ist zudem bis zum 3. März auch in Charlottenburg zwischen den U-Bahnhöfen Theodor-Heuss-Platz und Ruhleben wegen Bauarbeiten unterbrochen. Auch dort müssen Fahrgäste in Pendelzüge umsteigen.
- Und auch die U1 sowie die U3 sind für mehr als einen Monat zwischen Warschauer Straße und Kottbusser Tor gesperrt. Pendler müssen dort bis voraussichtlich 5. März 2023 in Busse umsteigen.
- Auf Schienenersatzverkehr sind auch Pendler der U6 im Norden Berlins angewiesen. Wegen aufwändiger Bauarbeiten ist die Strecke zwischen den U-Bahnhöfen Kurt-Schumacher-Platz und Alt-Tegel bis ins Jahr 2025 unterbrochen. Auch mit der U8 in Richtung Wittenau kommt man beispielsweise derzeit nicht zum Bahnhof Pankstraße. Dort halten in Richtung Norden noch bis zum 3. März keine Züge.
- Zum Glück soll wenigstens der wichtige Nord-Süd-Tunnel ab 17. Februar wieder für den S-Bahnverkehr freigegeben werden. Betroffen von der Sperrung und Schienenersatzverkehr sind die wichtigen Pendler-Linien S1, S2, S25 und S26.
Tunnelarbeiten am Alexanderplatz sollen im März starten
Während meist lang geplante Instandhaltungs- und Sanierungsarbeiten Grund für die Bauarbeiten im Untergrund sind, kam die Sperrung der U2 außerplanmäßig. Seit fast vier Monaten kann im Tunnel unter dem Alexanderplatz nur eine Röhre befahren werden, da die zweite bei Bauarbeiten für ein geplantes Hochhaus von Covivio Immobilien SE um knapp vier Zentimeter abgesackt war.
Das Unternehmen muss seitdem für die Tage der Unterbrechung Strafe zahlen und wurde dazu verdonnert, ein Sanierungskonzept auszuarbeiten, das Anfang der Woche vorgestellt wurde. „Wir werden jetzt gemeinsam mit dem Bezirk und der BVG die Unterlagen prüfen und schnellstmöglich freigeben“, sagte Meike Niedbal (parteilos), Staatssekretärin für Mobilität, am vergangenen Montag.
Läuft es wie geplant, könnten die Arbeiten im März beginnen und im August dieses Jahres soweit abgeschlossen sein, dass der Vollbetrieb auf der U2 in Berlin unter dem wichtigen Knotenpunkt wiederaufgenommen werden könne. Weitere Sanierungsarbeiten können dann voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, vorzugsweise nachts, heißt es.
Bei dem jetzt eingereichten Konzept sollen das Erdreich unter dem Tunnel verfestigt und die Baugrubenwand verankert werden. Über eine Injektionseinrichtung für Flüssigzement ... soll der mehr als 100 Jahre alte ... Tunnel in seine alte Lage gehoben und stabilisiert werden. Die Kosten dafür werden aktuell auf knapp zehn Millionen Euro geschätzt. Wer davon was zahlen muss, werde derzeit noch geklärt, hieß es.
„Künftig müssen wir bei allen weiteren Bauprojekten mit Risiken für die öffentliche Infrastruktur im Vorfeld auf eine nachbarschaftliche Vereinbarung bestehen“, betonte Staatssekretärin Niedbal. Zwischen Covivio und der BVG habe sie sogar vorgelegen. „Eine solche Vereinbarung ist aber bisher nicht obligatorisch, was das Risiko birgt, dass statt einer raschen Schadensbehebung äußerst langwierige Prozesse zur Haftung und Beweisführung entstehen.“