Stattdessen stehen Drucklufthämmer und wassergekühlte Winkelschleifer in den Ecken, mit Sägeblättern von der Größe einer Servierplatte. Daneben liegen Kalkstein- und Granitrohlinge sowie ein paar Findlinge. "Mich haben schon immer die härtesten und schwersten Materialien angezogen", sagt die 55-jährige Bildhauerin und Steinmetzmeisterin. In ihrem Atelier fertigt Anne Schulz individuelle Grabsteine und Steinmöbel. Darüber hinaus erledigt sie Restaurierungsarbeiten und verwirklicht, wenn es ihre Zeit zulässt, künstlerische Bildhauer-Projekte. Bei der Wahl des Materials bevorzugt sie Findlinge aus Brandenburg, die aus äußerst harten Gesteinen wie Quarzit, Gneis und Granit bestehen. "Ich mag an den Findlingen, dass sie in die Region gehören und mit ihrer Form und Farbe etwas vorgeben, das ich in seiner Essenz bewahren möchte."

Findlinge im öffentlichen Raum

Seit Jahren arbeitet sie in Kooperation mit Landschaftsarchitekten daran, dass Findlinge vermehrt als Gestaltungsmittel für den öffentlichen Raum eingesetzt werden. Ihre Arbeiten mit den Überbleibseln der Eiszeit schmücken den Fernradwanderweg zwischen Berlin und Usedom bei Bernau oder den neu gestalteten Fischerkiez in Biesenthal. Mit ihren Skulpturen war sie auf der Bundesgartenschau und beim Brandenburgischen Kunstpreis der Märkischen Oderzeitung vertreten. Dazu organisiert sie alle zwei Jahre das deutsch-polnische Bildhauersymposium "Werkstatt im Freien" in Biesenthal.
Ursprünglich hatte Anne Schulz nach dem Abitur einen anderen Weg eingeschlagen. Die studierte Sozialpädagogik, arbeitete danach in der Offenen Jugendarbeit und half Drogenabhängigen. Nach ein paar Jahren merkte sie, dass sie nicht für immer "das Leben und die Probleme der Anderen führen wollte", wie sie sagt. Ein Bürojob kam für sie nie in Frage. Stattdessen erinnerte sie sich an einen Kurs für Steinbildhauerei, der ihr großen Spaß bereitet hatte. So begann sie 1992 ihre Lehre bei Karlsruhe. Nach dem Abschluss folgte eine dreijährige Walz – mit Stationen unter anderem an der Dresdner Frauenkirche und in Steinbildhauerwerkstätten in Dänemark und Portugal. Anne Schulz hatte ihre Passion gefunden: "Die Gefahr im Beruf, der Dreck und Staub, das hat mir alles nie etwas ausgemacht. Bis heute arbeite ich gerne mit dem Material, das so hart und gleichzeitig so verletzlich ist", sagt Schulz, die sich nach ihrer Meisterausbildung im Jahr 2003 selbstständig gemacht hat.
Als Frau hatte sie es in dem männerdominierten Gewerk nicht immer leicht. Kollegen trauten ihr nicht zu, die Arbeiten richtig auszuführen – vor allem, wenn es darum ging, die teils tonnenschweren Blöcke zu verrücken. "Dabei kommt es im Alltag viel mehr auf Intelligenz und die verwendete Technik an als auf reine Muskelkraft", sagt die Meisterin. Am Ende zähle sowieso nur, dass die Auftraggeber mit dem Ergebnis zufrieden seien. So konnte Anne Schulz sich schnell einen Ruf in der Region erarbeiten, in der sie seit mehr als 15 Jahren lebt. Gern würde sie mit ihrer Arbeit andere Frauen inspirieren, das Bildhauer- und Steinmetzhandwerk zu ergreifen. So beteiligte sie sich mehrfach am "Girls’Day" in Bernau. Für die mittelfristige Zukunft könnte sie sich vorstellen, zum ersten Mal selbst auszubilden. "Wenn der richtige Bewerber oder die richtige Bewerberin kommt, wäre ich dazu bereit. Dann muss aber alles passen, denn die Auftragslage schwankt von Jahr zu Jahr", sagt Schulz.