Die Hängepartie um die Ölversorgung der PCK-Raffinerie Schwedt geht weiter. Bislang wird das Werk hauptsächlich über eine Pipeline zum Hafen Rostock versorgt. Es gibt offenkundig nach wie vor keine Lieferverträge zwischen den Gesellschaftern der Raffinerie und Polen sowie Kasachstan über dringend benötigte zusätzliche Öllieferungen. „Die Verhandlungen, die dafür notwendig sind, werden noch den Februar und März brauchen“, schätzte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) ein.
Michael Kellner (Grüne), Wirtschaftsstaatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, hatte im Dezember eine Auslastung der Raffinerie von 70 Prozent für Januar zugesagt.

Wie viel Öl verarbeitet die Raffinerie – Verwirrspiel um Zahlen

Nach Aussagen von PCK war die Raffinerie im Januar aber nur zu knapp 60 Prozent ausgelastet. Das Unternehmen bekommt nach dem Embargo für russisches Öl den Rohstoff über eine Leitung vom Hafen Rostock – sie reicht etwa für eine Auslastung von 50 bis 55 Prozent. Ende Januar gab es dann eine zusätzliche Lieferung per Schiff über den Hafen Danzig. Einen zweiten Tanker mit Öl für Schwedt (Uckermark) habe Polen in Danzig abgewiesen, weil er vom russischen PCK-Haupteigner Rosneft gechartert worden war, hieß es auf einer Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses im Landtag am Mittwoch. Das Treffen war auf Antrag der Fraktion der Linken und BVB/Freie Wähler einberufen worden.

Linke kritisiert – Kommunikation sei eine Katastrophe

Noch am Dienstag hatte das Bundeswirtschaftsministerium einer dpa-Meldung zufolge aber erklärt, die Raffinerie sei gegenwärtig zu 70 Prozent ausgelastet. Zwei weitere Öllieferungen über Danzig seien für Februar angemeldet.
Scharfe Kritik an diesem Verwirrspiel kam von Sebastian Walter, Fraktionschef der Brandenburger Linken. „Ich halte diese Kommunikation für eine Katastrophe.“ Unklar ist demnach, wie es mit den Lieferungen von Öl über Polen langfristig weitergeht. PCK äußerte sich auf Anfrage nicht dazu. Brandenburgs Wirtschaftsminister Steinbach bestätigte: „Die Raffinerie läuft an ihrer Minimumkante.“ Aber sie laufe stabil und die Versorgung mit Treibstoff im Nordosten sei gesichert. Er erwartet nach Ostern eine höhere, stabile Produktion.

Neubau einer Pipeline – Gesellschafter wollen nicht zahlen

Die Versorgung muss weiter vor allem über eine nur als Ersatzlösung gebaute Pipeline von 1969 gesichert werden. Das Bundeswirtschaftsministerium stellt 260 Millionen Euro für die Ertüchtigung dieser Leitung selbst und weitere 140 Millionen Euro für dazu gehörige Anlagen im Hafen Rostock und in Schwedt zur Verfügung, lehnt aber den Bau einer neuen, leistungsstärkeren Trasse ab. Sie soll fast 800 Millionen Euro kosten. Am Neubau sollten sich die Gesellschafter der Raffinerie beteiligen, doch diese hatten das abgelehnt, hieß es am Mittwoch. „Ich hätte es für nachhaltiger gehalten, Steuergeld in einen Neubau zu investieren“, sagte Steinbach. Jetzt müsse die Ertüchtigung der Leitung so schnell als möglich erfolgen.
Kritik am Agieren der Bundesregierung kommt von der Opposition im Bund. „Die Ampel bricht in Schwedt ihr Wort. 70 Prozent Auslastung waren zugesagt“, erklärte Jens Spahn, Fraktionsvize der CDU/CSU. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Christian Görke nannte die Zusagen von Wirtschaftsstaatssekretär Kellner ein „Luftschloss.“