Schon seit fast einem Jahr werden Autofahrer an den Tankstellen in Polen über Steuersenkungen subventioniert. Im Rahmen des sogenannten Inflations-Schutzschildes kam zuerst kurz vor Weihnachten 2021 die Senkung der Verbrauchssteuer (Akzise).
Am 1. Januar folgte die Befreiung von der Einzelhandelsumsatzsteuer für den Verkauf von Kraftstoffen (eine gesonderte Steuer für Einnahmen aus Einzelhandelsverkauf von über 17 Millionen Złoty monatlich). Und seit dem ersten 1. Februar gilt eine gesenkte Mehrwertsteuer (in Polen: „VAT“) auf Benzin und Diesel. Acht Prozent sind seither an den Staat zu entrichten anstatt 23 Prozent.
Auch auf andere Produkte senkte Polen die Mehrwertsteuersätze zur Inflationsbekämpfung, insbesondere im Bereich Energie und Strom.

Bei Benzin und anderen Kraftstoffen gelten die jeweiligen Standardsätze

Doch mehrere Steuersätze widersprechen der gemeinsamen EU-Richtlinie zum Mehrwertsteuersystem, die für einen fairen Wettbewerb auf dem europäischen Markt sorgen soll. Auch der „Benzin-Rabatt“, also die auf acht Prozent gesenkte Mehrwertsteuer, gehört dazu. Bereits im September erhielt die Regierung in Polen den ersten Brief aus Brüssel mit der Aufforderung, die Mehrwertsteuersätze dem EU-Recht anzupassen. Nach einigem Hin und Her hat Warschau nun eingelenkt.
Die im April erneuerte EU-Regelung erlaubt Ausnahmen bei der Besteuerung, das heißt bei bestimmten Produkten oder Dienstleistungen dürfen Staaten entscheiden, die Mehrwertsteuer zu senken oder sogar auf null zu setzen. Auf Grundnahrungsmittel etwa ist die gänzliche Steuerbefreiung, wie sie Polen seit Februar eingeführt hat, erlaubt.
Aber ein ermäßigter Steuersatz auf Kraftstoffe sei nicht zulässig, teilte die EU-Kommission mit. Darüber berichtete am 8. November zuerst der polnische Sender RMF FM.
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Bei Benzin und anderen Kraftstoffen gelten in der EU die Standardsteuersätze der einzelnen Mitgliedsstaaten. In Polen liegt der Normalsatz der Umsatzsteuer (auch: Mehrwertsteuer) bei 23 Prozent, in Deutschland sind es 19 Prozent.
Die polnische Regierung will in dieser Frage offenbar nicht mit Brüssel den nächsten Streit anfangen. Mehrere Kabinettsvertreter signalisierten, sich den EU-Vorgaben anzupassen.
„Wir müssen auf Kraftstoffe wieder den höheren Mehrwertsteuersatz anwenden“, sagte der Minister für Staatsvermögen Jacek Sasin am Sonntag (20.11.) im polnischen Radio. Dabei erwähnte Sasin auch die Akzise – die Senkung dieser Verbrauchssteuer müsse ebenfalls rückgängig gemacht werden, verlange die EU.
Auch für andere Güter werden zeitweilig gesenkte Mehrwertsteuern wieder hochgesetzt, insbesondere auf Strom, Wärme und Erdgas. Auch ist der Nullprozentsteuersatz auf Dünger und Pflanzenschutzmittel für die Landwirtschaft nicht EU-rechtskonform und müsse laut Minister Sasin wieder hochgesetzt werden.

Keine Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel ist rechtens

Kein juristisches Problem sieht Brüssel hingegen in der Mehrwertsteuerfreiheit für Grundnahrungsmittel. Hier will Warschau weiterhin null Prozent beibehalten.
Polens Regierung will bald – laut dem Finanzministerium schon in dieser Woche – das modifizierte Schutzschild gegen Inflation, das auch korrigierte Steuersätze enthält, vorstellen.
Ob für Tankstellenbetreiber auch die gesonderte Umsatzsteuer auf hohe Einnahmen im Einzelhandel mit Benzin und anderen Kraftstoffen ebenfalls wieder erhöht wird, darüber wurde zunächst nichts bekannt.
In Euro rechnende Tanktouristen aus Brandenburg müssen sich jedenfalls darauf einstellen, dass der Literpreis für Benzin in Polen mit korrekt aufgeschlagener Mehrwertsteuer um 20 bis 25 Cent im Vergleich zum jetzigen Nettopreis steigt. Bei Diesel muss man anteilig noch etwas mehr aufschlagen.
Tankstellenbetreiber in Brandenburg dürfte freuen, dass sich die Rahmenbedingungen auf dem Kraftstoffmarkt in der Grenzregion wieder etwas angleichen werden. Polen gehört zurzeit zu den drei Ländern in Europa mit den günstigsten Kraftstoffpreisen. Bei den durchschnittlichen Bruttolöhnen liegt Polen allerdings in Europa im letzten Viertel.
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