Die Fragen und Antworten entstammen einer Telefonaktion mit dem Fachanwalt für Arbeitsrecht Uwe Drendel.
Ich arbeite in einer Baumschule. Das ist nicht nur schwere körperliche Arbeit, sondern wir arbeiten auch saisonal in Frühjahr und Herbst mehr, sammeln Überstunden an, die in den anderen Jahreszeiten gegengerechnet werden. Nach meinem letzten Urlaub habe ich gemerkt, dass diese Zeit nicht ausgereicht hat, um meine Rückenschmerzen auszukurieren. So bin ich nach dem Urlaub zum Arzt, erhielt wegen der Beschwerden eine Krankschreibung. Daraufhin hat mir der Arbeitgeber alle noch anstehenden Überstunden gestrichen. Das kann doch nicht richtig sein …
So einfach geht das natürlich nicht. Sie sollten dringend eine Begründung für die Streichung dieser Überstunden vom Arbeitgeber einfordern. Sie haben Anspruch auf Bezahlung der Mehrarbeit oder Abgeltung dieser Überstunden in Form von Freizeitausgleich. Dabei kommt es darauf an, was in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbart und von beiden Seiten unterschrieben wurde. Gerade in Betrieben mit saisonal unterschiedlichen Arbeitszeitanforderungen ist es immer ratsam, dass ein Arbeitszeitkonto vereinbart und geführt wird. Das ist nicht nur für Sie wichtig, um beispielsweise im Falle einer Insolvenz der Firma geschützt zu sein und in der Folge nicht mit leeren Händen dazustehen.
Arbeitnehmer ist in der Beweispflicht
Sie sind aber als Arbeitnehmer auch, und da liegt die Schwierigkeit für Sie, in der Beweispflicht, dass Sie die Mehrarbeit geleistet haben und dies im betrieblichen Interesse bzw. angeordnet oder erforderlich war. Wenn also nicht nachweisbar notiert wurde, wer, was, wann angeordnet oder geleistet hat, kann es mit der Beweisführung für Sie bei einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung schwierig werden, da die Beweislast zunächst beim Arbeitnehmer liegt. Suchen Sie dringend nochmals das Gespräch mit dem Arbeitgeber.
Nach einer Knieoperation war ich 78 Wochen krankgeschrieben. Danach war ich ein halbes Jahr arbeiten, ehe eine zweite Operation an diesem Knie notwendig wurde. Jetzt weigern sich Arbeitgeber und Krankenkasse, weitere Zahlungen zu übernehmen. An wen muss ich mich wenden, wenn angeblich keiner zuständig ist?
Da muss man jetzt ganz genau mehrere Dinge prüfen, beispielsweise die ärztlichen Unterlagen, aus denen hervorgeht, ob die Krankheit im ersten Krankschreibungsabschnitt wirklich ausgeheilt war, dies entsprechend durch einen Arzt bestätigt wurde oder auch nicht. Zweitens muss man die Zeit prüfen, in der Sie zwischen den zwei Krankschreibungen gearbeitet haben. Hier ist wichtig, die Frist von einem halben Jahr zu prüfen, ob diese unter- oder überschritten wurde. Dies deshalb, weil bei erneuter Krankschreibung innerhalb von sechs Monaten wegen derselben Krankheit ein Entgeltfortzahlungsanspruch ausscheidet. Sollten Sie nicht binnen sechs Monaten an derselben Erkrankung erkrankt sein, besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch durch den Arbeitgeber. Erfolgt innerhalb von sechs Monaten nach einer Erkrankung eine weitere, die direkt damit in Verbindung steht, und dieselbe Krankheit ist, dann haben Sie keinen Anspruch auf Entgeltzahlung im Krankheitsfall vom Arbeitgeber.
Besonderes Arbeitslosengeld beantragen
Nach 78 Wochen Krankengeldzahlung hat die Krankenkasse die Leistung auf Krankengeld durch die erste Krankschreibung erbracht. Weitere Ansprüche wird die Kasse ablehnen. Sie können dann bei der Bundesagentur für Arbeit ein besonderes Arbeitslosengeld beantragen, welches nicht die Arbeitsfähigkeit voraussetzt. Sollten Sie erst nach der Sechs-Monats-Frist erneut an derselben Erkrankung mit zwischenzeitlicher Beschäftigung erkrankt sein, ist dies dann keine Fortsetzungserkrankung mehr. Sie sollten den Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung in Anspruch nehmen und gleichzeitig der Krankenkasse den Streit verkünden. Dies sollten sie jedoch nur mit anwaltlichem Beistand unternehmen.
Ihr Vorgehen wäre auch umgekehrt möglich. Ich würde Ihnen aber raten, sich mit einem Fachanwalt in Verbindung zu setzen. Er kann die genauen Zeitabfolgen prüfen, ärztliche Atteste einsehen und prüfen, ob es Belege für eine Ausheilung Ihrer Krankheit nach der ersten Behandlung und Operation gab. Wenn Ihnen nach der langen Krankheit die finanziellen Mittel fehlen, Sie kein Einkommen haben, dann kann der Anwalt für Sie auch tätig werden unter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe. Eine derartige finanzielle Unterstützung erhalten Sie, wenn Sie kein oder ein nur sehr geringes Einkommen haben, nach einem entsprechenden Antrag beim zuständigen Gericht.
Ich habe Mitte Juni bei einem Berliner Arbeitsgericht eine Klage auf Zahlung einer Urlaubsabgeltung eingereicht. Bisher habe ich noch nicht einmal den Eingang meines Schreibens bestätigt bekommen. Abgesehen von dem Einschreibbeleg der ordnungsgemäß zurückgekommen ist. Wie lange sollte ich noch warten mit einer Nachfrage?
Eigentlich sollte innerhalb von drei Wochen eine erste Güteverhandlung zur Erörterung terminiert werden. Das ist gesetzlich so festgehalten, ist aber eine „Sollvorschrift“ und keine ausdrückliche Pflicht des Arbeitsgerichtes. Ich gebe zu bedenken, dass es auch schon Urlaubszeit ist, was Ladungen manchmal verlängern kann. Aus Erfahrung weiß ich auch, dass am Berliner Arbeitsgericht die Eingangszahlen von Klagen sehr hoch sind und deshalb die Bearbeitung durch das Arbeitsgericht länger als an kleineren Arbeitsgericht dauert. Deshalb rate ich erst einmal zu Geduld und dann vielleicht zur telefonischen Nachfrage.
Seit Jahren schon bin ich für eine Zeitarbeitsfirma tätig. Wir arbeiten 40-Stunden in der Woche, haben auch ein Arbeitszeitkonto, wenn es mal mehr und mal weniger Arbeit gibt. Weil jetzt aber nicht mehr so viel Arbeit zu erledigen ist, soll ich aktuell einen neuen Arbeitsvertrag mit nur noch 20 Stunden unterschreiben. Ich habe jetzt Angst, dass das der erste Schritt ist, um mich „auszusortieren“. Vor allem mindert dies ja auch meine finanziellen Ansprüche, wenn ich in der Folge entlassen werde. Was sollte ich tun?
Einen Änderungsvertrag zum bestehenden Arbeitsvertrag müssen sie nicht unterschreiben bzw. akzeptieren. Der Arbetigeber hätte dann die Möglichkeit einer Änderungskündigung. Dazu haben sie drei Optionen. Erstens: Sie können die Änderungen des Arbeitsvertrages und damit die Änderungskündigung akzeptieren und zu den reduzierten Bedingungen weiterarbeiten. Zweitens: Sie nehmen die Änderungskündigung unter Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung an und lassen die Änderungskündigung vom zuständigen Arbeitsgericht überprüfen. Zum Einleiten entsprechender Schritte bleiben Ihnen aber nur drei Wochen Zeit, gerechnet ab dem Erhalt der schriftlichen Änderungskündigung. Das Gericht wird dann (wenn der Arbeitgeber mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt) prüfen, ob es sich wirklich bei den angeführten Änderungen um betriebsbedingte Gründe handelt, also der Arbeitsanfall nur noch so gering ist, dass es zu der entsprechenden Änderung kommen muss und ob die Sozialauswahl richtig getroffen wurde.
Gewerkschaft oder Arbeitsgericht
Drittens: Sie lehnen den vorgelegten Änderungsvertrag ab und reichen eine entsprechende Kündigungsschutzklage ein, sofern das KündigungsschutzG auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, also mehr als zehn Arbeitnehmer beim Arbeitgeber regelmäßig tätig sind. Dies können Sie z. B. mit Hilfe eines Rechtssekretärs einer Gewerkschaft tun, sofern Sie Gewerkschaftsmitglied sind. Sie können aber auch bei der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichtes eine Klageschrift aufnehmen lassen. Oder Sie können einen Fachanwalt mit der Vertretung Ihrer Interessen in dem entsprechenden Verfahren vor dem zuständigen Arbeitsgericht beauftragen. Um eine anwaltliche Vertretung von Arbeitnehmern zu ermöglichen, die nicht über die finanziellen Voraussetzungen verfügen, gibt es Prozesskostenhilfe. Diese kann bei geringen Einkommen beantragt werden und zwar direkt beim zuständigen Arbeitsgericht oder Sie besprechen das mit dem Anwalt, der Sie vertreten soll. Er kümmert sich darum oder zeigt Ihnen die notwendigen Antragswege auf, informiert über die formellen Voraussetzungen.
Ich arbeite in der Altenpflege, bin aber schon seit langem krank. Vorher hatte ich viele Überstunden angesammelt. Wie lange sind diese gültig, denn jetzt werde ich für zwei Jahre befristet in Rente gehen?
Darauf kann man keine generelle Antwort geben, da müssten Sie nach Regelungen in Ihrem Arbeitsvertrag oder in der Arbeitszeitkontenregelung, so denn eine vorhanden ist, genau nachlesen. Laut Gesetz geht man von einer dreijährigen Verjährungsfrist des Vergütungsanspruches aus dem Arbeitsverhältnis aus. Diese beginnt an dem Ende des Jahres, in dem diese Überstunden angefallen sind und endet am 31.12. des dritten Jahres. Ihr Arbeitsverhältnis ist mit der zweijährigen Berentung auch nicht beendet. Es ruht nur. Lassen Sie sich die Überstunden von Ihrem Arbeitgeber möglichst schriftlich anerkennen.
Es geht um meine Arbeits- und Überstunden. Im Rahmen unserer Arbeitszeitkonten sollen wir immer 170 Stunden monatlich leisten. Einen Monat lang war ich krank. Mir wurden danach nur 150 Stunden angerechnet. Kann ich dagegen etwas unternehmen?
Es ist für die Berechnung des Krankengeldes nicht relevant, ob Sie 170 oder 150 Stunden im Rahmen des Arbeitszeitkontos haben. Es gilt ausdrücklich das, was vertraglich an Arbeitsstunden im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Das Arbeitsentgelt im Krankheitsfall berechnet sich nach der regelmäßig zu leistenden Arbeitszeit (ohne über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Überstunden) der letzten 3 Monate.
Seit 16 Jahren bin ich eigentlich schon Rentner, erhalte aber nur eine sehr geringe Rente. Deshalb arbeite ich noch in einem Minijob, fahre für eine Organisation. Jetzt ist dies wohl nicht mehr notwendig und mir wurde ein Aufhebungsvertrag angeboten. Soll oder muss ich den unterschreiben? Wenn ich das tue, dann bekomme ich doch eine Abfindung ?
Sie müssen einen Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben. Warten Sie ab, was der Arbeitgeber in nächster Zeit tut. Tätig werden müssen Sie allerdings dann, wenn Ihnen ein entsprechendes Kündigungsschreiben des Arbeitgebers zugeht. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag kündigt, gibt es keinen Automatismus in der Folge, dass bei Ausspruch einer Kündigung der Arbeitgeber eine Abfindung zu zahlen hat. Dazu gibt es keine gesetzliche Regelung in ihrem Fall. Abfindungen werden nur gezahlt, wenn dies vereinbart wurde oder im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses als Vergleich abgeschlossen wird. Dazu müsste das Kündigungsschutzgesetz auf Ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finden, sofern der Arbeitgeber mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Sie können dann innerhalb von drei Wochen nach dem Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage einreichen. Diese Klage können Sie allein, mit Hilfe der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichtes oder mit der Hilfe eines Anwalts tun. Das Arbeitsgericht prüft, ob betriebsbedingte Gründe für Ihre Kündigung wirklich vorlagen, ob es eine Sozialauswahl gab, welche Bedingungen vielleicht für beide Seite akzeptabel wären. Das können Sie dann mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht besprechen.
Bei der Sozialauswahl sind Rentner im Nachteil
Im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses muss der Arbeitgeber die betriebsbedingten Kündigungsgründe des Arbeitswegfalls nachweisen und eine entsprechende Sozialauswahl getroffen haben. Bei der Sozialauswahl sind Sie nicht im Vorteil, da Sie als Rentner ein festes Renteneinkommen haben, während dies vielleicht bei anderen Kollegen, die noch keine Rentner sind, nicht der Fall ist. Weiter sind Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit und Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen. Da wären im Rahmen einer Sozialauswahl jüngere Kollegen höchstwahrscheinlich Ihnen gegenüber im Vorteil. Im Fall der Vereinbarung einer Abfindung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses gilt als Anhaltspunkt für die Berechnung einer Abfindung die Anzahl der Arbeitsjahre multipliziert mit einem halben Monatsgehalt. Im konkreten Fall könnten bei Unwirksamkeit der Kündigung Ihre 520 Euro geteilt durch zwei mal 16 Arbeitsjahre einen Betrag von etwa 4160 Euro in Betracht kommen.