Im vergangenen Jahr gab es im Land Brandenburg rund 507 Waldbrände. Die betroffene Fläche liegt bei knapp 1400 Hektar. Damit ist Brandenburg trauriger Spitzenreiter im Bundesländervergleich. Die häufigste Brandursache ist eindeutig, denn in fast der Hälfte der Fälle konnte beabsichtigte oder fahrlässige Brandstiftung als Ursache ausgemacht werden. Dabei gibt es zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen, die einen Brand verhindern könnten. Zählt das Beseitigen von Glasscherben dazu?
„Im Wald gibt es kaum Zündquellen, die einen Wald selbst in Brand setzen können“, stellt Norman Barth vom Leitungsbüro der Landesschule und Technische Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz des Landes Brandenburg klar. „Die häufigste Ursache sind drei Dinge: Frauen, Männer und Kinder.“ Das gelte sowohl bei absichtlich gelegten Bränden, als auch bei fahrlässiger Brandstiftung. Nur ein sehr geringer Teil der Brände hat tatsächlich natürlichen Ursprung.
Deutlicher häufiger sind weggeworfene Zigaretten, auf einer trockenen Wiese abgestellte Fahrzeuge oder Erntearbeiten der Grund, warum ein Feuer ausbricht.

Neben Wäldern brennen auch immer häufiger Felder

Dabei sind nicht nur Waldbrände allein das Problem. Immer häufiger kommt es auch zu Vegetationsbränden, wenn beispielsweise Getreidefelder oder Ödland in Brand geraten. „Die Bezeichnung Vegetationsbrand hat sich deshalb in letzter Zeit immer mehr durchgesetzt. Wir reden nicht mehr nur von Waldbränden. Gerade Felder geraten zuletzt immer häufiger in Brand“, berichtet Barth. Dabei seien die Eigenschaften von Wald- und Vegetationsbränden in beiden Fällen dynamisch und das taktische Vorgehen ähnele sich.
Ist ein Feuer erstmal ausgebrochen, gibt es natürliche Faktoren, die einen Brand begünstigen und intensivieren können – abgesehen von den klimatischen Bedingungen. „Das ist aber sehr heikles Thema“, sagt Barth. „Man muss eine Waldfläche ganz individuell betrachten und analysieren.“ Er sei kein Befürworter davon, Totholz überall aus dem Wald zu schaffen, nur weil es Nährstoff für einen Brand sein kann. „Wenn wir einen Waldumbau hinbekommen wollen, dann brauchen wir organischen Boden. Wir haben gerade in Brandenburg viele zu nährstoffarme Böden.“ Insbesondere für die Anpflanzung von mehr Laubbäumen sei daher Totholz sehr wichtig. Gleichzeitig gäbe es natürlich Ausnahmen, die sogenannten „taktisch wichtigen Kontrolllinien“, wie Waldwege oder Ränder von Siedlungsgebieten. Dort sei ein Streifen von 50 Meter ohne Totholz sinnvoll, um die Intensität von Bränden zu verringern.

Viele Faktoren intensivieren einen Waldbrand

Das Thema Brennmaterial sei aber nur eines von vielen Faktoren, die einen Waldbrand extrem werden lassen und durch die er zu einem sogenannten „Vollbrand“ werden kann, der gleichzeitig alle Vegetationsschichten betrifft. Hinzu käme die Frage der Außentemperatur, die Intensität der Sonneneinstrahlung und als sehr wichtiger Faktor auch der Wind. Oft ist dieser ausschlaggebend für ein sehr dynamisches Brandverhalten und eine hohe Intensität.
Ob menschliches Fehlverhalten die Ursache ist, ermitteln die Experten der Brandursachenermittlung (Kriminaltechniker mit spezieller Ausbildung) der Polizei des Landes Brandenburg. Stefanie Pilz, die für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Polizeipräsidiums Land Brandenburg zuständig ist, betont jedoch: „Ein erheblicher Teil der bearbeiten Brandanzeigen wird in der polizeilichen Statistik nicht erfasst, da die erforderlichen Erfassungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.“ Wenn nicht zweifelsfrei ein menschlicher, oder selten ein natürlicher Auslöser nachgewiesen werden kann, gilt die Brandursache als unbekannt.
Dennoch besagt die Statistik der Polizei, dass von den 507 erfassten Waldbränden im vergangenen Jahr in Brandenburg 230 Fälle auf absichtliches Entzünden durch einen Menschen zurückgeht. Von diesen Fällen konnten 80 aufgeklärt werden. „Das typische Anzeichen für eine Brandstiftung gibt es per se nicht“, betont Pilz. „Im Idealfall finden die Ermittler vor Ort eindeutige Hinweise.“ Das können zum Beispiel Hinterlassenschaften sein, wie Brandbeschleuniger. Oder wenn die Umstände des Brandes nicht zweifelsfrei auf natürliche Ursachen zurückzuführen sind. Besonders schwer sei laut Pilz jedoch, wenn es sich um fahrlässige Brandstiftung handele.

Was für Menschen sind verantwortlich für Brandstiftung?

„Was das für Menschen sind, die als Brandstifter agieren, da kann ich nur mutmaßen. Ich habe, Gott sei Dank, nie selbst Feuer gelegt und weiß nicht, wie man sich dabei fühlt“, betont Barth. Er könne sich aber vorstellen, dass es eine Befriedigung oder Machtgefühl auslöse. Eine gewisse Tendenz bei den tatverdächtigen Brandstiftern kann die Landespolizei erkennen: „Diese sind größtenteils jung (ca. 25 Jahre) und männlichen Geschlechts.“
Dabei ist es häufig Fahrlässigkeit, die einen Brand verursacht. Wie Barth schildert, sind es letztendlich immer wieder die gleichen Appelle, die an die Bevölkerung gerichtet werden. Dabei müsste sich im Zweifel nur an die geltenden Gesetze gehalten werden. „Kein offenes Feuer im Wald entfachen und die Abstandszonen einhalten. Auf Campingplätzen im Zweifel statt einem Holzgrill einen Gas- oder Elektrogrill verwenden. Nicht mit dem Pkw in den Wald hineinfahren und erst recht nicht parken“, zählt er einige auf. Besonders wichtig sei aber, lieber einmal öfter die 112 anzurufen, sobald man selbst einen Waldbrand vermutet.

Grundstücksbesitzer sollten sich über ihre Bepflanzung Gedanken machen

Auch bei Erntearbeiten könnten weitere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Beispielsweise zuerst Randbereiche eines Feldes zu mähen, um bei einem ausgebrochenen Feuer die Fläche zu begrenzen. Genauso sollten sich Grundstücksbesitzer genau überlegen, welche Pflanzen sie auf ihrem Grundstück haben. „Koniferen beispielsweise können wie eine Art Zündschnur sehr schnell dafür sorgen, dass ein benachbartes Feuer auf das eigene Haus übergreift“, warnt Barth. Brand hemmende Vegetation sei da die deutlich bessere Alternative. In Portugal sei die Regierung mittlerweile dazu übergegangen, bestimmte Vegetationsarten am Haus zu verbieten, um Feuerbrücken zu verhindern.
„Das wird von der Ordnungsbehörde überprüft. Ich hoffe, dass wir nicht auch irgendwann zu solchen drastischen Mitteln greifen müssen.“

Kann eine Glasscherbe einen Waldbrand auslösen?

Neben der Vielzahl von menschlichem Verhalten zählt das Wegwerfen von Glas allerdings nicht zu den Auslösern von Waldbränden. „Die Universität Braunschweig hat mithilfe des Deutschen Wetterdienstes wissenschaftlich untersucht, ob eine Glasscherbe Auslöser für einen Brand sein kann“, berichtet Barth. Das Ergebnis: Selbst unter idealisierten Bedingungen ist es fast unmöglich, dass eine Glasscherbe alleinige Brandursache im Freien sein kann.
Eine zerbrochene Bierflasche liegt neben einem Wanderweg im Steigerwald. Dass diese einen Waldbrand auslöst, ist allerdings nahezu unmöglich. Woher der Mythos ursprünglich stammt, kann auch Norman Barth nicht erklären.
Eine zerbrochene Bierflasche liegt neben einem Wanderweg im Steigerwald. Dass diese einen Waldbrand auslöst, ist allerdings nahezu unmöglich. Woher der Mythos ursprünglich stammt, kann auch Norman Barth nicht erklären.
© Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
„Wahrscheinlicher ist, dass ein großer Spiegel ein Feuer entzündet“, resümiert Barth. In London sei es sogar schon vorgekommen, dass ein architektonisch-futuristisches Gebäude mit einer konkaven Fassade Teile eines Autos mehr oder weniger weggeschmolzen habe – durch die passende Sonneneinstrahlung. „Um mit Glas ein Feuer zu entzünden, bräuchte es aber die passende Energiedichte. Dafür sind Temperaturen von 250 bis 300 Grad nötig“, erklärt der Feuerexperte Barth. Das sei mit einer ausreichend großen Lupe machbar, nicht aber mit einer Scherbe. Die Landespolizei sieht allerdings eine andere Gefahr als deutlich wahrscheinlicher: „Eine Selbstentzündung von Bestandteilen verrotteter Munition“, erläutert Pilz. Dafür bedürfe es aber hoher Umgebungstemperaturen über einen längeren Zeitraum.

Waldbrand-Bekämpfung ist eine Aufgabe für Generationen

„Die Bekämpfung von Wald- und Vegetationsbränden wird eine Generationenaufgabe sein“, betont Barth. Immerhin habe die Landesregierung das Problem mittlerweile erkannt und ihr Handeln gehe in die richtige Richtung. Aber allein die Umstellung der mehrheitlichen Kiefernwälder in klimaresistenter und weniger brand-anfällige Mischwälder werde sehr mühselig werden. Aber umso wichtiger angesichts der Tatsache, dass Wald- und Vegetationsbrände in den letzten Jahren deutlich an Intensität zugenommen haben.
„Mit Blick in die Zukunft müssen wir den Trend ernst nehmen, dass wir deutlich trockenere Sommer bekommen werden“, so Barth. Damit steige auch das Risiko von Wald- und Vegetationsbränden weiter an. „Wenn es nicht regnet, haben wir viel mehr verfügbares Brennmaterial.“ Und gerade die Jahresniederschläge und Durchschnittstemperaturen werden sich in den nächsten Jahrzehnten stark verändern. Das Bundesumweltamt geht davon aus, dass sich die Klimazonen noch bis Ende des Jahrhunderts zwischen 100 und bis zu 600 Kilometer nach Norden verschieben werden.
Der Feuerwehrmann und Brandamtsrat Norman Barth in seinem gewohnten Element, dem Wald.
Der Feuerwehrmann und Brandamtsrat Norman Barth in seinem gewohnten Element, dem Wald.
© Foto: Norman Barth
„Dann haben wir in der Lausitz und Gesamtbrandenburg ähnliche Witterungsbedingungen, wie in Südfrankreich oder Nordspanien“, warnt Barth. Dann stelle sich auch die Frage, ob noch ausreichend Wasser zum Löschen von Bränden zur Verfügung stehe. „Da müssen wir schauen, wie wir uns strategisch aufstellen, unsere Technik anpassen und mit begrenzten Wasserressourcen trotzdem noch Zurande kommen.“