Sobald die Sonne scheint und der Regen ausbleibt, klingeln bei Brunnenbaumeister Iwo Gesche in Lebus (Märkisch-Oderland) die Telefone heiß. Grundstücksbesitzer fragen nach Gartenbrunnen. Die Nachfrage ist höher als das, was Gesches Firma mit 15 Mitarbeitern bewältigen kann. Anderen Brunnenbauern geht es ähnlich. Aufgrund der Trockenheit habe er mehr zu tun als in vergangenen Jahren, bestätigte Andres Nielsen aus Fürstenwalde dieser Zeitung. Die Leute würden nicht zuerst nach dem Preis fragen, sondern, wann er bohren könne, meint ein weiterer Brunnenbauer aus dem Berliner Umland.
Nachfrage nach Gartenbrunnen steigt
Sogenannte Gartenbrunnen sind meist nur wenige Meter tief – in der Regel nicht mehr als 40 Meter, je nach Untergrund. Sie dienen – wie der Name sagt – zur Gartenbewässerung für einen Haushalt und werden zunehmend beliebter bei den Ostbrandenburgern. Das zeigen Zahlen aus vier Landkreisen in Ostbrandenburg und Frankfurt (Oder). Fast überall steigt die Nachfrage deutlich. In Märkisch-Oderland gab es vor drei Jahren noch 50 Anträge von Bürgern für einen Brunnen, 2018 waren es 79, 2019 schon 142 und bis Mitte Mai bereits 82. Auch Anfragen per Telefon und Mail hätten deutlich zugenommen, heißt es.
Im Barnim wurden im Jahr 2019 73 Gartenwasserbrunnen angezeigt und bis Mai 2020 bereits 49. "Die Anfragen von Bürgern zu Gartenwasserbrunnen nehmen seit 2019 extrem zu", teilt der Landkreis Barnim mit. Auch der Landkreis Oder-Spree und die Stadt Frankfurt (Oder) verzeichnen eine steigende Nachfrage. Im Frankfurter Stadtgebiet werden aber nur wenig Brunnen gebohrt. Da gibt es sehr viel Mergel im Boden, und die Chance Wasser zu finden, ist nicht groß, erläutert Brunnenbauer Iwo Gesche. Vergleichsweise gering sind die Anfragen hingegen in der Uckermark (40 Anträge 2019; 23 bis Mai 2020).
Bohrung eines Brunnens im Garten muss angezeigt werden
Wer einen Brunnen für seine Gartenbewässerung bauen lassen will, muss die Bohrung vorab bei der zuständigen Unteren Wasserbehörde in seinem Landkreis oder der Stadt anzeigen. Das erledigt der Grundstückseigentümer – oder mit seiner Einverständniserklärung auch der Brunnenbauer. Die Behörde bestätigt die Anzeige – damit ist es in der Regel getan. Die Wasserbehörde kann die Bohrung aber auch untersagen, wenn sie eine Gefährdung des Grundwassers erkennt. Das kann der Fall sein, wenn sich kontaminierte Flächen in der Nähe befinden oder wenn ein Trinkwassereinzugsgebiet betroffen ist. Der Lebuser Brunnenbauer Gesche bietet einen fachgerecht gebauten Gartenbrunnen komplett mit Pumpe und allem nötigen Zubehör im Schnitt für 5000 Euro an und rät Kunden, in der kühlen Jahreszeit nachzufragen – dann hat seine Firma mehr Zeit dafür.
Größere Brunnen für Landwirte
Das Privatkundengeschäft macht in dem Lebuser Betrieb nur etwa zehn Prozent am Umsatz aus. "Wir bohren nur gelegentlich private Brunnen", sagt der Lebuser Brunnenbauer. Gesche ist in ganz Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern unterwegs und bohrt vor allem größere Brunnen. Für Landwirte wie Dirk Illgner aus Dahme-Spreewald beispielsweise. Er hält in seinem Betrieb 350 Milchkühe und hat sich gerade einen neuen Brunnen bohren lassen. "Vom Frühjahr bis in den Sommer hinein fehlt uns das Wasser", sagt der Landwirt. "Es geht um Ertragssicherheit."
Im Gegensatz zur deutlich steigenden Nachfrage bei privaten Gartenbrunnen verzeichnen die Unteren Wasserbehörden der Ostbrandenburger Kreise mehrheitlich keine steigende Tendenz bei Landwirtschaftsbrunnen. Dort wurden 2019 und in diesem Jahr kaum neue Genehmigungen für Agrarbetriebe erteilt, wie eine vergleichende Nachfrage in vier Kreisen und Frankfurt (Oder) ergab. Dafür reicht eine einfache Anzeige nicht, solche Brunnen müssen von den Behörden genehmigt werden. Statt neu zu bohren, würden eher die Fördermengen vorhandener Anlagen gesteigert, heißt es aus den Verwaltungen.
Allerdings sind die Kosten für einen Landwirtschafts-Brunnen ganz andere als für den kleinen Gartenbrunnen: Rund eine Viertel Million Euro kostet Landwirt Illgner der neue Brunnen samt Beregnungsanlage. Sieben bis zehn Jahre dauert es, bis sich die Investition amortisiert. Illgner muss täglich den Wasserverbrauch dokumentieren, erzählt er. Regelmäßig misst er den Pegel. Die Menge, die er verbrauchen darf, ist begrenzt. Wenn er sich nicht daran hält, droht ihm im schlimmsten Fall der Entzug des Wasserrechts. Das wäre für den Landwirt bei einer Investition von einer viertel Million Euro katastrophal.
Anzahl der privaten Brunnen - hohe Dunkelziffer
Anders ist das bei den Gartenbrunnen: Hier spricht der Gesetzgeber von einer zeitlich begrenzten Entnahme und von geringen Mengen Brauchwasser. Wobei das Gesetz gering nicht definiert und in der Regel von wenigen Kubikmetern am Tag ausgegangen wird.
Wie viele dieser Anlagen es in Ostbrandenburg tatsächlich gibt, ist unklar. Die Unteren Wasserbehörden der Kreise können über schwarz gebohrte Gartenbrunnen nur Vermutungen anstellen; solche Brunnen fallen eher zufällig auf. "Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer aus", sagt Holger Lampe, Dezernent für Umwelt, nachhaltige Entwicklung und Bauwesen im Kreis Barnim. Es gibt keine flächendeckenden Kontrollen. Das sei ein "großer Mangel", sagt Lampe. "Aber wir haben nicht die Leute dafür." Wer gegen die Anzeigepflicht verstößt, dem droht ein Bußgeld, sagt er. Kriminalisieren will er die Schwarzbohrer aber nicht. Großenteils handeln sie aus seiner Sicht aus Unkenntnis, nicht aus Böswilligkeit. Brunnenbauer und Geologen sehen allerdings eine wilde, nicht fachgerechte Bohrerei kritisch: Wenn die Löcher nicht fachgemäß gebohrt und abgedichtet werden, könnten Schadstoffe nach unten Richtung Grundwasser vordringen. Oder in umgekehrter Richtung ein Aufstieg von Salzwasser drohen.
Mehr Gartenbrunnen auf Immobilien am Berliner Stadtrand
Eine Zunahme von Gartenbrunnen gibt es im Barnim vor allem in den Zuzugsgebieten am Berliner Rand. Angesichts der Trockenheit der zurückliegenden Jahre könnte auch eine unkontrollierte Zunahme kleiner Brunnen mit geringen Entnahmemengen problematisch werden. Denn das verbrauchte Wasser fehlt für Grundwasserneubildung in tieferen Schichten, meint Umweltdezernent Lampe. "Wir sollten sichern, dass die Qualität des Trinkwassers hoch bleibt." Auch Landwirtschaft und Forst brauchten Wasser und die Oberflächengewässer. Wasser sei kein Tagesgeschäft, sagt Lampe. "Wir müssen uns mit dem gesamten System der Wasserversorgung beschäftigen und Lösungen finden."
Wer genehmigt welche Brunnen?
Für die Erteilung von wasserrechtlichen Erlaubnissen sind die Obere Wasserbehörde im Landesamt für Umwelt (ab 2000 Kubikmeter Grundwasserentnahme pro Tag) und die Unteren Wasserbehörden (unter 2000 Kubikmeter Grundwasserentnahme pro Tag) zuständig. Gartenbrunnen sind bei den Unteren Wasserbehörden anzeigepflichtig, die Grundwasserentnahme ist in der Regel jedoch nicht erlaubnispflichtig. Im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes Paragraf 46 ist von geringen Entnahmemengen die Rede. ima