„Immerhin, immerhin/Scheltet meinen Kindersinn/Und mein fröhlich Scherzen;/Glücklich jeder, der als Mann/Singen noch und lachen kann/Recht aus vollstem Herzen.“ Diese Zeilen aus einem Gedicht von Theodor Fontane könnten auch für den Grafiker und Buchillustrator Wolfgang Schedler aus Strausberg stehen. Zu finden sind sie in einem kleinen Büchlein, das 100 Gedichte Fontanes präsentiert – illustriert von Schedler, 1989 erschienen beim Verlag Neues Leben Berlin als Lizenzausgabe des Parkland Verlages Stuttgart. Wie jetzt erst bekannt wird, ist Wolfgang Schedler am 8. Mai im Alter von 74 Jahren verstorben.
Mit Neues Leben kamen einige Aufträge zustande. Beispielsweise bereicherte der Grafiker Jule Vernes „Die Jangada“, Émile Zolas „Das Fest von Coqueville“ in der Reihe „Die schönsten Liebesgeschichten aus aller Welt“, „Das Geheimnis der Koranschrift“. Auch Kinder- und Jugendbücher illustrierte er gern, der DDR Kinderbuchverlag mochte Schedlers Sicht auf die Geschichten, und im Sportverlag Berlin erschien „So schmeckt‘s im Grünen – Rezepte für Tramper, Camper und Sonnenhungrige“. Schedlers Themen waren vielfältig. Er gestaltete sie reich an Details und auf seine ganz spezifische Art von Witz und Humor.
Fortan müssen wir mit dem zufrieden sein, was von ihm in der Welt ist. Neues wird nicht mehr hinzukommen. In den ersten Julitagen dieses Jahres wird Wolfgang Schedler auf dem Waldfriedhof Strausbergs zu Grabe gelegt. In seinen Gedanken hatte er sich schon etwas eher auf den Weg gemacht in eine andere Welt, in der sich die Jahres- und Lebenszeiten mischen und Neues ins Vergessen purzelt.

Goldene Feder bei der Biennale in Belgrad

1949 in Leipzig geboren, studierte er an der dortigen namhaften Hochschule für Grafik und Buchkunst bei Rolf Kuhrt und Arno Rink. Seit 1978 lebte er als freiberuflicher Grafiker und Illustrator in Strausberg. Arbeiten von ihm waren u.a. in Berlin, Paris, Tokio, Bologna, Bratislava, Fürstenwalde, Strausberg ausgestellt. 1992 bekam er den Jury-Preis der Biennale „Goldene Feder“ Belgrad für die Illustration des Buches „Le fin de l‘Histoire avec Paul Guth“, Edition Fleurus Jeunesse, in dem es darum geht, warum Kinder, die Geschichte lieben, wütend auf die Geschichte Frankreichs sind – erzählt in unwiderstehlichen Anekdoten. Ganz nach dem Geschmack des Künstlers.
Schedler liebte das Zarte, das Filigrane. Wer vor seinen Bildern steht, kann die Freude am Detail ausgiebig genießen. Wobei er stets bescheiden hinter seine Arbeiten zurücktrat, denn er betrachtete sie als „visuelle Kommunikation“, sich nicht als Künstler. Falsch. So zu arbeiten wie er ist eine Kunst!

Genauer Blick auf den Alltag

Brillante Technik paart sich mit sensiblem Erfassen des Sujets und mündet in einer Aussagekraft, die das Herz des Betrachters erfasst, seine Sinne schärft, ihn empfänglich macht für seinen hintersinnigen Humor. So hat Schedler die Welt ertragen, mit einem genauen, unbestechlichen Blick auf den Alltag, auf die Gesellschaft – mit seinem subtilen Humor. Das, was dieser Künstler uns hinterlässt, ist Motivation, unseren gesunden Menschenverstand nicht aufzugeben.
Der österreichische Dichter und Schriftsteller Ernst Jandl wird ihm nah gewesen sein. Und so findet sich in der Anzeige von Schedlers Tod nun Jandls Spitzfindigkeit wieder in dem Vers: „Wir sind die Menschen auf den Wiesen/bald sind wir die Menschen unter den Wiesen/und werden Wiesen und Wald/das wird ein heiterer Landaufenthalt.“