65 wäre er also Mitte Februar geworden, der Falco, hätte es nicht diesen Unfall unter Drogen und Alkohol gegeben. Ob er ihn aus der Mitte eines großen Künstlerlebens gerissen hat? Wer weiß.
Die letzten Jahre des Johann Hölzel waren ja nicht so besonders erfolgreich. Mit Mühe hatte er 1992 ein Comeback gestartet und sein letztes Album zu Lebzeiten zumindest in Österreich an der Spitze der Charts platzieren können. Danach folge eine lange Pause, die zu einer ewigen wurde. So hat das plötzliche Ende vielleicht auch etwas Gutes gehabt. Die Nachwelt behielt Falco mit seinen großen Hits in Erinnerung.
Youtube
Und die dürfen nun zum runden Jubiläum auf einer Vinylscheibe Platz nehmen. Schon wieder mögen manche nörgeln. Und tatsächlich, einige Best-Of-Zusammenstellungen haben in der Vergangenheit die Presswerke verlassen. „The Sound of Music“ ist dennoch anders. Denn es sind nicht die üblichen Verdächtigen, die in der Setlist berücksichtigt wurden. Zumindest nicht alle. Oft gehört und kaum gekannt trifft es daher wohl am ehesten. Die Doppel-LP im purpurnen Gatefold, von dem die typischen Fantasy-Uniform des Wieners herunterstrahlt, vereint erstmals die amtlich notierten Hits in der chronologischen Reihenfolge ihres Erscheinens.
Standesgemäß mit Skandal
Folgerichtig macht „Ganz Wien“ den Anfang. Schließlich war es auch der Beginn von Falcos Karriere. Und die startete standesgemäß mit einem Skandal. Denn „ist heut auf Heroin“ lautete die Unterzeile des Songs, der promt auf dem Index landete. Eine bessere Promotion hätte sich Hölzel gar nicht wünschen können. Und entsprechend spielte die Provokation, die Tändelei mit dem Verbotenen, auch im weiteren Verlauf seines Künstlerlebens eine entscheidende Rolle. „Einmal g‘spritzt, dann wieder kloar“ wurde zum zweideutigen Motto seiner selbst und der Texte und stammt aus „America“. Das ist leider nicht auf der aktuellen Compilation vertreten. Denn als Teil von „Falco 3“ - dem erfolgreichsten Longplayer des Wieners - war bei der Auswahl die Konkurrenz einfach zu groß: Rock Me Amadeus, Jeanny, Vienna Calling vertreten die Scheibe aber mehr als ebenbürtig.
Blick auf die Schickeria
Neben den bekannten Gassenhauern sollte der Hörer sich deshalb unbedingt den eher wenig gehörten Hits widmen, die musikalisch zwar in ihrer Zeit verharren, aber textlich teils nicht nur brillant sind, sondern die Wiener Schickeria bis in die Neuzeit hinein trefflich charakterisieren. Gerade „Wiener Blut“ und „Titanic“, ein stückweit auch „Egoist“ und „Brillantin‘ Brutal“ stehen dafür exemplarisch. Was hingegen das Duett mit Brigitte Nielsen „Body Next To Body“ auf der Scheibe zu suchen hat, ist rätselhaft. Weder wirklich erfolgreich noch wirklich wegweisend. Und auch nicht auf einer LP vertreten. Hier hätte man gern „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“ mitnehmen können. Ebenfalls nur als Single erschienen aber in Sachen Musik und Text deutlich innovativer. Zum Glück der einzige Ausfall unter den 19 Tracks.
Tragik der letzten Jahre
Mit „Out of the Dark“ beschließt ein geradezu prophetisches Stück den offiziellen Reigen. Schließlich entstammt dem Song mit „Muss ich denn sterben, um zu leben“ jene Zeile, die die ganze Tragik der letzten Falco-Jahre zusammenfasst. Zudem ist die Single erst posthum veröffentlicht worden, was so manchen dazu veranlasste, zu glauben, der Sänger wäre wegen Erfolglosigkeit freiwillig aus dem Leben geschieden.
Aber natürlich wird der Hörer nicht mit einem eher schwermütigen Track entlassen. Nein, eine 2022-iger Mix-Version vom vielleicht größten Falco-Hit „Rock Me Amadeus“ beschließt die Werkschau über zwei Dekaden hinweg. Und dazu stellt sie sicher, dass jeder Compilation zumindest etwas Neues beigemischt werden muss.
Vinyl mit Schmelz und Schmäh
Technisch spielen beide Vinyls ganz klar in der Neuzeit. Die Bühne ist breit und detailliert, es kommt genügend Druck aus den Boxen. Und auch der Schmelz des schwarzen Materials, der sich hier mit dem Schmäh in der Stimme des Sängers vereint, trägt ohne Frage zum Hörgenuss bei. Insofern macht niemand was verkehrt, der mit Falco zusammen den 65. feiert.
Falco „The Sound of Music“
Sony Music