Sie zählen zu den ganz großen Veteranen der Rockmusik im deutschen Osten. Sie schrieben etliche Hits, tourten durch viele Länder Europas und sogar Lateinamerikas. Und sie machten ihrem Namen über viele Jahre alle Ehre: Bei Karussell heuerten immer wieder neue Musiker an, das sprichwörtliche Mitgliederkarussell drehte sich über Jahrzehnte kontinuierlich weiter. Und noch immer ist Karussell aus Leipzig aktiv.
Bei ihren Kirchenkonzerten spielt die Band viele Lieder aus den Anfangsjahren, die bei Auftritten auf der großen Bühne eher außen vor bleiben: ruhige, lyrische Stücke wie zum Beispiel „Das einzige Leben“. Keyboarder Wolf-Rüdiger Raschke, nach fünf Jahrzehnten das einzige durchgängig aktive Bandmitglied von Karussell: „Die Menschen hören ganz anders auf unsere Texte, sie nehmen die Einheit mit der Musik viel tiefer wahr.“

Auferstanden aus den Ruinen der Klaus Renft Combo

Karussell waren ursprünglich im Jahr 1976 aus der Konkursmasse der Kultband Klaus Renft Combo („Apfeltraum“, „Wer die Rose ehrt“) hervorgegangen. Jene Band war in den Jahren zuvor bereits mehrfach mit Auftrittsverboten belegt und nun endgültig verboten worden. Von Renft kamen der Sänger und Gitarrist Peter Gläser sowie Schlagzeuger Jürgen Hohl. Karussell gründeten sie in Leipzig als Septett gemeinsam mit Mitgliedern der Band Fusion. 1979 erschien mit „Entweder oder“ ein erstes Album. Bis zum Ausstieg von Peter Gläser 1984 entstanden viele epische Stücke mit lyrischen Texten, die noch heute im Repertoire der Band sind.
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Es folgte eine kurze Periode, die von rockigen Klängen geprägt war, nachzuhören auf dem Album „Was kann ich tun“. Die Texte blieben hochdramatisch, romantisch, zum Teil philosophisch, zum Teil mit versteckten Anspielungen auf Dinge, die damals in der DDR nicht offen ausgesprochen werden durften. Sie verhandelten die Begrenzungen des Alltags im sozialistischen Staat. So etwa im Titelstück: „Worum also geht es mir in diesem Lied? / Dass noch einem todgeweihtem Glück geschieht, / Und wie man voll Ohnmacht ist und man nicht weiß, / Wie man mit ihm umgeh'n soll so lebensheiß.“
Das war nicht einfach nur Liedpoesie, das waren die alltäglichen Gewissenskonflikte der Bandmitglieder. Der damalige Sänger Lutz Salzwedel und Gitarrist Tom Leonhardt nutzten eine Tour durch die BRD, um in den Westen zu fliehen. Lutz Salzwedel machte später übrigens unter dem Namen Dan Lucas auch in den USA Karriere, er nahm unter anderem Musik gemeinsam mit Rocksängerin Robin Beck auf und stand mit Deep-Purple-Sänger Ian Gillan auf der Bühne.
Die rockige Seite der Band: Die Karussell-LP "Was kann ich tun" des VEB Deutsche Schallplatten Berlin Amiga, erschienen im Jahr 1984. Die Rockband Karussell war neben Karat, City, Puhdys, Silly und Electra eine der bedeutendsten und populärsten Gruppen der DDR.
Die rockige Seite der Band: Die Karussell-LP „Was kann ich tun“ des VEB Deutsche Schallplatten Berlin Amiga, erschienen im Jahr 1984. Die Rockband Karussell war neben Karat, City, Puhdys, Silly und Electra eine der bedeutendsten und populärsten Gruppen der DDR.
© Foto: Peter Endig/dpa

Erfolgsverwöhnte Jahre mit Dirk Michaelis

Den notwendigen Umbesetzungen zum Trotz: Die zweite Hälfte der 80er-Jahre waren die erfolgreichste Phase der Band. Mit dem neuen Sänger Dirk Michaelis hatte Karussell vor allem den Hit „Als ich fortging“, eines der erfolgreichsten Lieder der gesamten DDR-Geschichte. Die Lyrikerin Gisela Steineckert schrieb den Text zu dieser melodischen Ballade, die als Liebeslied gedeutet werden kann, aber auch als Allegorie auf die Frage „Gehen oder bleiben?“, mit der sich viele frustrierte, ausreisewillige Menschen in der Spätphase der DDR trugen.
Schon lange nicht mehr dabei: Dirk Michaelis führte die Gruppe in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre zu ihren in kommerzieller Hinsicht größten Erfolgen. Hier ist er bei einem Solo-Auftritt auf dem Marktplatz von Grimma im Jahr 2005 zu sehen.
Schon lange nicht mehr dabei: Dirk Michaelis führte die Gruppe in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre zu ihren in kommerzieller Hinsicht größten Erfolgen. Hier ist er bei einem Solo-Auftritt auf dem Marktplatz von Grimma im Jahr 2005 zu sehen.
© Foto: Jan Woitas/dpa
Aber nach zwei Alben in dieser Besetzung schwand das Interesse an der Band rapide, als die Wende kam. Damit erging es Karussell letztlich nicht anders als den meisten Bands aus dem Osten Deutschlands, die in dem Moment abgemeldet waren, als sie in offener Konkurrenz mit dem gesamten internationalen Musikgeschäft standen. Dirk Michaelis machte solo weiter, der Rest der Band suchte sich zum Teil Brotberufe. Wolf-Rüdiger Raschke etwa arbeitete einige Jahre lang als Hotelmanager.

Neues Kapitel mit der zweiten Generation

Es dauerte bis 2007, als eine neue Inkarnation von Karussell zusammenfand. Damals gab Raschkes Sohn Joe den Anstoß. Er überzeugte seinen Vater, sich wieder mit den alten Liedern zu befassen. Gründungsmitglied Reinhard Huth an Gitarre und Gesang war ebenfalls wieder mit von der Partie. Ergänzt um einige Neuanwerbungen, nahm ein runderneuertes Sextett den Tourbetrieb wieder auf und veröffentlichte 2011 das komplett neue Studioalbum „loslassen“.
Joey Raschke (M.), Sänger der Band "Karussell", singt bei einem Konzert im Gebäude der Leipziger Volkszeitung mit seinen Musikern Hans Graf (l.) und Reinhard Huth. Sie stellten damals ihr Album "Erdenwind" vor. Gitarrist Hans Graf hat sich kurze Zeit später in den Ruhestand zurückgezogen, sein Nachfolger bei Karussell heißt Jens Legler.
Joey Raschke (M.), Sänger der Band "Karussell", singt bei einem Konzert im Gebäude der Leipziger Volkszeitung mit seinen Musikern Hans Graf (l.) und Reinhard Huth. Sie stellten damals ihr Album „Erdenwind“ vor. Gitarrist Hans Graf hat sich kurze Zeit später in den Ruhestand zurückgezogen, sein Nachfolger bei Karussell heißt Jens Legler.
© Foto: Sebastian Willnow/dpa
Das letzte Album „Erdenwind“ von 2018 knüpfte – der Titel verrät es bereits – an die poetischen Lieder der Anfangsjahre an. Es bleibt abzuwarten, ob diese Seite des Bandschaffens auch den Ton für die neuen Stücke vorgibt. Aufnahmesessions finden im Frühjahr in den legendären Hansa Studios nahe dem Potsdamer Platz statt. Da, wo einst David Bowie, U2 und Depeche Mode schon legendäre Alben eingespielt haben. Und auch Karussell waren in der Besetzung mit Dirk Michaelis schon einmal dort, im Jahr 1989 und noch vor dem Fall der Mauer, als sie an ihrem Album „Solche wie du“ gearbeitet haben. Das wurde dann allerdings erst im Folgejahr veröffentlicht und ging im Wende-Jubel komplett unter, siehe oben.
Reinhard Huth (l.) neben dem damaligen Band-Gitarristen Hans Graf.
Reinhard Huth (l.) neben dem damaligen Band-Gitarristen Hans Graf.
© Foto: Sebastian Willnow/dpa
Karussell live in der evangelischen Stadtkirche St. Marien in Gransee, 29. April, 19.30 Uhr, Tel.: 03306 2676, Online-Ticketverkauf

Weitere Konzerttermine

16. April: St. Pauluskirche in Colbitz, 19 Uhr
21. April: Kraftverkehr Chemnitz, 20 Uhr
23. April: Kulturweberei Finsterwalde, 19 Uhr
28. April: Stadtkirche Jena, 19 Uhr
30. April: Theater der Hansestadt Wismar, 19.30 Uhr
1. Mai: Haus der Kultur und Bildung, Neubrandenburg, 17 Uhr
5. Mai: St. Laurentius Kirche, Pegau, 19 Uhr
6. Mai: St. Kilianskirche, Bad Lausick, 19 Uhr
7. Mai: Stadtkirche St. Maximi, Merseburg, 19 Uhr
12. Mai: Sankt Johannis Kirche, Urbach am Harz, 19 Uhr
13. Mai: Kirche Bad Sulza, 10.30 Uhr
28. Mai: Quappendorf, Lindenstraße 14, Neuhardenberg, 18 Uhr
2. Juni: Im Tivoli, Freiberg, 19.30 Uhr
3. Juni: Dreieinigkeitskirche Zeulenroda-Triebes, 19 Uhr
4. Juni: Kirche Grossröda, Starkenberg OT Grossröda, 18 Uhr
7. Juni: Kreuzkirche Spremberg, 19.30 Uhr
10. Juni: Peterskirche, Püchau, 19 Uhr
11. Juni: St. Peter & Paul Kirche, Barleben, 19 Uhr
16. Mai: Margarethenkirche, Gotha, 19 Uhr
24. Juni: Stadtfest Brandis, Stadtpark in der Bahnhofstr. 22, Mitternacht
Weitere Informationen auf der offiziellen Website der Band Karussell.