Vor knapp zwei Jahren ist Yasmina Rezas Roman „Babylon“ auf Deutsch erschienen, in dem die französische Autorin („Der Gott des Gemetzels“) wieder einmal zeigt, wie wenig es braucht, um aus ganz normalen Menschen wahre Monster werden zu lassen. Am Mittwochabend haben Caroline Peters und Samuel Finzi den von Gerhard Ahrens gewohnt souverän eingerichteten Text im Berliner Sparkassenhaus gelesen – und damit einen kleinen Vorgeschmack gegeben auf das, was die Stiftung Schloss Neuhardenberg in diesem Jahr wieder mitten in der brandenburgischen Provinz an hochkarätiger Kultur auffahren wird.
„Die schönen Plätze dieser Erde findet man meist nicht um die Ecke“: So warb die Generalbevollmächtigte der Stiftung, Heike Kramer, in der anschließenden Programmvorstellung beim Berliner Publikum dafür, den Weg nach Neuhardenberg unbedingt auf sich zu nehmen. Zumal er sich jetzt noch viel besser planen lasse: Zum ersten Mal präsentiert die Stiftung ihre Kulturvorhaben nicht zweigeteilt, sondern als Programm fürs ganz Jahr. Schon jetzt, scherzte Kramer, könne man also problemlos Karten für den kommenden Advent ordern – zum Beispiel für das Weihnachtskonzert der Blechbläser von German Brass (7.12.).
Nicht vorbei kommt man natürlich auch in Neuhardenberg an den großen Jubiläen. Das Thema 30 Jahre Mauerfall zum Beispiel greift unter anderem die Reihe „Kino trifft Kulinarik“ (15.6.) auf, zu der Günther Fischer und Band angekündigt sind. Sie werden gemeinsam mit Fischers Tochter Laura und Regisseur Andreas Dresen musizieren, bevor im Anschluss Dresens Film „Gundermann“ läuft. Ein Wiedersehen mit dessen wunderbarem Hauptdarsteller Alexander Scheer gibt es schon im Herbst: Dann wird er die Lieder von Gundermann singen, während Corinna Harfouch Texte von Thomas Brasch, Peter Hacks, Heiner Müller und anderen vorträgt (22.9.).
Ein ganz besonderes Anliegen – „wir haben nicht zuletzt auch eine Verpflichtung der Familie Hardenberg gegenüber“, so Kramer – ist der Stiftung die Erinnerung an das Hitler-Attentat, das sich am 20. Juli zum 75. Mal jährt. Carl-Hans Graf von Hardenberg, der letzte Standesherr auf Neuhardenberg, war damals an den Vorbereitungen beteiligt. Nach einem Gedenkgottesdienst am Jahrestag werden Jutta Hoffmann und Jörg Gudzuhn aus Falladas „Jeder stirbt für sich allein“ lesen.
Und dann Fontane: Den 200. Geburtstag des Neuruppiner Dichters feiert die Stiftung mit einer Lesung aus dem Briefwechsel, den er mit seiner Frau führte (14.9.), einem Konzert des Clubs der toten Dichter, die Fontane „neu vertont“ haben (12.5.), einer Lesung aus seinen Texten rund ums Weihnachtsfest (30.11.) und einer Ausstellung der Gedok, die ausloten will, was das Schaffen zeitgenössischer Künstlerinnen mit Fontane zu tun hat (14.9.–8.12.). Am Ende hofft Heike Kramer, soll so im Reigen der brandenburgweiten Festveranstaltungen noch einmal ein anderer Blick auf den Autoren möglich werden.
Eine „Balance von Aktualität und Kontinuität – und dass es etwas mit den Menschen und mit unserer Zeit zu tun hat“: Das ist für die Stiftungschefin das Ziel jeder Programmgestaltung. Etablierte Reihen wie „Tatort Neuhardenberg“ wird es darum auch 2019 wieder geben, ebenso wie die Neuhardenberg-nacht (1.6.), der Meisterschüler-Workshop mit dem Cellisten Jan Vogler (Konzert am 3.8.) und die Ausstellung zum Brandenburgischen Kunstpreis (23.6.–1.9.). Ganz neu ist in diesem Jahr dagegen das vom Liedermacher Klaus Hoffmann kuratierte „Neuhardenberg Sängertreffen“, zu dem Katharine Mehrling, Etta Scollo, Wenzel, Konstantin Wecker und Erika Pluhar erwartet werden (8.6.). Sollte der Testlauf gelingen, könne das Spektrum der eingeladenen Künstler in Zukunft noch deutlich erweitert werden, sagt Heike Kramer.
Wer die „Babylon“-Lesung am Mittwoch verpasst hat, für den bietet sich übrigens gleich zum Auftakt der im April beginnenden Schlosssaison noch einmal eine Gelegenheit: Am 6. des Monats wird Caroline Peters dort erneut in die Rolle der helfenden Nachbarin Elisabeth schlüpfen, dann allerdings an der Seite von Martin Wuttke.