Genauso wie seine aktuellen Sanktionsdrohungen gegen deutsche Unternehmen wegen der Gaspipeline Nord Stream 2. Der Vertreter Washingtons unterstrich damit eine Entwicklung, die auch in anderen Bereichen zu beobachten ist: die Rückkehr der Erpressung als politisches Mittel.
Mit dem Auftritt Donald Trumps auf der Weltbühne hat dieses Instrument der Politik an Raum gewonnen. Das lässt sich in den vergangenen Monaten und Jahren an mehreren Konflikten ablesen. Da war zum Beispiel der Streit um das Nato-Budget, bei dem Trump die grundsätzliche Bereitschaft zur Verteidigung von Bündnispartnern in Frage stellte, wenn sie nicht ausreichend einzahlen. Das Atomabkommen mit dem Iran kündigte Washington einseitig auf, nahm Sanktionen gegen Teheran wieder auf und verlangte, dass die europäischen Unterzeichner diesem Schritt folgen. Ansonsten würden europäische Unternehmen, die mit dem Iran Handel trieben, in den USA geächtet. Das Muster ist bei den Drohungen wegen Nord Stream 2 dasselbe. Auch der Handelskonflikt mit Europa und China und der angedrohte US-Einmarsch in Venezuela tragen Züge einer Erpressung.
Elemente von Zwang waren zwar schon immer Teil der Politik. Sanktionen, Drohungen, Machtgebärden und das Klarmachen von Abhängigkeiten gehören zum weniger feinen, aber oft wirksamen  Instrumentarium internationaler Verhandlungen. Früher wurden solche Kämpfe aber jenseits des Scheinwerferlichtes ausgefochten, was vor allem der schwächeren Seite die Möglichkeit gab, gesichtswahrende Kompromisse zu präsentieren. Heute werden Partner öffentlich vorgeführt. Die Umdeutung von Verbündeten zu Gegnern setzt zudem die Einigkeit eines Bündnisses wie der Nato oder des Westens generell aufs Spiel. Gerade in einer unübersichtlich werdenden Welt sind solche Risse gefährlich, weil sie Schwachstellen offenlegen, die Gegner nur allzu gern nutzen.
Die Motive hinter den US-Drohungen sind in den seltensten Fällen hehrer Natur. Im Gegenteil, das Weiße Haus vermischt politische und wirtschaftliche Anliegen. Hinter dem Dauerfeuer gegen Huawei und gegen die Ostseepipeline stehen neben politischen Gründen – Abhörgefahr durch China bzw. eine Abhängigkeit Europas von Russland – auch handfeste ökonomische Interessen Washingtons. Denn letztlich will es eigene Unternehmen beim Aufbau des 5G-Netzes zum Zuge kommen lassen. Und seine Erdgasförderer sollen ihr Produkt nach Europa verkaufen können.
Die Alternativlosigkeit des Erpressten, die einer solchen Strategie zugrunde liegt, haben zumindest im Falle des Iran-Konflikts die europäischen Länder mit einer eigenen Plattform für den Handel mit dem Iran durchbrochen. Die ist zwar bislang nicht sehr erfolgreich. Aber sie zeigt, dass man sich nicht jeder Erpressung beugen muss.