Wer jubeln will, muss leiden. Das galt für den 1. FC Union Berlin am Donnerstagabend beim turbulenten 3:3 (1:1) im Hinspiel des Achtelfinals der Fußball-Europa-League – und speziell für Angreifer Sven Michel. Mit dem späten Ausgleichstor meldet sich der 32-Jährige zurück. Ist er die Lösung für die anhaltende Torflaute der Berliner Offensivkräfte?
Dreimal waren die Berliner gegen die eiskalten Belgier in Rückstand geraten, Victor Boniface (28./72.) und Yorbe Vertessen (58.) trafen ins Herz der Unioner. Drei Gegentore in einem Heimspiel, das war den Berlinern zuletzt vor mehr als einem Jahr gegen Borussia Dortmund (0:3) passiert.
Nun ausgerechnet in einem der größten Spiele der Vereinsgeschichte: Die Treffer nach individuellen Fehlern taten Mannschaft und Fans im ausverkauften Stadion An der Alten Försterei richtig weh. Trainer Urs Fischer legte den Finger in die Wunde: „Wir haben dreimal aus dem Nichts ein Gegentor bekommen. So einfach darfst du es dem Gegner nicht machen.“

Sven Michel trifft zum 3:3-Ausgleich

Dass letztlich dennoch auch an diesem Europapokal-Abend zumindest über einen gefühlten Sieg gejubelt werden konnte, lag an bemerkenswerten Comeback-Qualitäten der Berliner. Union spielte mutig, ohne dabei ganz große Gefahr auszustrahlen. Josip Juranovic mit einem wunderbaren Freistoß-Tor (42.) und Robin Knoche per Elfmeter-Nachschuss (69.) hielten das Spiel aber offen – und dann kam Sven Michel.
In der Schlussphase eingewechselt, machte er in der 89. Minute alles richtig. Einen langen Ball konnte der 32-Jährige erst kontrollieren und dann beherzt abschließen. Der darauffolgende Zusammenprall mit einem Gegenspieler war ein kapitaler Nackenschlag, doch die Erlösung über diesen Ausgleichstreffer linderte schnell die Schmerzen. Michel erklärte erleichtert: „Der Ausgleich war sehr wichtig. Wenn wir mit einer Niederlage ins Rückspiel hätten gehen müssen, wäre es eklig geworden.“
So haben die Unioner immer noch beste Chancen auf das Viertelfinale. Trainer Fischer befand: „Es ist ein gutes Resultat, so wie es gelaufen ist.“ Weil die Auswärtstor-Regel weggefallen ist, beginnt der Abnutzungskampf zwischen beiden Teams am kommenden Donnerstag bei null.

Erinnerungen an die Gruppenphase

Union würde ein 1:0-Sieg reichen – und wie der in Belgien klappen kann, weiß Torschütze Sven Michel sehr gut. Mit seinem Tor zum 1:0 in der Gruppenphase bei Union St. Gilloise hatte der Linksfuß den 1. FC Union überhaupt erst in die K.-o.-Runde geschossen. Damals stand er in der Startelf – für Michel in dieser Saison eine Seltenheit. Nur dreimal gehörte er in dieser Saison in Pflichtspielen zur Anfangsaufstellung von Trainer Urs Fischer.
Michel gab zu: „Das Tor war für mich auch persönlich sehr wichtig. Ich hatte zuletzt wenig Spielzeit. Wenn man sich dann so zurückmelden kann, ist es für jeden, der in meiner Situation ist, sehr schön.“ Kann er nun die Torflaute der Berliner Offensivkräfte beheben? Kevin Behrens (3 Tore), Jordan Siebatcheu (1) und Sheraldo Becker (0) haben schließlich in diesem Fußballjahr noch keine berauschende Ausbeute. In der Bundesliga sind die „Eisernen“ bereits seit drei Spielen torlos.

Union Berlin spielt beim VfL Wolfsburg

Trainer Urs Fischer hat zumindest eine weitere Option. Angesprochen auf diese Thematik betonte der Schweizer Chefcoach: „Natürlich freut es mich für ihn. Es müssen nicht immer die Stürmer sein, aber die leben natürlich von ihren Toren. Entscheidend war, dass wir ausgleichen konnten. Da spielt es für mich keine Rolle, wer das Tor erzielt hat.“
Das klang nicht unbedingt nach einer Einsatzgarantie für Sven Michel. Der Angreifer hofft dennoch darauf, dass er im Lotto-Park von Anderlecht am kommenden Donnerstag (21 Uhr) von Beginn an ran darf: „Das würde ich natürlich gern – es wäre gelogen, wenn nicht. Dieses Spiel hat von uns noch keiner gespielt.“
Zuvor lenkt Trainer Fischer aber den Blick auf „die nächste Aufgabe“ am Sonntag beim VfL Wolfsburg (19.30 Uhr). Schon dort werden Berliner Tore benötigt, um den aktuellen Champions-League-Rang drei zu verteidigen. Sven Michel warnte, dass die Berliner dort nicht wieder so viele Ballverluste im Spielaufbau haben dürfen. Er vermutet: „Die werden dieses Spiel ja auch gesehen haben.“
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