Der 2:1-Erfolg von Union Berlin im Achtelfinale gegen den VfL Wolfsburg wäre vermutlich als ganz normales Pokalspiel in die Vereinshistorie der Eisernen eingegangen. Es war der vierte Sieg in Serie – auch das ist mittlerweile nichts Unnormales mehr in Köpenick. Alles andere als normal verliefen jedoch die 24 Stunden vor diesem Pokalspiel.
Es war jener denkwürdige Tag, an dem 1. FC Union Berlin versuchte, mit dem Spanier Isco einen leibhaftigen Weltstar an die Wuhle zu lotsen. Der Transfer-Coup befand sich zwar auf gutem Weg, scheiterte aber auf der Ziellinie, wie man inzwischen weiß. „Ja, es war ein ereignisreicher Tag. Wenn so ein großer Name eventuell zu dir in die Mannschaft wechselt, ist das natürlich ein Thema“, fasste Mittelfeldspieler Rani Khedira das Wellenbad der Gefühle in der Kabine zusammen. Er wirkte nach dem Sieg auch ein wenig erleichtert.

Union Berlin im Viertelfinale

Also Ende gut, alles gut? Nicht ganz, auch wenn Union Berlin wie im vergangenen Jahr wieder im Viertelfinale steht. Denn der Wirbel um Isco hat den Verein mehr durchgerüttelt, als man es dem Spiel der Eisernen gegen Wolfsburg ansah. Die Gastgeber schafften in der 12. Minute durch Robin Knoche schnell den Ausgleich und kamen nach einer guten 2. Halbzeit in der 79. Minute zum Siegtreffer durch Kevin Behrens.
Isco, der ehemalige Profi von Real Madrid und fünfmalige Gewinner der Champions League, kommt zu einem Malocher-Club wie Union Berlin? Es klang wie ein modernes Fußball-Märchen, das die gesamte Branche mehrere Tage lang faszinierte, bei Fußball-Traditionalisten aber auch ein gewisses Bauchgrummeln hervorrief. Und wie das bei Märchen so ist – sie haben mit dem normalen Leben nicht viel gemein. „Was soll ich sagen?“, sinnierte Union-Trainer Urs Fischer mit Blick auf das Pokalspiel gegen Wolfsburg. „Die Vorbereitung war sicher nicht optimal. Aber wir wollten uns auch kein Alibi schaffen und haben versucht, uns auf unsere Aufgabe zu fokussieren. So, wie die Mannschaft aufgetreten ist, hat sie es gut weggesteckt.“
Am Rande des Spiels sickerten derweil tröpfchenweise immer mehr Details, wie verrückt der Flirt mit dem Weltstar aus Spanien wirklich abgelaufen ist. Manger Oliver Ruhnert ließ bei „Sky“ durchblicken, dass es alles andere als eine fixe Idee war, ihn an Union Berlin zu binden. Bereits kurz vor Weihnachten, als Isco seinen Vertrag beim FC Sevilla auflöste, habe man erstmals Kontakt aufgenommen – damals noch erfolglos. In den vergangenen zehn Tagen sei dann aber doch Bewegung in die Sache gekommen, so Ruhnert. Dass der Flirt mit Isco erst am vergangenen Wochenende publik wurde, spricht für den Verein.
Der Rest ist bekannt: Isco schwebte am Montagabend mit einem Privatjet ein, landete aber letztlich doch nicht in Köpenick. Trotz des bestandenen Medizinchecks am Dienstagmorgen platzte der Deal, weil die Isco-Seite nach Darstellung von Ruhnert kurzfristige Änderung am Vertrag wünschte, die vorher nicht so besprochen worden seien.
Union-Manager Oliver Ruhnert (rechts, neben Torsten Mattuschka) gab Rande des Pokalspiels gegen Wolfsburg weitere Einblicke in den Poker um Isco.
Union-Manager Oliver Ruhnert (rechts, neben Torsten Mattuschka) gab Rande des Pokalspiels gegen Wolfsburg weitere Einblicke in den Poker um Isco.
© Foto: Matthias Koch
Bemerkenswert ist, dass auch die Mannschaft offenbar erst am Tag des Wolfsburg-Spiels erfuhr, was am Isco-Gerücht wirklich dran ist. „Wir haben heute früh erfahren, dass er tatsächlich kommt. Und am Mittag dann, dass er doch nicht kommt“, erklärte Rani Khedira.
Auch der Doppelpass von Kapitän Christopher Trimmel mit Isco nach dem Derby gegen Hertha BSC am vergangenen Samstag auf Instagram erscheint inzwischen in einem ganz anderen Licht. Trimmel hatte den Sieg Isco gewidmet und daraufhin ein Bizeps-Emoji vom Spanier erhalten. Zahlreiche Union-Spieler stiegen in den Dialog ein und sendeten lustige Reaktionen. „Wir wussten am Samstag noch nichts und haben uns da einfach einen Spaß erlaubt. Das war ziemlich witzig für alle Beteiligten“, schmunzelte Khedira.
Die Reaktionen von Trainer und Spielern nach dem Achtelfinalsieg gegen Wolfsburg ließen erahnen, dass allen Beteiligten das Lachen nach dem Scheitern des Isco-Deals erst einmal gehörig vergangen sein muss. Trainer Urs Fischer stellte sich sogar die Frage, „ob man an so einem Tag wirklich spielen muss“. Der letzte Tag des Winter-Transferfensters sei „sicher nicht der optimalste Tag“, so Fischer. „Aber das gehört dazu. Entscheidend ist, wie du damit umgehst.“

Union Berlin lacht wieder

Das Lachen kehrte bei Union Berlin spätestens nach dem Schlusspfiff am Dienstagabend zurück. Weil die Mannschaft unter Beweis stelle, dass sie mittlerweile auch mit solchen Extremsituationen umgehen kann. „Es zeigt, wie gefestigt diese Mannschaft ist, charakterlich und mental“, fand Abwehrchef Robin Knoche.
Der Traum von Isco endete also mit einem Sieg gegen den VfL Wolfsburg. Auch ohne den berühmten Spanier sieht sich der Tabellenzweite der Fußball-Bundesliga gut gerüstet für die nächsten Aufgaben. „Klar, es wäre eine geile Geschichte gewesen. Aber wir haben auch so eine geile Mannschaft“, erklärte Rani Khedira.
Am Samstag kommt der FSV Mainz 05 ins Stadion An der Alten Försterei. Weil Bayern München erst einen Tag später gegen Wolfsburg spielt, können die Eisernen mit einem Sieg gegen Mainz zumindest vorübergehend die Tabellenspitze übernehmen.