Zurückgezogen, irgendwo in der Pampa, lebt Dom Toretto in menschlicher Abgeschiedenheit. Sein Outlaw-Dasein hat er an den Nagel gehängt, ist aber stets gewahr, dass es ihn auch wieder einholen könnte. So begegnet er jedem Besucher erstmal mit natürlichem Misstrauen. Und einer Knarre in der Hand. Tatsächlich mischt sich sein altes Leben plötzlich ins das neue ein. Denn ein Größenwahnsinniger hat vom ehemaligen Auftraggeber Mr. Nobody ein Gadget gestohlen, das in den falschen Händen zur ultimativen Waffe werden könnte. Es gilt also nichts geringeres zu retten als die Welt.
Brüder als Feinde
Wenn es nur so einfach wäre. Das Team zusammengetrommelt, mit Vollgas rein und wieder raus, fertig. So ist es meist gelaufen. Dieses Mal aber ist der Gegner stärker, unberechenbarer - und ein alter Bekannter. Jakob, Doms Bruder. Die familiäre Komponente macht die Angelegenheit nicht leichter, denn nun kommen auch Emotionen ins Spiel. Denn für Dom ist der Kleine verantwortlich für den Tod des Vaters bei einem Rennen, in dessen Folge die Familie auseinander brach.
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Nicht von ungefähr versucht Toretto deshalb, seine neue als höchstes Gut zu beschützen und zu bewahren. Jakob hat als Außenseiter dazu keine Affinität. Für ihn zählt nur der Job, den er im Auftrag eines Despoten und für Geld erledigen will. So unnachgiebig die in Familiensachen sind, als ebenso zäh erweisen sie sich, wenn es um die Superwaffe geht. Beide Seiten ziehen alle Register und stellen an sich wie auch die jeweilige Umgebung komplett neue Anforderungen.
Höhepunkt der F&F-Saga
Mit dem nunmehr neunten Teil der Reihe steuert F&F auf den ultimativen Höhepunkt zu. Nicht nur, dass es ums Ganze geht, also die Welt, zugleich muss auch noch die Familiengeschichte der Toretto-Brüder aufgearbeitet werden. Genügend Stoff also. Und Justin Lin nimmt die Aufgabe dankbar an. Der Regisseur, der schon die Teile drei und sechs verantwortete, weitet das Spektakel auf satte zweieinhalb Stunden aus. Damit hier nicht der Anflug von Länge oder gar Langeweile aufkommt, befolgt der Amerikaner taiwanesischer Abstammung alle Regeln für eine gute Fortsetzung.
Raserei wird Beiwerk
Und die besagen in erster Linie, dass es von allem mehr geben muss. Dabei allerdings entfernt sich der auch als „F&F Saga“ betitelte Film immer mehr von seinen Wurzeln, die ja eigentlich im (illegalen) Straßenrennen liegen. Nicht etwa, dass es da aus weltanschaulichen oder anderen Gründen eine Umorientierung gegeben hätte. PS-Monster jeglicher Couleur, die auch immer noch Benzin verbrennen, gibt es (gottseidank) weiterhin. Aber in Sachen Grundhandlung und Einsatz von Gadgets meint man sich mitunter in einem CI-Joe- oder gar James-Bond-Film. Die Raserei mit den gepimpten Muscle-Cars ist eher nur noch Beiwerk, das mitunter groteske Züge annimmt. So reist Doms Dodge Charger R mit ihm um den Globus zu den verschiedenen Schauplätzen, ohne dass ansatzweise angedeutet wird, wie die Karre dahin kommt. Sie ist eben einfach da.
Ausflug ins Weltall
Von solchen Absonderlichkeiten wimmelt es den ganzen Film über und erreicht den Höhepunkt mit einem Ausflug ins Weltall. Physikalisch einigermaßen gebildeten Menschen wird es spätestens hier die Sprache verschlagen. Kurzum, Logik ist nicht die Stärke von F&F 9, die Geschichte wirkt mitunter etwas willkürlich zusammengebastelt. Ganz klar auf der Habenseite steht der Action-Part. Reichlich Shootouts bzw. Kämpfe und aberwitzige Autojagden - Rennen sind es eher weniger - lockern das Geschehen auf. Gerade bei letzteren schlägt dann auch die Stunde der CGI-Künstler. Selbst bei genauem hinschauen ist nicht mehr auszumachen, was noch handgemacht und was am Computer generiert wurde. Egal, bei den Effekten wird jede Menge fürs Auge geboten. Und daher fühlen sich die 150 Minuten auch nicht wirklich lang an. Wer darin den Hauptzweck eines F&F-Kinoabends sieht, wird bestens unterhalten. Apropos: Neben der Kinofassung ist nun auch der Directors-Cut zu haben. Echte Fans greifen zu dem, weil es von allem noch mehr gibt...
Fast & Furious 9
Genre: Action; FSK: 12 Jahre; Laufzeit: 150 Minuten; Verleih: Universal; Regie: Justin Li; Vin Diesel, Michelle Rodríguez, John Cena; USA 2021