Kurz vor der Jahrhundertwende will Curt Prank endlich den Sprung nach München wagen. Das immer beliebter werdende Oktoberfest schwebt dem Brauer aus Franken dabei vor. Wer hier Fuß fasst hat die Tür zum Münchner Biermarkt schon ein gutes Stück aufgeschoben. Nur, als Auswärtiger bekommt Prank keine Lizenz, schon gar nicht für fremdem Gerstensaft. Darauf achten die allmächtigen Brauerei-Granden mit wachsamen Auge.

Zelt statt Hütte

Doch anders als die kleinen Krämer denkt der Franke groß. Nicht eine Wirtsparzelle mit Hütte will er haben, sondern derer sechs. Hier ein richtig großes Zelt aufgebaut für mehrere tausend Leute und schon käme Bewegung in den Markt der bayerischen Metropole. Und da es im harten Konkurrenzkampf immer Verlierer gibt, sucht sich der wohlhabene Unternehmer eine jener Brauereien als Partner, für die er die letzte Überlebenschance ist. So wird anfangs sein Bier unter falschem Namen ausgeschenkt und damit Tatsachen geschaffen.

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Doch auf Dauer bleibt dies nicht geheim. Prank muss auch bei den Entscheidern Einfluss gewinnen und geht dabei mitnichten zimperlich vor. Erpressung, Bedrohung bis hin zu Mord - es wird mit harten Bandagen gekämpft. Am Ende steht das erste Zelt auf der Wies’n, so wie man es heute kennt. Doch der Weg dorthin war mehr als steinig und kannte eher Verlierer als Gewinner.

Beer & Blood

Zum zweiten Mal in Folge ist das größte Volksfest der Welt nun ausgefallen. Hannu Salonens Mehrteiler ist gewissermaßen ein filmischer Ersatz für die Gaudi, wenngleich es eher spannend und dramatisch als lustig zugeht. Da spricht der internationale englische Untertitel Bände: Beer and Blood. Und tatsächlich wird es ganz in bayerischer Tradition deftig. Und ja, das eine oder andere Klischee haben die Story-Schreiber gekonnt verbaut. Wer also in den sechs Folgen einen Geschichtsunterricht in Sachen Deutschland, Bayern, München erwartet, wird wohl ein wenig enttäuscht.

Sex & Crime

Geboten wird stattdessen unterhaltsame Kost, jede Menge Sex&Crime, aber auch ein stückweit das Sittengemälde jener Zeit. Böse Zungen behaupten, viel habe sich nicht verändert. Mag sein. Spaß macht die Geschichte dennoch. Nicht nur, weil sie sich nicht zu ernst nimmt, sondern auch, weil es ordentlich was zu sehen gibt. Die Kulissenbauer haben gute und ganze Arbeit geleistet. Und eine Martina Gedeck wie auch ein Misel Maticevic machen sich im Mainstream-Kino recht gut. Ein, zwei Maß sollten den Unterhaltungswert der filmischen Wies’s durchaus noch steigern.

Oktoberfest 1900

Genre: Drama; FSK: 12 Jahre; Laufzeit: 288 Minuten; Verleih: Leonine; Regie: Hannu Salonen; Misel Maticevic, Martina Gedeck, Klaus Steinbacher; D 2020