Die Mannschaft ist mittlerweile wieder zu Hause, doch der Traum vom fünften WM-Titel darf weitergeträumt werden. Dank EA Sports. Denn die Videospiel-Entwickler haben ihrer diesjährigen Ausgabe von FIFA einen WM-Modus spendiert, bei dem es jeder selbst in der Hand hat, es besser zu machen als Hansi-Flicks-Kicker.
Off- und online um den WM-Pokal
Anders als zu vorherigen Turnieren verzichten heuer die Kalifornier darauf, den Championship-Modus als eigenes Spiel gegen Geld an den Fan zu bringen. Vielmehr gab es ihn als kostenlosen DLC für alle Besitzer von FIFA 23 kurz vor Beginn des realen Turniers. Und seitdem wird munter um den goldenen Pokal gekickt, ganz unabhängig vom Geschehen im Wüstenemirat oder politischen Diskussionen drumherum.
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Dabei stehen zwei Modi zur Verfügung, off- und online. Ersterer orientiert sich am originären Austragungsgeschehen und berücksichtigt die kompletten Matches von der Gruppenphase bis zum Finale. Hier darf also, aus deutscher Sicht, schonmal ordentlich Wiedergutmachung betrieben werden, indem man bereits gegen Japan als Sieger vom Platz geht. Da die allgemeinen Spieleinstellungen gelten, ist auch der Schwierigkeitsgrad regulierbar, was die Mission Titel für jedes Erfahrungslevel erfüllbar machen sollte. Zudem kann der Spielführer auf einen Traum-Kader zurückgreifen, in dem sich neben Stürmer Timo Werner auch Allrounder Marco Reus noch findet. Durchs Turnier oder nur einzelne Spiele muss man sich dann als Trainer und Spieler oder nur Trainer kämpfen. Bei letzterer Variante werden Aufstellung und Taktik bestimmt, das Match gegen den CPU simuliert aber die KI.
Immer wieder Brasilien oder Frankreich
Variante zwei ist ein Stück weiter von der Wirklichkeit entfernt. Denn online entfällt der Einfachheit halber die Gruppenphase. Los geht‘s also hier mit dem Lieblingsteam direkt im Achtelfinale. Und da die meisten Gamer Gewinnen vor Nationalstolz stellen, stehen dort überproportional oft Frankreich und Brasilien am Anstoßkreis, auch innerhalb eines Turniers. Über den Schwierigkeitsgrad wird mit der Auswahl des eigenen Teams entschieden. Wer's also beinhart haben möchte, entscheidet sich für Gastgeber Katar.
Stimmung WM-tauglich
Beiden WM-Varianten ist die absolut authentische Umsetzung sowohl auf dem Rasen als auch bei den Stadien und der Atmosphäre gleich. Der Flug übers Al Bayt, das traditionellen Nomadenzelten nachempfunden ist, inklusive des Blickes auf die große Fackel vor dem Haupteingang, kann kaum von den TV-Bildern oder realen Eindrücken unterschieden werden. Und auch die Stimmung auf den Rängen bringt FIFA wie schon gewohnt sehr schön an den Spieler/Zuschauer. Bis hin zur Übergabe des WM-Pokals. Besser geht es kaum.
Basis des Ganzen ist die nunmehr letzte Version von FIFA. Von Namen und Kooperation mit dem Weltverband hat sich der Publisher nach 30 Jahren verabschiedet und wird ab 2023 den Titel unter eigenem Markenlogo fortführen. Zum Schluss gibt es keine besonders krachende Version, sondern vielmehr eine über weite Strecken weiterentwickelte.
Mehr Frauen, mehr Moves
Deutlich ausgebaut wurde der Anteil der Frauenmannschaften. Zwei Ligen - Frankreich und England - sowie 18 Nationalteams haben die Entwickler aus Kanada und Rumänien der wie immer üppig ausgestatteten Lizenzabteilung der Männer zur Seite gestellt. Nationen und Clubs um den Globus sowie die Champions League als oberste europäische Turnierserie finden sich beispielsweise. Wie gehabt, wird ein ganzer Sack an Spielmodi zur Verfügung gestellt. Einzel-, Freundschafts- und Online-Matches, eigene Turniere, Volta Straßenfußball als spaßiger Kick zwischendurch, FIFA Ultimat Team (FUT) für Sammelfreunde und alle, die gern mit ihrem Dreamteam erfolgreich sein wollen und last but not least ein Karrieremodus, der deutlich an Umfang gewonnen hat.
Karriere wie ein Rollenspiel
Der soll sicher auch ein wenig den entfallenen Story-Modus ersetzen. Nunmehr führt man als Spieler/Trainer seinen Kicker oder die ganze Mannschaft durch verschiedenen Spielklassen zum Erfolg. Die Individualentwicklung des virtuellen Spielers ähnelt dabei der von Figuren in Rollenspielen, indem erhaltene Punkte auf allgemeine und Spezialfähigkeiten angewendet werden können. Die bisherigen Minispiele während der Ladezeiten sind nunmehr echte Trainingseinheiten, mit denen Skills erworben und ausgebaut werden sollen. Und auch abseits des Rasens ist der Kicker nunmehr eine Person von Interesse, die durch verschiedene Aktionen für Aufmerksamkeit und somit Punkte sorgt. Der Gamer kann sich so wunderbar in der Karriere seines Schützlings verlieren, muss aber nicht alle Spiele selbst zocken. Wenn gewollt, simuliert der CPU.
Hypermotion 2 macht‘s noch realistischer
EA Sports hat rund 6000 neue Bewegungen in die Programmierung der Spieler einfließen lassen, auch solche, wenn die Akteure angeschlagen oder müde sind. Hypermotion 2 sorgt so für ein noch authentischeres Aussehen bei allem, was auf dem Rasen passiert. Rein optisch mag das vielleicht nicht der Riesensprung sein, aber insgesamt fühlt sich alles ziemlich echt an im Vergleich zur Realität. Das gilt auch für die neu gestalteten Standards von der Ecke bis zum Elfer. Anfangs sind zwar all die Hilfslinien und blinkenden Kreise etwas verwirrend, wer‘s aber mal kapiert hat, wird schon das Gefühl nicht los, hier wirklich etwas beeinflussen zu können. Das gilt in gewisser Weise auch für den Power-Schuss. Wie einst Capitano Ballack kann dann mal so richtig einer aus 30 Metern losgedroschen werden. Timing und Vorbereitung sind allerdings anspruchsvoll, soll das virtuelle Kunstleder durch die Handschuhe vom Keeper in die Maschen gehen.
Musiala zum Leben erweckt
Eine Entwicklung setzt auch die letzte FIFA-Ausgabe fort: Die Steuerung wird immer komplexer. Knopfakrobaten sind hier glatt im Vorteil. Zwar lassen die vielen und teils abenteuerlichen Kombinationen tolle Moves zu - ein Musiala wird dadurch so richtig zum Leben erweckt - aber die Liste der Kombinationen wird sich nicht wirklich jemand merken. Gerade Einsteigern und Gelegenheitskickern wäre sicherlich eine einfache Steuermöglichkeit, so wie sie beispielsweise bei der NHL-Serie zusätzlich angeboten wird, nicht ganz unrecht.
Grafisch Champions League
Grafisch ist FIFA 23 ganz klar Champions League. Stadien, Spieler, Animationen sind top und wirklichkeitsnah. Wer mit bekannten Teams spielt, bekommt zudem seine Lieblinge sehr schön virtuell umgesetzt dargeboten. Das Niveau wird allerdings nicht bei allen der 19000 lizenzierten Profis durchgehalten. Das Spieltempo ist nicht sonderlich hoch, was ebenfalls nach mehr Realismus riecht und zudem tolle Kombinationen zulässt. Fußball wird regelrecht zelebriert. Dazu tragen auch die vielen In-Game Video-Installationen bei, die dem Gamer das Gefühl geben, ganz nah am Geschehen zu sein.
Am Ende ist FIFA 23 der würdige Abschluss eines 30-jährigen Weges zusammen mit dem Weltverband als Titel-Partner. Die aktuelle WM-Erweiterung dürfte damit wohl die letzte Chance sein, virtuell um den Weltpokal zu kicken und die Stimmung aus den Austragungsstadien in die heimische Wohnstube zu tragen. Schon allein deshalb sollte es Fußballfans und Besitzern einer Next-Gen-Konsole wichtig sein, das Game auf ihrer Festplatte zu haben.
FIFA 23 Test-Fazit
Nach 30 Jahren gehen EA Sport und die FIFA getrennte Wege. Die aktuelle Ausgabe der Fußball-Simulation ist damit der Abschluss eines Kapitels Videospielgeschichte. In Sachen Grafik, Animationen, Lizenzen und Spielmodi ein würdiges Finale, das mit dem DLC World Cup 2022 zusätzlich aufgewertet wird. Nicht nur, weil das Turnier hervorragend umgesetzt ist, sondern weil so mancher hier die reale Blamage „Der Mannschaft“ virtuell ausbügeln kann.