Die Pandemie hat Freizeit-Radler in heimische vier Wände auf Ergometer verbannt. Und spätestens beim nächsten langen Winter landen sie wieder dort. Da lässt es sich zwar redlich abstrampeln, ein Gefühl von draußen jedoch will auf dem Home-Trainer nicht wirklich aufkommen.
Näher an die Realität heran, war wohl der Grundgedanke im Hause Bowlex. Die Amerikaner präsentieren als neueste Errungenschaft ihr VeloCore, eine Kombi aus Home-Trainer und Fitness-Bike, das auf den ersten Blick dem Peloton vergleichbar ist. Wie der Mitbewerber verfügt es über einen großen Bildschirm. Durchs Training geleitet wird der Heim-Sportler auch per Video mittels der JRNY-App.
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So weit, so bekannt. Was dem VeloCore allerdings ein Alleinstellungsmerkmal sichert, ist seine Lean-Funktion. Drückt der Nutzer den roten Knopf am vorderen Rahmenteil, wird das Bike beweglich. Sattel, Tretlager und Lenker lassen sich dann als Gesamtheit ca. 30 Grad nach links und rechts bewegen, so, als ob man mit seinem Rad eine schön geschwungene Kurve fährt. Das neue Feature vermittelt allerdings nicht nur ein authentischeres Fahrgefühl. Denn anders als auf der Straße, wo die Neigung eine natürliche Gegenreaktion zu den Fliehkräften darstellt, muss beim Indoor-Cyceling fürs Herauslehnen Kraft aufgewendet werden. Und das wiederum beansprucht die Core-Muskelatur, die bei sonstigem Ergometer-Fahrten außen vor gelassen wird. Praxisstudien bescheinigen dem Neigungsmodus einen um 14 Prozent höheren Aufwand und damit besseren Trainingseffekt.
Einmal um den Globus radeln
Der lässt sich defacto nebenbei erzielen. Denn die JRNY-App beinhaltet sowohl Trainingsprogramme mit und ohne Herauslehnen. Die von Coaches geleiteten Übungen via Video berücksichtigen oft das neue Feature. Über 20 Trainer geben in drei Anforderungsstufen Anleitungen. Die Einheiten sind dabei von zehn bis über 60 Minuten lang. Insgesamt kann man so auf mehr als 100 Videos zurückgreifen. Dazu gesellen sich Workouts ohne Hilfestellung, ebenfalls von zehn bis über 60 Minuten, die sich wiederum in verschiedene Schwierigkeitsgrade unterteilen. Am Ende ist man Stand jetzt bei über 200 verschiedenen Möglichkeiten, einem vorgegebenen Programmablauf zu folgen. Dazu kommen die individuellen, die sich erstellen lassen. Und last but not least darf bei „Explore the World“ um den Globus geradelt werden. Ob Schlösser im Rheintal, durch die Wüste von Nevada oder australische Küsten entlang, die Videotrips bieten wiederum über 100 verschiedene Strecken, bei denen nach eigenem Gusto in die Pedale getreten wird. Sogar eine Kopplung mit adaptiven Workouts ist möglich, bei denen der Coach Anweisungen gibt. Dabei ist das „in die Kurve legen“ dann zumindest bildlich optional. Die Videos folgen der Gewichtsverlagerung nicht und auch die Geschwindigkeit passt sich nur über einen schnelleren Gesamtablauf an. Macht aber dennoch Spaß, so ferne Länder zu erfahren.
Netflix & Co übers Tablet
Dass bis über 100 Kilogramm schwere Zeitgenossen in jeder virtuellen Straßenlage sicher unterwegs sind, sichern die satten 70 Kilogramm des VeloCore ab, das zudem vorn und hinten noch mit jeweils 65 Zentimeter breiten Auslegern am Boden gehalten wird. Bei einer Gesamtlänge von über 1,5 Metern wird also reichlich Aufstellfläche benötigt. Allerdings lassen vorn integrierte Rollen einen vergleichsweise einfachen Ortswechsel zu. Sattel und Lenker sind stufenlos verstellbar und bieten für Radler bis knapp 1,90 Meter individuelle Justiermöglichkeiten. Neben der Treteinheit, deren Widerstand sich in 100 Abstufungen einstellen lässt, ist das wahlweise ein 16 oder 22 Zoll großes berührungsempfindliche Tablet die zweite Kerneinheit des VeloCore.
Über den Bildschirm erfolgt die gesamte Steuerung, werden alle Parameter angezeigt. Die entsprechen allerdings nicht immer unseren Gewohnheiten. Eine Anzeige für Geschwindigkeit gibt es nicht und auch Watt-Angaben fehlen. Kalorien und zurückgelegte Strecke sowie natürlich Zeit müssen reichen. Üppig geht es dann beim Entertainment zu. Neben vier verschiedenen Musikstilen, die JRNY als Begleitung für die Workouts anbietet, kann der Heim-Sportler alternativ aber auch Netflix, Prime Video oder Disney+ schauen, ein entsprechendes Abo vorausgesetzt. Die parallele Nutzung von Trainings-App und Streaming-Diensten hat das Bike ebenfalls exklusiv im Heim-Fitness-Bereich. Voraussetzung dafür ist freilich ein stabiler WLAN-Anschluss. Hier reagiert die Tablet-Software eher empfindlich auf Schwankungen, was mitunter zu Systemabstürzen führt. Die sind zwar ärgerlich, dass der internationale Support aber dann gleich mit einer ganzen Reihe von Hilfestellungen bereitsteht, tröstet zumindest.
Zusätzliche Mitgliedschaft erforderlich
Angesichts von über 2000 Euro Anschaffungspreis ist entsprechender Kundendienst allerdings mehr als selbstverständlich. Und das Ende der finanziellen Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Denn nach der einjährigen kostenlosen JRNY-Mitgliedschaft kommen dann 20 Euro pro Monat noch hinzu. Nicht wirklich ein Schnäppchen, gleichwohl der Indoor-Cyclist ziemlich viel Gegenwert bekommt. Das Rad ist hervorragend verarbeitet und steht sowohl dem Ergo-Freund als auch dem Spinning-Fan treu zur Seite. Wer will, kann gar die Apps der Konkurrenz auf dem Smartphone mitlaufen lassen, an das dann via Bluetooth die Daten übermittelt werden. Ebenfalls Kontakt hält das VeloCore über BT zum Puls-Brustgurt, der dem Gesamtpakte beiliegt. Apropos: Geliefert wird teilmontiert, der Zusammenbau geht flott von der Hand. Lediglich zum Auspacken braucht es zusätzliche starke Hände wegen des enormen Gewichtes.
VeloCore Test-Fazit
Als Mischung aus Ergometer und Spinning-Bike ist das VeloCore für den Heimeinsatz sportlich breit aufgestellt. Der Lean-Modus macht nicht nur Spaß und die Radelei authentischer, er sorgt zudem für einen zusätzlichen Trainingseffekt. Dazu gibt’s ein üppiges Anleitungs- und Entertainment-Programm. Das alles allerdings hat aber einen ebenso sportlichen Preis, die Abo-Gebühr für JRNY nicht zu vergessen.