Wer ins Castel Fragsburg kommt, tut dies nicht nur der wunderschönen Aussicht auf Meran wegen. Denn hier oben südöstlich der Kurstadt - die so berühmt für ihr alpin-mediterranes Klima ist - überragt die Kochkunst im zur Relais & Châteaux-Vereinigung gehörenden Haus die Lage in Höhenmetern bei weitem.
Doch vor den Genuss hat Google ein wenig Nervenkitzel gesetzt. Denn das Navigationssystem scheucht den Erstbesucher ganz sicher durch die nicht weniger bekannten Apfelplantagen, deren Wege keine Leitplanken in die Tiefe kennen und wo einem besser niemand entgegenkommt. Aufatmen allenthalben dann, wenn das fast vom Efeu verschlungene Eingangstor sich öffnet und den Blick freigibt auf ein richtiges Schloss.
Empfohlener Inhalt der Redaktion

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Youtube, der den Artikel ergänzt. Sie können sich diesen mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Externer Inhalt

Sie erklären sich damit einverstanden, dass Ihnen externe Inhalte von Youtube angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden.

Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Das steht hier seit rund 400 Jahren mitten in einem 50 000 Quadratmeter großen Park. Einst errichtet als Jagd-Residenz für die Herren der einige Höhenmeter weiter den Hang hinauf befindlichen Burg aus dem 14. Jahrhundert, in der sich bis zum Ausgang des letzten Jahrtausends ein Hotel befand. Mittlerweile sind Burg und Schloss bei Eigentümer Alexander Ortner in einer Hand und haben die Rollen getauscht. Während das Castel seit seinem Umbau 2015 aus dem Dornröschenschlaf erwacht ist, schlummert die Feste oberhalb ein wenig denselben. Sie ist augenblicklich vor allem Event-Location mit Mittelalter-Flair, während weiter unten 20 individuelle und extravagante Suiten eine abgeschiedene Heimstatt auf Zeit bieten.

Ein Stern über Meran

So schön Meran mit seinen Palmen, den Jugendstil-Häusern oder dem Sissi-Weg auch sein mag, die Stadt zu verlassen lohnt allemal. Und damit auch die sieben Kilometer bergauf. Nicht nur für Gäste des Hotels. In dessen Küche geht es heiss her. Hat hier im Wortsinn doch Egon Heiss als Chef das Sagen. Dessen Motto von der Rückkehr „zur Perfektion des Einfachen“ mag auf den ersten Blick nicht zur Haute Cuisine passen, für die er steht. Aber ein Michelin-Stern und vier Hauben von Gault & Millau für das Restaurant „Prezioso“ sprechen klar eine andere Sprache.
Dirigiert die jungen Wilden. Sternekoch Egon Heiss. Ideen kommen dem Südtiroler oft beim joggen.
Dirigiert die jungen Wilden. Sternekoch Egon Heiss. Ideen kommen dem Südtiroler oft beim joggen.
© Foto: Castel Fragsburg
„Das Unwesentliche wegzulassen“ gilt für den Südtiroler als höchste Kunst. Dieser versucht er auf durchaus ungewöhnlichen Wegen gerecht zu werden. Denn mitnichten gehören zu seinem zehnköpfigen Team nur Spitzenköche, die wie der Meister selbst eine Karriere durch die Gourmet-Tempel des Planeten absolviert haben. Egon, wie ihn alle nur nennen, ist auch Ausbilder für den Nachwuchs. Und da lässt er sich nicht die Chance entgehen, hoffnungsvolle Talente für die Fragsburg zu begeistern.

Orkan in der Küche

Heiss nennt sie im besten Sinne die „jungen Wilden“. Und entsprechend geht es nach Schilderungen auch in der Küche zu. Wie ein Orkan wirbeln die Ideen mitunter die Menüs durcheinander, die so sorgfältig geplant und vorbereitet werden. Deren Halbwertszeit allerdings kommt mitunter nicht an die vorgesehenen Dauer von einem Monat heran, während dessen abendlich bis zu zwölf Gästen in der von Rosenranken und wilden Wein umwachsenen Glas-Loggia fünf Haupt- und weitere Gänge eines festen Menüs serviert werden. Denn auch der Chef selbst sieht Abwechslung als das einzig Beständige an. Zum einen, weil der hauseigene Fragsburg-Soul-Garden, aus dem ganz biologisch Gemüse, Früchte und Kräuter bezogen werden, eben Dinge bereitstellt, deren Verfügbarkeit sich nicht exakt planen lässt.
Restaurant Prezioso. Ein Stern, vier Hauben, Ambiente unbeschreiblich.
Restaurant Prezioso. Ein Stern, vier Hauben, Ambiente unbeschreiblich.
© Foto: Castel Fragsburg
Zudem ist Heiss auch stets offen für Empfehlungen regionaler Lieferanten. Wenn die gerade mal etwas Neues oder besonders Gutes im Angebot haben, wartet niemand, bis der laufende Menü-Monat endet. Nicht zuletzt bekommt Egon beim Joggen den Kopf frei für neue Ideen. Und bei täglich rund zehn Kilometern ist da so einiges möglich. Damit ist der Chef nicht allein. Denn mit Peter Tutzer und Mara Heiss hat er weitere Sportler im Team, Mountainbiker und Läuferin, die bisher deutlich über den reinen Freizeitbereich hinaus aktiv waren. Alle um die 20, so darf man das frische bei den Einfällen ruhig wörtlich nehmen. Davon profitiert auch, wer sich nicht für „heiss inszeniert“ entscheidet und stattdessen liebe À-la-carte im Restaurant Orangerie diniert. Ist schließlich die gleiche Küche. Ja, selbst das Frühstück auf der Panorama-Terrasse über Meran wurde mittlerweile prämiert.

Weltumspannender Qualitätsanspruch

Für Castel Fragsburg sind diese Genussmomente wichtiger Bestandteil des Gesamterlebnisses. Denn als Teil der internationalen Hotel- und Restaurantvereinigung Relais & Châteaux mit weltweit fast 600 Mitgliedern gelten nicht nur strenge Anforderungen an erstklassige Hotellerie und ausgezeichnete Küche. Allesamt Top-Adressen privat geführter Hotels und Restaurants, zählen für diese familiäre Gastfreundschaft, Regionalität und Individualität. Auf der Fragsburg kann man hinter jeden dieser Begriffe sicher einen dicken Haken machen.
Schwebt sie schon? Der Panorama-Terrasse ist selbst für die Fragsburg ein außergewöhnlicher Ort.
Schwebt sie schon? Der Panorama-Terrasse ist selbst für die Fragsburg ein außergewöhnlicher Ort.
© Foto: Castel Fragsburg
Denn allein schon die geringe Zimmerzahl von 20 Suiten, die dazu alle unterschiedlich im Grundriss und Ausstattung die Gäste empfangen, garantieren dies sowie echte Privatsphäre. Mitunter werden Einrichtungen auch im Interesse der Gäste verändert, so wie eine Suite Royale auf Wunsch eines Stammgastes aus Übersee. Ansonsten hat Alexander Ortner eine sehenswerte Mischung aus antiken Möbeln, Jugendstil, Designerstücken mit einem Hauch von Art Deco erschaffen. Nie entsteht ein Gefühl von Enge durch viele Menschen, Sichtachsen sind durch Inneneinrichtung, Dekor oder Gartengestaltung gebrochen.
Gekonnter Stilbruch. Der Poolbereich erinnert an die kaiserliche Bäderkultur des vorigen Jahrhunderts.
Gekonnter Stilbruch. Der Poolbereich erinnert an die kaiserliche Bäderkultur des vorigen Jahrhunderts.
© Foto: Castel Fragsburg
Den berühmten Präsentierteller also gibt es nirgends. Selbst das Schwimmbad, also der Poolbereich, fällt aus dem üblichen Rahmen. Denn im Stile deutscher Kaiserbäder, wie man sie von der Ostsee her kennt, wird das Bassin nicht nur Hartholz umplankt. Umkleiden und Serviceräume, selbst ein kleiner Aussichtsturm erinnern an eine längst vergangene Zeit und anderen Ort mitten im Grün von Südtirol.

Alchimistin im Spa

Sicher, genannte Dinge kann der Reisende in ähnlicher Form wohl auch in vergleichbaren Häusern finden. Für das Spa oder besser die Art, wie es betrieben wird, gilt das allerdings nicht. Denn auf Castel Fragsburg steht Renate De Mario Gamper dem ersten alchimistischen Heilspa vor. Nein, sie ist keine Kräuterhexe, nennt sich Alchimistin und bekennt sich zu den Grundlagen der Lehre. Eigenschaften von Stoffen und deren Reaktionen, vor allem auf Pflanzen bezogen, stehen dabei im Mittelpunkt.
Die Kraft der Natur. Renate steht dem ersten Alchemistischen Heilspa vor.
Die Kraft der Natur. Renate steht dem ersten Alchemistischen Heilspa vor.
© Foto: Castel Fragsburg
Bis zu vier Stunden kann Renate den Gast beraten, bevor er sich einer ganzheitlichen Behandlung hingibt. Sicher ist dabei vor allem, dass alles fern von Chemie ist und vor Ort mit Dingen aus der Natur hergestellt wurde. Tinkturen und Essenzen kann der Besucher - auch ohne Anwendung - in den Räumlichkeiten bestaunen, was gleichermaßen für den Panoramabalkon mit Badewanne oder das Baumhaus-Behandlungszimmer mit Blick ins Tal gilt. Für alle noch Abwartenden findet sich unter den Amenities im Bad eine alchimistische Paste zum ersten Kennenlernen.

Als Burgherr fühlen

Aporpos: Wer die Chance hat, die derzeit noch verschlafene Burg über dem Castel zu besuchen, sollte zuschlagen. Allein in mittelalterlichen Räumlichkeiten, groß dimensionierte Festsäle mit jahrhundertealten Holzdecken, ein echter Wehrgang und schließlich der Repräsentationsbalkon mit Blick auf die tatsächlich auch hier in der Höhe befindlichen Palmen - das gehört ebenfalls zur Einzigartigkeit des Gesamtanwesens. Nicht zu vergessen der verlassene Hotelpool, der mittlerweile mit Teichrosen sich selbst renaturiert oder - fast schon skurril - der ehemalige Tennisplatz, längst nicht mehr auf Wimbledon-Niveau.
Fragsburg Paternum. Mittelalterliche Burg mit Palmen im Hof. Derzeit als Eventlocation genutzt.
Fragsburg Paternum. Mittelalterliche Burg mit Palmen im Hof. Derzeit als Eventlocation genutzt.
© Foto: Castel Fragsburg
Es gibt zudem eine weitere Sehenswürdigkeit, für die Familie Ortner allerdings nicht verantwortlich zeichnet. Denn gut 20 Minuten Fußweg vom eingangs erwähnten Tor entfernt, hinter den letzten Reihen der Apfelplantage direkt im Berg, findet sich Südtirols höchster Wasserfall. Seine Nähe zum Castel hat ihm den Namen Fragsburger eingebracht. 135 Meter überwinden hier die Wassermassen im freien Fall. Vor allem nach reichlich Regen ein durchaus beeindruckendes Schauspiel mit reichlich Gischt in der schmalen Schlucht.
Wie im Märchen. Hinterm umrankten Tor endet der Alltag.
Wie im Märchen. Hinterm umrankten Tor endet der Alltag.
© Foto: Castel Fragsburg
So findet der Besuch auf Castel Fragsburg einen spektakulären Abschluss. Sehr wohl passend zum Erlebten, was irgendwie schon außerhalb von Raum und Zeit stattfand. Wenn sich das efeuumrankte Tor schließt, ist das Märchen erstmal vorbei. Selbst die Abfahrt wirkt dann weniger beeindruckend. Allerdings weiß der Gast nun auch um eine andere Straße, die ihn zurück nach Meran und die gelebte Wirklichkeit bringt. Website