Karin Rätz ist vielen Menschen im Oderbruch bekannt. Wochenende für Wochenende tourt sie mit ihrem Imbisswagen von Fest zu Fest – 500 bis 600 Kilometer im Jahr. Doch die Corona-Pandemie hat die Rathsdorferin ausgebremst. "Mein Jahr beginnt immer mit dem Reitturnier in Altranft", sagt sie. Dies wäre am 25. und 26. April gewesen, musste aber wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Auch alle anderen Feste fielen aus.
"Dieses Wochenende hätte ich erstmals frei gehabt", sagt Karin Rätz lächelnd. Der Wagen aber stehe immer noch in seinem Winterquartier in einer Scheune. Sie hofft, dass sie ihn bald herausholen kann.

Zwei schöne Termine im August

Denn die Veranstalter haben sie im Juni für die Fohlenschau in Altranft gebucht. Diese finde zwar ohne Gäste statt, aber die Teilnehmer müssten auch versorgt werden. "Ich habe zudem zwei schöne Termine im August und  ich hoffe, dass es dann wieder läuft", fügt sie hinzu. In Wriezen betreibt die Rathsdorferin neben Aldi "Karins Schlemmerstübchen". Seit Freitag hat die Gaststätte unter Auflagen wieder geöffnet. Die Tische müssen 1,50 Meter voneinander entfernt stehen. Die Gäste müssen sich in eine Liste eintragen, um im Infektionsfall die Kontakte prüfen zu können.
Vom 23. März an hatte sie vier Wochen geschlossen, seit 20. April versuchte sie, sich mit Außer-Haus-Verkauf über Wasser zu halten. "Viele Stammkunden haben mir die Treue gehalten, dafür bin ich ihnen sehr dankbar", sagt Karin Rätz.  Dennoch habe sie nur 20 Prozent des Umsatzes eingefahren, den sie sonst habe. Vom Bund gab es eine gekürzte Unterstützung. Karin Rätz hat es geschafft, viel länger hätte es nicht dauern dürfen. Nächsten April ist die gelernte Verkäuferin 30 Jahre im Geschäft. "Ich war damals 25 Jahre alt und wagte den Sprung in die Selbstständigkeit, das Kochen hat mir meine Mutter beigebracht." Zuerst betrieb sie den Imbiss im damaligen ÜAZ. Vor sechs Jahren zog sie in ihr jetziges Domizil in der Heinrich-Lempuhl-Straße. Karin Rätz beschäftigt vier Mitarbeiterinnen. Stammgast Wolfgang Schulz kam am Freitag mit einem Bekannten zum Mittagessen: "Es ist schön, mal wieder fünf Minuten mit jemandem zu quatschen."
Während das Geschäft von Karin Rätz langsam wieder hochfährt, ist bei René Bosse in Bad Freienwalde am Freitagabend endgültig Schluss. Der Geschäftsführer des Restaurants "Olivo" am Eduardshof  hat die Reißleine gezogen. Nach zwei Monaten ohne  Einnahmen gibt Bosse auf. Am 1. Juni wechselt er in den Vertrieb einer Fertighausfirma.

60 Prozent weniger Plätze

"Ich bin nicht insolvent", betont René Bosse. Was seine Eltern mitgemacht haben, wolle er für sich nicht wiederholen. "Meine GmbH behalte ich", unterstreicht der Wirt, der die Gastronomie von der Pike auf gelernt hat und seit 2010 das "Olivo" betreibt. Er sei aber von Insolvenz bedroht, wenn er den Betrieb weiterführe. Denn die Abstandsregeln bedeuteten einen Verlust von 60 Prozent der Plätze. So könne er die Verluste nicht ausgleichen. Für die Familie ist das Aus ein weiterer Schicksalsschlag. René Bosses Mutter wird zum ersten Mal seit 47 Jahren arbeitslos. Die Eltern können jedoch in einem halben Jahr in den Ruhestand gehen. Für seine Mitarbeiter, darunter der Koch, den er seit zwölf Jahren beschäftigt, versuche er neue Arbeitsplätze zu finden. "Das bin ich ihnen schuldig", so René Bosse.
Ob er sein Restaurant verkauft oder verpachtet, entscheide sich in den nächsten Tagen. Es gebe drei Interessenten. Seine Wohnung im ersten Stockwerk hätte René Bosse ohnehin aufgegeben, denn die Familie hat sich eine Scheune in der Straße Neukietz ausgebaut.