Manche Fahrgäste der Niederbarnimer Eisenbahn haben verdutzt geguckt, als sie am Bahnhof Lindenberg vier tanzende Mädchen gesehen haben: in der Art des HipHop gelenkig, geschmeidig, temperamentvoll und absolut perfekt. „Der größte Teil derer, die ausgestiegen sind, ist stehengeblieben, Erwachsene mit Kindern und vor allem Senioren, manche haben Videos oder Fotos von uns gemacht“, konnten Josephine Gericke aus Beeskow und Lucy Jensch aus Trebatsch, zwei der Tänzerinnen, zufrieden beobachten. „Die Jugendlichen eher nicht, die sind einfach weitergegangen.“
AnBahnen auch an Bushaltestellen
Beide Mädchen gehen wie die Beeskowerin Selina Rösicke in die 11. Klasse des Rouanet-Gymnasiums Beeskow so wie das vierte Mädchen im Bunde, die Neuntklässlerin Sophie Waldinger aus Giesensdorf. Die vier gehören seit drei Jahren der von Ina Boy und Ramona Blankenstein, die eine Jugendkoordinatorin in Tauche, die andere in Rietz-Neuendorf, geleiteten Gruppe „CoulourMoveDance“ an. Sie beteiligten sich am Sonnabend an dem brandenburgweiten Jugendprojekt „AnBahnen“, das in LOS wegen des Schienenersatzverkehrs um Bushaltestellen als Auftrittsorte erweitert worden war. Von 9 bis 16 Uhr tanzten sie bei jeder Bahn- oder Busankunft. Die vier Mädchen kamen bei den meisten Passagieren gut an. „Zwei Radfahrer fanden das Projekt cool, hatten sich echt gefreut, haben unseren Mut bewundert und uns gesagt, wir sollten so weitermachen“, berichtete Sophie.
Jugend macht auf sich aufmerksam
Die Idee der Beteiligung an dem Projekt kam von beiden Tanzlehrerinnen, die das Anliegen auf einem Plakat deutlich machten: „Hey Leute. Wir sind keine Illusion. Wir sind die Jugend, die Zukunft der ländlichen Region“, stand drauf. Wie Ina Boy und Ramona Blankenstein erläuterten, wollten sie mit den Auftritten demonstrieren, dass offene kulturelle und sportliche Angebote für Kinder und Jugend vorhanden sind und dass diese gerade hier im ländlichen Raum erhalten bleiben müssen. Dahinter steckt auch die Angst, dass sie durch die Coronaeinschränkungen zerbrechen könnten. Das bestärkte Sophie. „Wir wollen unsere Kreativität zeigen und dass es uns trotz Corona noch gibt“, sagte sie und bedauerte, „dass die Jugend in dieser außerordentlichen Zeit außen vorgelassen und mehr Wert auf andere Sachen gelegt wird“. Lucy ist sich gewiss, „dass durch diese Form des Präsentierens sich manche Leute Gedanken machen und dass mancher Gedanke hängenbleibt“.
Keine Zeit für Langeweile
Trotz der langen Zeit wurde es den vier Gymnasiastinnen am Sonnabend nicht langweilig. „Es war aufregend: Wer steigt aus, wer ein, kommt überhaupt jemand? Und es ist spannend, die Reaktionen zu sehe“, schildert Josephine die Gefühle und Gedanken. Außerdem konnten sie zwischen drei Tänzen mit jeweils anderen Kostümen wechseln. „Die Zeit vergeht schnell“, lachte Sophie, und Seline sprach für alle, dass sie es jederzeit wieder machen würde, „schon wegen Corona, durch die es nicht so viele Möglichkeiten der Freizeitgestaltung gibt“.