„Wir wollen ein guter Nachbar sein“, verspricht das kanadisch-deutsche Unternehmen CEP. Es ist am Schwielochsee auf der Suche nach Erdöl. Doch nicht alle heißen den Anrainer willkommen. Eine Zwischenbilanz.
Es gab eine Zeit, da konnte die Central European Petroleum GmbH (CEP) in Ruhe bohren. Auch damals kamen zwar schon Hunderte von Interessierten zu Führungen und Tagen der offenen Tür auf den Plätzen bei Krugau und Guhlen, von wo aus es kilometerweit in die Tiefe geht. Spürbaren Gegenwind gab es aber nicht. Ein Informationsbüro wurde eingerichtet. Anrainer und solche, die es wissen sollten, erfuhren: Es gibt hohe Sicherheitsstandards. Olle Nickpumpen wie in den Schwarz-Weiß-Western der 1950er-Jahre sind Geschichte. Bohrtürme stehen nur während weniger Wochen. Und alles in allem ist noch nicht klar, ob nördlich des Spreewalds, am Rande des Wassersport- und Erholungsgebiets Schwielochsee, jemals Erdöl gefördert wird.
Das ist auch heute noch nicht abschließend beantwortet. Doch die Stimmung hat sich gedreht. Vergangenen Sommer haben Bewohner von Schwielochsee und Märkische Heide die „Bürgerinitiative gegen Gasbohrung“ gegründet, die die Angst um ihre Heimat, die Natur und auch um ihre Einkünfte als Tourismus-Dienstleister umtreibt.
Dabei will CEP nach wie vor „ein guter Nachbar sein“. So formuliert es die Presse- und PR-Abteilung aus Berlin. Doch wer als solcher wahrgenommen werden will, muss auch etwas dafür tun. Niemand im Spreewald hat einen Geschenkkorb mit Brot und Salz erwartet – aber regelmäßige Informationen zum Vorhaben hätten sich die Menschen gewünscht.
Und da gab es eine Lücke, in die im Hochsommer 2018  eine brisante Information platzte: Von 40 bis 45 weiteren Bohrungen war die Rede. Da man von einem Platz aus mehrfach in die Tiefe gehen kann, ist die Zahl der Bohrplätze deutlich geringer. Doch die hohe Zahl, die plötzlich in der Welt war, trieb die Einwohner auf die Barrikaden. Die Bürgerinitiative wurde geboren. Es gab Protestmärsche und Demonstrationen.
Die Informationslücke hat unlängst auch Bernd Boschan, Amtsdirektor von Lieberose/Oberspreewald, angemerkt, dabei neben CEP aber noch andere Akteure in die Pflicht genommen: „Auch das Landesamt für Bergbau aus Cottbus hätte den Menschen mal erklären sollen, warum welche Genehmigung erteilt wurde.“ Und zwar vor Ort und nicht vom Schreibtisch aus.
CEP bemüht sich nun um Schadensbegrenzung – und arbeitet weiter. „Derzeit bringen wir von dem bestehenden Bohrplatz Guhlen zwei Erweiterungsbohrungen nieder. Die Bohrungen Guhlen 1b und Guhlen 2 sollen genauere Aufschlüsse über die Beschaffenheit der Lagerstätte sowie die wirtschaftliche Förderbarkeit der nachgewiesenen Erdöl- und Erdgasvorkommen liefern“, erklärt Sprecherin Katrin Schwede. Im Frühjahr soll die Bohranlage abgebaut und gemessen werden, wie stark der Öl- und Gaszufluss sowie der Druck in der Lagerstätte ist. Die Bewilligung, die die CEP vom Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe in Cottbus bekommen hat, umfasse zwar das grundsätzliche Recht, in dem rund 330 Quadratkilometer großen Gebiet zu fördern. Die notwendigen Maßnahmen dürften damit aber noch lange nicht umgesetzt werden. Die weiteren Bohrungen und Bohrplätze sowie die dazugehörigen Anlagen seien weder beantragt noch genehmigt. „Der Bewilligungsantrag beschreibt zunächst ein vorläufiges Konzept, also eine Ideenskizze für eine mögliche Entwicklung des Feldes Guhlen“, versichert Schwede.
Fragen bleiben trotzdem. Die Landtagsabgeordneten von Bündnis90/Die Grünen Benjamin Raschke und Heide Schinowsky haben per Anfrage die Landesregierung gelöchert und neuralgische Punkte angesprochen. Was tun, wenn es brennt? Hält CEP eine Werksfeuerwehr vor? Muss analog zu Niedersachsen ein Erdbebendienst eingerichtet werden? Das Bundesland hatte 2013 damit begonnen, nachdem kleine Erdbeben in der Nähe von Erdgasförderfeldern immer wieder beobachtet worden waren. Wie wird die Vereinbarkeit mit dem Tourismus eingeschätzt? Gibt es eine Nähe zwischen Landesamt für Bergbau und CEP sowie zwischen CEP und der Landesregierung?
In ihrer Antwort auf die Grünen-Anfrage hält sich die Landesregierung nicht nur dazu bedeckt. Ein Erdbebendienst wird derzeit nicht für notwendig gehalten. Die CEP halte keine Werksfeuerwehr vor, habe aber Brandschutzkonzepte erarbeitet. Die Kritik, dass bei einer Havarie Spezialfirmen angefordert werden müssen, die aus Celle oder Österreich anrücken, kommt gar nicht zur Sprache. Beeinträchtigungen des touristischen Angebots seien bisher nicht festzustellen gewesen.
Dass auf einem Bild zum „Rohstoffland Brandenburg“ auf der Internetseite des Wirtschaftsministeriums Jacobus Bouwman, einer der Firmengründer, in CEP-Arbeitskleidung zu sehen ist, sieht die Landesregierung nicht problematisch. Ein werbender Charakter der Darstellung sei aufgrund der geringen Größe der Logos auf Helm und Brusttasche „nicht nachvollziehbar“. Das kritisierte Verhalten des Landesamts für Bergbau, während der Info-Veranstaltung der CEP Auskunft gegeben zu haben, bei einer Zusammenkunft auf Einladung der Bürgerinitiative aber nur stiller Zuhörer gewesen zu sein, wird mit den Aufgaben des Landesamts begründet und damit, dass die Teilnehmer an letzterer das Gesprächsangebot nicht wahrgenommen hätten. Mit diesen Antworten sind die Fragesteller unzufrieden. Die Regierung bleibe untätig, die Rolle des Landesamts für Bergbau unklar, üben Schinowsky und Raschke Kritik. Die lokalen Bündnisgrünen sehen in der Erdgasförderung schlicht eine Fehlentwicklung. Isabell Hiekel, Grünenpolitikerin aus Byhleguhre, rügt: „Es steht zu befürchten, dass unsere Region Schaden nimmt – nicht nur durch die gesundheitsgefährdenden Risiken, die das Vorhaben mit sich bringt, sondern auch, weil eine hoffnungsvolle Entwicklung des ländlichen Raumes im Lieberoser Raum ausgebremst wird.“  Benjamin Raschke warnt sogar vor einem „jahrelangen Kampf“.
Die CEP wird für eine gute Nachbarschaft aus Sicht ihrer Kritiker noch einiges tun müssen. Dass CEP, Landesamt für Bergbau und Landesregierung es ernst meinen mit der Beteiligung der betroffenen Menschen und Kommunen in der Schwielochsee-Region, können sie mit den Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren zeigen. Diese stehen an, wenn klar ist, ob Erdöl und Erdgas gefördert werden. Unter anderem wird dann abgewogen werden müssen, ob Tourismus und Ölbohrungen gute Nachbarn sein können.